PADERBORN Paderborner Afghane als Kontaktmann in Kabul

Paderborn/Kabul. Wenn er in Paderborn bei seiner Frau und den drei Kindern ist, schaut er afghanisches Fernsehen via Satellit. Hin und wieder telefoniert er mit seinem Bruder oder den Cousins in Kabul. So bleibt Schafiq Assad (37) auf dem Laufenden – für seinen nächsten Job, der ihn wieder in das Land am Hindukusch führen wird. Auftraggeber sind Journalisten oder Investoren vor Ort. Assad vermittelt wichtige Gespräche, übersetzt, öffnet Türen. Kein Job wie jeder andere und auf jeden Fall einer, den seine Frau im heimischen Paderborn gelegentlich beunruhigt – jedenfalls wenn ihr Mann gerade in Kabul oder Kundus oder Kandahar unterwegs ist und dort mal wieder ein, zwei Bomben hochgegangen sind. Dabei ist Schafiq Assad zum Glück seit 1986, als ihm in Kabul ein sowjetischer Offizier drei Kugeln in den Bauch jagte, in Afghanistan nichts wirklich Schlimmes mehr passiert. Eine schusssichere Weste jedenfalls würde er nie tragen, wenn er sich mit Reportern unter Dorfältesten aufhält. Das hat er auch dem neuen deutschen Botschafter am Hindukusch, Werner Hans Lauk, empfohlen, weil das bei den Afghanen als Zeichen des Misstrauens gewertet wird. Schafiq Assad: "Inzwischen trägt er auch keine mehr, wenn er mit mir unterwegs ist. Ein bewaffneter Leibwächter reicht.""Mehr Truppen sind keine Lösung" Assad begleitete zuletzt Reporter vom Stern, der Süddeutschen Zeitung oder auch des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira auf ihren Recherchereisen und war bei den von ihm vermittelten Gesprächen mit vielen hochrangigen Politikern wie dem Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah dabei. Dadurch hat auch er selbst inzwischen ein ziemlich differenziertes Bild vom Land.Mehr Truppen zu schicken sei nicht die Lösung, meint er deshalb. Junge Männer, die von den Taliban angeworben würden, brauchten vor allem Jobs, plädiert Assad für mehr ausländische Investitionen. Die Ausgabe von Hilfsgeldern für Projekte sollte dagegen nachhaltiger kontrolliert werden; Hilfsorganisationen müssten direkt mit Betroffenen, weniger mit korrupten Amtsträgern zusammenarbeiten. Und westliche Regierungen sollten besser auf im Volk angesehene Politiker setzen als auf den umstrittenen Präsidenten Karsai.2002 reiste Schafiq Assad zum ersten Mal wieder in seine Heimat. Nach dem Sturz des Taliban-Regimes gab es für den damals bei Siemens in Paderborn arbeitenden Afghanen kein Halten mehr: Er musste unbedingt nach Kabul, wo er geboren wurde, um beim Aufbau des geschundenen Landes mitzuhelfen. Aus Kabul war er 1989 mit einem falschen Pass über Pakistan nach Deutschland geflohen, zu seinem Bruder nach Paderborn. Der Fußballer hatte ein paar Jahre vorher schon Schlagzeilen gemacht, weil er mit dem kompletten Nationalteam in Deutschland um Asyl gebeten hatte. Anlass für die im letzten Jahr verstorbene Paderborner Professorin Waltraut Schöler, eine Hilfsorganisation für geflüchtete Afghanen zu gründen.Zusammenarbeit mit Birgit Prinz Aus dem ersten Besuch wurden viele, und aus dem Mitstreiter der "Afghanistan-Hilfe Paderborn", unter deren Regie ab 2002 in Afghanistan Schulen gebaut und Hilfsprojekte organisiert wurden, wurde ein inzwischen viel gefragter "Hindukusch-Scout" mit guten Kontakten. Die auch wieder in die Welt des Fußballs führten: "Learn and play" hieß ein erfolgreiches Projekt unter der Schirmherrschaft von Frauenfußballstar Birgit Prinz für hunderte Kabuler Kinder. Statt dass sie fürs Familieneinkommen auf den Straßen bettelten, drückten sie morgens die Schulbank und spielten nachmittags Fußball. Zum Ausgleich bekamen die Eltern der Kinder ein paar Dollar. Schafiq Assad setzt auf diese Generation: "Viele in meinem Alter sind vom Krieg der Stämme untereinander traumatisiert. Die Jungen sind unbelastet. Beim Fußball spielt es keine Rolle, ob du Paschtune oder Tadschike bist. So soll es sein."