Doppelter Polizistenmord Illegales Geschäft: Wer den Wilderer hätte stoppen können

Bielefeld. Der Handel mit Wildfleisch ist seit dem tödlichen Angriff mutmaßlicher Wilderer auf zwei Polizisten in ein neues Licht gerückt. Ersten Erkenntnissen zufolge sollen die Verdächtigen auf die Beamten geschossen haben, als diese tote Wildtiere in ihrem Transporter fanden. Weitere Ermittlungen ergaben, dass der Verkauf von Wildbret, dem Fleisch von Wildtieren, für den Hauptverdächtigen ein lukratives Geschäft war. Doch wieso hinterfragte niemand die Herkunft des Fleisches? Jägerinnen und Jäger sind die einzigen Personen, die Lebensmittel tierischen Ursprungs ohne die sogenannte "Lebendschau" durch Behörden in Umlauf bringen dürfen. Während der Jagd-Ausbildung legen sie eine Prüfung zur "kundigen Person" ab. "Jäger sind also dahingehend ausgebildet, dass sie Tiere erkennen, die hinsichtlich der Lebensmittelhygiene verdächtig sind", teilt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) mit. Es bedürfe lediglich nur einer formlosen Registrierung beim Veterinäramt, dann könne der Jäger sein Wild in kleineren Mengen verkaufen. Jagdschein bereits entzogen Dem Hauptverdächtigen im Fall des Polizistenmordes in Rheinland-Pfalz, ein Mann aus dem Saarland, soll der Jagdschein jedoch bereits vor einiger Zeit entzogen worden sein. Trotzdem handelte er weiter mit Wildbret. Bis 2019 war der Mann im saarländischen Neunkirchen dem Gewerbeamt mit einem Wildverarbeitungsbetrieb gemeldet. Somit unterlag er eigentlich regelmäßigen Kontrollen des Veterinäramtes."In einem zugelassenen Wildbearbeitungsbetrieb werden alle Wildkörper durch einen ambulanten Fleischbeschau-Tierarzt beschaut, und die Trichinenuntersuchung bei Wildschweinen und Dachsen wird veranlasst", sagt Sabine Schorr, Pressesprecherin des Ministeriums im Saarland. "Es besteht die Verpflichtung des Lebensmittelunternehmers nachzuweisen, woher die Wildkörper kommen und wohin die Produkte vermarktet werden." Eine Dokumentation der Herkunft sei also zwingend erforderlich.Rückverfolgbarkeit muss gewährleistet sein Das bestätigt auch Stephan Graute, Betreiber eines Wildverarbeitungsbetriebes in Verl bei Gütersloh. "Jedes Wild-Tier, das bei uns verarbeitet wird, hat einen Wildursprungsschein. Darauf ist notiert, wer das Tier wo und wann erlegt hat." Wenn Graute das Wildbret weitervermarktet, müsse er eine Rückverfolgbarkeit gewährleisten. Mit fortlaufenden Nummern könne er jedes verkaufte Stück Fleisch zurückverfolgen. Regelmäßig werde das von den zuständigen Behörden kontrolliert.Dass Wildfleisch ohne Herkunftsnachweis in Umlauf komme, sei daher undenkbar, heißt es vom Lanuv. "Bevor Wild im Wildbearbeitungsbetrieb zerlegt wird, muss es einer amtlichen Untersuchung zugeführt werden. Spätestens dabei würde die fehlende Dokumentation auffallen und der Wildkörper, dessen Herkunft nicht legitimiert ist, darf nicht in den Verkehr gebracht werden."Problem: Grauzonen durch PrivilegienBis Ende Mai 2019 war der Wildverarbeitungsbetrieb des Hauptverdächtigen dem Gewerbeamt im Saarland gemeldet. Weitere Ermittlungen ergaben jedoch, dass der Mann alleine zwischen September 2021 und Januar 2022 rund 40.000 Euro Umsatz mit dem Verkauf von Wildbret gemacht haben soll. Seine Kunden sollen neben Privatkunden auch Gastronomen gewesen sein. Warum kamen die Behörden dem mutmaßlichen Wilderer also nicht vorher auf die Schliche? "Das Problem sind die Grauzonen, die durch die Privilegien für Jäger entstehen", sagt Graute. Vieles sei von den Behörden schlicht nicht nachzuprüfen, wie zum Beispiel, wer das Tier wann und wo geschossen hat. Das lasse viel Spielraum für kriminelle Energien - auch Wilderer. Er appelliert daher auch an die Verantwortung der Verbraucher."Wildbret ist im Trend und sehr gefragt", sagt Graute. Aber wer Wild nicht vom befreundeten Jäger bezieht, solle lieber noch einmal kontrollieren, ob das gekaufte Fleisch sich zurückverfolgen lasse und ob die Herkunft sicher nachzuweisen sei. Im Zweifelsfall sei das Veterinäramt der richtige Ansprechpartner.

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