
Bielefeld. Für den Kommunikationsexperten Klaus Eck stellen sie den kulturellen Wandel dar. Für Ralf Schengber von der Fachhochschule Münster revolutionieren sie das Kaufverhalten. Thorsten Scholz von der Itelligence AG setzt ihre Erfindung mit der des Telefons gleich. "Soziale Medien sind eine Sauerei voller Rechtsverstöße", sagt hingegen Thomas Hoeren, Medienrechtler der Universität Münster.
Anfangs gelingt es den drei Referenten noch, die rund 300 Unternehmensvertreter beim 4. IHK-Forum Kommunikation mit dem Titel "Facebook, Twitter & Co. – die totale Öffentlichkeit?" in den Räumen der Bielefelder Itelligence AG für die sozialen Netzwerke zu begeistern. Man müsse einfach dabei sein, sagt Eck. Tratsch im Treppenhaus war gestern, heute sei Twittern angesagt. "Privates gehört allerdings nicht ins Netz", empfiehlt Eck. Man solle durchaus Präsenz zeigen, dabei aber nicht alles publik machen.

Itelligence-Marketingleiter Torsten Scholz zeigt sich begeistert von den heutigen Möglichkeiten. "Das TV hat in Deutschland 13 Jahre gebraucht, um 50 Millionen Anwender zu gewinnen. Facebook schaffte das in zwei Jahren", sagt Scholz. Soziale Medien seien eine Investition in die Zukunft.
Der Traum von den schier unbegrenzten Möglichkeiten sozialer Netzwerke für Unternehmen zerplatzt jedoch mit dem abschließenden Vortrag. Der Münsteraner Medienrechtler und ehemalige Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, Thomas Hoeren, hat nämlich alles andere als ein "Gefällt mir" für Facebook und Co. übrig. "Alleine auf der Facebook-Seite von Itelligence habe ich über 30 Rechtsverstöße entdeckt", sagt der 50-Jährige.
Nicht förderlich für guten Ruf
Es ginge ja schon damit los, dass "irgendwelche Hansels jeden beliebigen Namen eintragen können". So habe er etwa die IHK Bielefeld gefunden, obwohl diese gar nicht bei Facebook aktiv ist. "Seien Sie froh, Sie haben dort eh nur einen Freund", beruhigt Hoeren. Aber für den guten Ruf sei so etwas sicherlich nicht förderlich.Er selbst habe sich bei Facebook rund sechs Monate lang als Frau ausgegeben und habe in einem bulgarischen Dorf 350 virtuelle Freunde gefunden. "Ich habe dann deren Fotos geklaut und irgendeinen Dorfbewohner als meinen Vater ausgegeben", sagt Hoeren. Beschwert habe sich niemand.
"Facebook ist aber kein rechtsfreier Raum", stellt Hoeren klar. So könne einen etwa der Fotograf ganz schnell wegen Urheberrechtsverletzung auf 4.000 Euro verklagen, nur weil man das eigene Passbild online gestellt hat. Es gebe, so Hoeren, viele arbeitslose Anwälte, die gezielt nach solchen Rechtsverstößen suchen und damit ihr Geld verdienen. "Da müssen sie höllisch aufpassen." Wer eine Facebook-Seite hat, gilt rechtlich gesehen als Presseunternehmen. "Bei Verstößen, etwa gegen die Impressumspflicht, könnte es teuer werden. Da ist schnell das Einfamilienhaus in Brackwede weg", warnt der Jura-Professor.
Zwar wolle er niemanden von Facebook abhalten, aber man solle sich über die Konsequenzen im Klaren sein. "Es ist nicht kostenlos. Sie zahlen mit harter Währung – und zwar mit ihren Daten." Auf gar keinen Fall solle man dort mit echtem Nachnamen auftauchen. "Als Firma machen Sie dort bitte nur dann mit, wenn ein total hippes Image benötigen. Ansonsten suchen Sie sich lieber reale Freunde", rät Hoeren.