Scharfe Kritik an Ärzten Selbst bezahlte Long-Covid-Therapien für mehrere tausend Euro ohne Nutzen

Berlin. Die Symptome sind vielfältig, doch es gibt bisher keine zufriedenstellende Therapie: Patienten mit Post- beziehungsweise Long-Covid sind schnell erschöpft und kurzatmig, ihre Konzentrations- und Merkfähigkeit ist eingeschränkt, sie leiden unter Muskelschmerzen oder Schlafstörungen. Kein Wunder, dass sie nach jedem Strohhalm greifen, um wieder ein normales Leben führen zu können. Einige Behandlungsmethoden wie zum Beispiel die Hyperbare Sauerstofftherapie oder die Blutwäsche werden von einigen Ärzten – und auch von Betroffenen - geradezu als Wundermittel angepriesen. Doch Vorsicht ist angebracht: Die mehrere Tausend Euro teuren Therapien, die selbst bezahlt werden müssen, haben im neuesten &bdquo;Igel-Monitor“ des Medizinischen Dienstes Bund die Bewertung &bdquo;unklar“ erhalten: Es gibt also bisher keinen Hinweis auf einen Nutzen. Der Medizinische Dienst Bund untersucht regelmäßig alle &bdquo;Individuellen Gesundheitsleistungen“ (Igel), die gesetzlich Versicherte auf eigene Kosten in Anspruch nehmen können. Erstmals waren in diesem Jahr auch Selbstzahlerleistungen für Post-/Long-Covid-Patienten dabei. Hyperbare Sauerstofftherapie kann 10.000 Euro oder mehr kosten Bei der Blutwäsche-Variante H.E.L.P.-Apherese – ursprünglich zur Behandlung von Fettwechselstörungen entwickelt- werden außerhalb des Körpers in einer speziellen Maschine bestimmte Stoffe aus dem Blut entfernt. Sie kostet nach MD-Angaben je nach Zahl der Sitzungen zwischen 5.000 und über 10.000 Euro. Bei der Hyperbaren Sauerstofftherapie atmen die Patientinnen und Patienten unter erhöhtem Umgebungsdruck reinen Sauerstoff ein. Auch diese Methode kann 10.000 Euro oder mehr kosten. Zur Blutwäsche konnten die MD-Experten jedoch keine einzige Studie finden, die einen Nutzen belegt. Bei der Sauerstofftherapie wurde nur eine einzige Untersuchung ermittelt, aus der sich aber keine Hinweise auf einen Nutzen im Vergleich zu einer Scheintherapie ableiten ließen. Daher die Bewertung &bdquo;unklar“. MD-Expertin Michaela Eikermann wies darauf hin, dass medizinische Fachgesellschaften bei der Behandlung von Long-/Post-Covid von beiden Methoden abrieten. Sie sollen danach aktuell nur in Studien eingesetzt werden. &bdquo;Diese Empfehlung können wir auf Basis unserer Bewertung klar unterstützen“, betonte die Medizinerin. Patienten sollten über fehlende Evidenz aufgeklärt werden MD-Chef Stefan Gronemeyer sagte, es sei verständlich, wenn Betroffene nach Hilfe suchten und Ärzte dann versuchten, auch mit wissenschaftlich noch nicht untersuchten Methoden eine wirksame Therapie anzubieten. Wichtig sei aber, dass die Patienten über die fehlende Evidenz transparent aufgeklärt werden müssten – und zwar vor der Behandlung. Er und Eikermann forderten zugleich eine bessere Forschungsförderung, um mehr klinische Studien auf dem Gebiet der Post-/Long-Covid-Therapie zu ermöglichen. Hier sei die Politik gefragt, mahnte Eikermann. Der &bdquo;Igel-Monitor“ umfasst inzwischen Bewertungen von 55 Selbstzahlerleistungen aus vielen medizinischen Bereichen. Keine der Leistungen hat eine positive Bewertung. Nur zwei Igel-Angebote (Akupunktur zur Migräneprophylaxe und Lichttherapie bei &bdquo;Winterdepression“) schneiden mit &bdquo;tendenziell positiv“ ab. Der Rest hat einen unklaren Nutzen oder verursacht sogar Schäden. Scharfe Kritik an der Ärzteschaft Gronemeyer übte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik an der Ärzteschaft. &bdquo;Uns besorgt, dass selbst Leistungen, die schaden können, wider besseres Wissens weiterhin verkauft werden“, beklagte er. Als Beispiel nannte er den Ultraschall der Eierstöcke. Diese Leistung werde &bdquo;mit Angstmache und Druck“ besonders oft an junge Frauen verkauft – obwohl das seltene Risiko für Eierstockkrebs allenfalls bei Frauen nach der Menopause auftrete. Selbst gynäkologische Fachgesellschaften rieten ausdrücklich davon ab, diese Untersuchung als Igel anzubieten, betonte der Mediziner. Schließlich gebe es dabei zu viele falsch-positive Befunde, was zu unnötigen weiteren Untersuchungen führe. &bdquo;Geht es hier noch um das Wohl der Patientinnen, oder wird vor allem Kasse gemacht“, fragte Gronemeyer und forderte die ärztlichen Verbände auf, &bdquo;diesem Treiben zum Nachteil der Frauen endlich ein Ende zu setzen“.

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