BIELEFELD Knochenjob Schulleiter wenig gefragt

Bielefeld. Den Schulen gehen die Schulleiter aus. Besonders stark betroffen sind schon länger die Grundschulen, inzwischen erreicht das Problem aber auch immer mehr andere Schultypen. Landesweit waren Anfang 2010 400 Rektor- und 300 Konrektor-Stellen unbesetzt. In OWL werden freie Stellen teilweise fünfmal ausgeschrieben – vergeblich. Immer weniger Lehrer wollen den Knochenjob machen.Zum 1. Februar 2011 waren in der Region OWL insgesamt 47 Schulleiterstellen in Schulen unbesetzt: neun an Hauptschulen, drei an Realschulen, vier an Förderschulen, jeweils zwei an Gymnasien und Berufskollegs sowie eine an einer Gesamtschule. Die Zahl spiegelt aber nicht das wahre Ausmaß des Problems: Viele Stellen werden bald durch Pensionierungen frei. Denn aktuell läuft eine Pensionierungswelle durch NRW. Der Berufsstand der Lehrer "vergreist". Fast 30 Prozent der Lehrenden an allgemein- und berufsbildenden Schulen sind nach Angaben der statistischen Ämter mittlerweile älter als 55; knapp die Hälfte der Lehrer ist älter als 50. Im europäischen Schnitt beträgt diese Quote lediglich rund 25 Prozent.Großer Aufgabenkatalog schreckt ab Der Mangel an Leitungspersonal wird zudem statistisch geschönt, da zunehmend Schulen im Verbund (35 Grundschulen) oder im "organisatorischen Zusammenschluss (6 Haupt- bzw. Realschulen) geführt werden. Dass immer weniger Lehrer bereit sind, Führungsfunktionen zu übernehmen, hat viele Gründe. "Schulleiter klagen, dass es bei der Aufgabenzuweisung weder Maß noch Begrenzung gibt", sagt der Vorsitzende des Philologenverbands, Peter Silbernagel. Als gäbe es nicht genügend Belastung, wird 2012 der Aufgabenkatalog um die "Dienstvorgesetztenfunktion" erweitert. Dass der Lehrerberuf stetig weiblicher wird, ist ein weiterer Grund. Weil junge Lehrerinnen Beruf und Familie miteinander vereinbaren wollen, arbeiten viele in Teilzeit. Eine aktuelle Zahl aus OWL macht dies deutlich: Auf 4.250 Stellen an den Grundschulen arbeiten derzeit 5.820 Lehrkräfte. Einen Leitungsjob in Teilzeit zu erledigen ist nahezu unmöglich.Selbst "Schmutzzulage" reicht nicht als Anreiz Konnten in vergangenen Jahrzehnten Grundschulleiterpositionen durch männliche "Überhänge" aus Hauptschulen besetzt werden, ist dies nicht mehr möglich. Geeignetes Personal gebe es reichlich und für alle Schulformen, sagt der Leiter des Schuldezernats der Bezirksregierung, Michael Uhlich. Auch sei in den letzten Jahren die Vorbereitung auf Leitungsfunktionen professionalisiert worden. Dass sich dennoch die Lust am Schulleiterjob häufig in Grenzen hält, dürfte auch an der Bezahlung liegen. Oberstudiendirektoren an Gymnasien und Berufskollegs werden zwar nach Besoldungsgruppe A 16 (mindestens 4.645 Euro) gut honoriert, aber nicht entscheidend besser als die eine Stufe darunter liegende Gruppe nach A 15 (mindestens 4.207 Euro). Brutto 450 Euro mehr – das heißt im Lehrerjargon "Schmutzzulage".Nach Angaben des Chefs der Lehrergewerkschaft VBE, Udo Beckmann, verdient der Rektor einer Grundschule im Monat 400 bis 500 Euro brutto mehr als eine gewöhnliche Lehrkraft – und damit etwa so viel wie ein Anfänger am Gymnasium.Viel Zusatzarbeit, wenig Hilfe Zudem müsse ein Grundschulrektor mit 200 Schülern neben seiner Leitungstätigkeit bis zu 20 Wochenstunden Unterricht erteilen. Zwar ist eine Entlastung von drei Stunden für Leitungsaufgaben vorgesehen. Doch das reicht bei weitem nicht für die Verwaltungsaufgaben. Als Hilfe habe der Rektor nur an ein bis zwei Vormittagen eine Sekretärin, beklagt Beckmann. Obwohl der Philologenverband vehement den Bezahlungsunterschied zwischen den Schulformen verteidigt, plädiert selbst Landeschef Silbernagel für eine Gehaltsaufbesserung an Grund- und Hauptschulen. Schulleitungen verdienten eine adäquate Honorierung. "Im Gesamtgefüge der Besoldungstabelle gibt es schon eine Unausgewogenheit", sagt Silbernagel. Das Gehalt für Schulleiter müsse auch an Grund-, Haupt- und Realschulen attraktiver werden.