Wir treffen uns schon vor dem offiziellen Gesprächsbeginn zufällig vor der Eingangstür der Founders Foundation. Torsten R. Bendlin sieht auf den ersten Blick eigentlich nicht aus wie ein typischer Fan von Einhörnern oder Unicorns, wie sie auf Englisch heißen. Er ist schon groß, hat dunkle Haare und ist mit seinen 49 Jahren definitiv aus der Einhornphase raus. Offensichtlich hat er auch kein Faible für rosa-, pink- oder lilafarbene Kleidungsstücke. Dafür trägt er eine blaue Jacke, die eher den Eindruck eines Trekkies erweckt. Wie bei Captain Kirk prangt sowas wie ein weißes Sternenflottenabzeichen auf der Brust, das sich wie ein „V" liest. Da wirkt es schon fast schicksalhaft, dass seine Gründungsgeschichte mit einem „galaktischen Auftritt" ihren Anfang nahm.
Peinlich ist „scheißegal"
„Maßnahmen sind wie Sterne, die vom Himmel fallen", sagt Torsten und wirft eine Handvoll Glitzersterne über seinen Kopf in die Luft, die Pirouetten drehend zu Boden segeln. Als das Publikum der Veranstaltung „Dein Tag zum Gründen 2016" applaudiert, wackelt das Handyvideo im Takt des Klatschens, das er uns in der Couch-Ecke der Founders Foundation zeigt. „Es war mir scheißegal, wie peinlich das war. Ich wollte unbedingt gewinnen", sagt Torsten und lacht. Denn diese Sache mit den Maßnahmen, die wie Sterne vom Himmel fallen, hatte ihn schon länger beschäftigt.Fitness-Tracker für die Firma
Damals arbeitete er als Einkaufsleiter der Nolte Gruppe und befasste sich damit, Kosten mithilfe einzelner Maßnahmen zu senken, die beispielsweise Mitarbeiter, Chefs oder Beratern vorschlagen. Wenn jemand zum Beispiel die Idee hatte, einen Verpackungskarton aus einem dünneren und günstigeren Material zu bestellen, dann war das eine schöne Ersparnis. Wenn jemand anderes vorschlug, zu einem Kartonlieferanten mit einem günstigeren Preisniveau zu wechseln, klang das ebenfalls gut. Aber wenn der neue Lieferant den dünneren Karton gar nicht anbot, hatte man schon ein Problem. Es gab kein Programm oder eine Plattform, die die Effekte aller Maßnahmen bis ins Letzte transparent machte und die Wirkung von einer Maßnahme auf die anderen berücksichtige. Das wollte Torsten ändern. Er wollte ein Tool entwickeln, das wie ein Fitness-Tracker alle Maßnahmen in ihrer gesamten Wirkung für das Unternehmen abbildet. Jedoch trieb ihn die Frage um, wie er als Kaufmann eine Software-Firma gründen sollte.Schwer verliebt in eine Idee
„Aber ich hatte mich zwei Jahre mit der Idee beschäftigt und mich in sie verliebt", erinnert er sich. Irgendwann sei für ihn ein „Point of no return" gekommen. Und der führte ihn zu Sebastian Borek, Geschäftsführer der Founders Foundation. Er war zufällig Mitglied der Jury von „Dein Tag zum Gründen". Torsten gewann eine Mentoring-Session mit Sebastian – und hatte damit den ersten Punkt „Experience" des vierstufigen Ausbildungskonzeptes der Founders Foundation schon erfüllt.Ausbildung in vier Phasen
Das Konzept lässt sich anhand der vier Etagen des neuen Founders Home an der Obernstraße 50 von unten nach oben erzählen. Im Erdgeschoss ist der erste Bereich „Experience" angesiedelt. Sollte potenziellen Start-up-Unternehmern nicht zufällig jemand von der Founders Foundation über den Weg laufen, kann jeder Interessierte an Events wie Talks oder Hackdays teilnehmen. Sie finden in einem großen Veranstaltungsraum mit offenen Backsteinmauern, Theke und gemixten Sitzgelegenheiten statt, die Industriecharme mit Wohnzimmerflair versprühen.Erstens Experience, zweitens Education
Im ersten Obergeschoss befindet sich der Bereich „Education". Das ist der Platz für das Academy-Programm. Das absolvieren die Teilnehmer an drei Wochenenden und mit einigen Meetings in einem Zeitraum von acht Wochen nebenberuflich. „Das ist sozusagen das Gründerabitur", erklärt Jannis Johannmeier, Sprecher der Founders Foundation. Dabei geht es um Ideenfindung und Teambildung, Lösungsentwicklung und Unternehmensfinanzierung. Auch Torsten hat mitgemacht. „Ich erinnere mich zum Beispiel an die Aufgabe, in einer Woche 100 potenzielle Kunden anzurufen und Absichtserklärungen zur Zusammenarbeit von ihnen zu bekommen."Die Masterclass ergänzt die Academy und komplettiert den Bereich „Education". Dahinter steht eine vierwöchige Förderung von persönlichen Fähigkeiten in Bereichen wie Sales, Online Marketing, Product Design oder Coding. „Das ist vergleichbar mit dem speziellen Stürmer- oder Torwart-Training im Fußball", erläutert Jannis. Drei bis vier Mal im Jahr startet das Education-Programm. Wer einen der 35 Plätze ergattern möchte, füllt einen Antrag aus und dreht ein einminütiges Bewerbungsvideo. Worauf es dabei ankommt? „Willen zur Veränderung, Interesse an digitalen Themen und Leidenschaft", sagt Jannis. Eine eigene Idee braucht man nicht unbedingt. „Der Bedarf kommt häufig aus den Unternehmen." Sie sind zum Beispiel bei den Hackdays auf der Suche nach digitalen Lösungsansätzen. Dabei präsentieren die Firmen Herausforderungen aus der Praxis, für die die Teilnehmer der Founders Foundation in 54 Stunden Lösungsansätze entwickeln. Die Education-Phase schließt mit einem Event ab: Die Gründerteams, die sich zusammengefunden haben, präsentieren jeweils ihre Geschäftsidee bei dem geliebten wie gefürchteten Pitchday.
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