INTERVIEW: Moderator Ilja Richter über 40 Jahre "disco" und sein Leben nach Ende der Sendung

Mainz. Die "disco"-Sendung mit Moderator Ilja Richter startete vor 40 Jahren im ZDF und war 12 Jahre lang Kult. Nahezu alle musikalischen Größen aus den Hitparaden waren zu Gast bei dem jungen Moderator mit Anzug und Krawatte. Tilman P. Gangloff sprach mit Ilja Richter über die Sendung und seine Pläne, 2011 mit einer "disco"-Show auf Tour zu gehen.Herr Richter, nervt es Sie, wenn man Sie nach dreißig Jahren immer noch auf "disco" anspricht?ILJA RICHTER: Nein, im Gegenteil. Ich gehe demnächst ja sogar mit einer "disco"-Show auf Tournee. "disco" war immerhin eine der erfolgreichsten deutschen Pop-Sendungen.Sie werden mit diversen "disco"-Stars ab 5. Mai auf Tour gehen. Gab es solche "Revival"-Versuche nicht auch schon früher?RICHTER: Natürlich, mehrfach sogar. Immer dann, wenn die Siebziger-Welle wieder mal besonders hoch schwappte.Markenzeichen der Sendung waren Ihre Sketch-Einlagen. Wird es die auf der Tour auch geben?RICHTER: Wir treten ja in großen Hallen auf, deshalb muss die Show anders konzipiert sein als eine TV-Sendung, die mit Einspielfilmen im Studio aufgezeichnet wird. Aber es wird sicher die eine oder andere Parodie geben. Sie haben Ihre Sketche damals ja selbst geschrieben. Hatten Sie dabei Narrenfreiheit?RICHTER: Davon konnte in den Siebzigern überhaupt keine Rede sein. Es wird ja gern davon geschwärmt, wie wild und frei es damals beim Fernsehen zuging, aber mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun. Gerade in der Comedy, die damals noch nicht so hieß, wurden ganz enge Grenzen gesetzt. Wenn ich wirklich frech werden wollte, scheiterte ich regelmäßig an der Zensur. Waren Ihnen die Sketche insgeheim wichtiger als die Musik?RICHTER: Es war mir wichtig, die Musiktitel so zu präsentieren, dass ich einen Kommentar dazu abgeben konnte. Ohne diese Kommentare wäre die Sendung nicht das gewesen, was sie war. Hatten Sie bei der Musikauswahl ein Mitspracherecht?RICHTER: Überhaupt nicht. Deshalb war es ja sehr angenehm, mit Hilfe der Parodien die Lieder, die überhaupt nicht meinem Geschmack entsprachen, ein wenig ins Lächerliche zu ziehen.Sie fanden die musikalische Mischung aus Michael Holm und Deep Purple also selbst gewagt?RICHTER: Sie war mein täglich Brot, und ich habe es gegessen. Mit dem Ende von "disco" haben Sie Abschied vom Fernsehen genommen. Warum?RICHTER: Ich war ja kein Showmaster, der Schauspieler geworden ist, sondern ein Schauspieler, der eine TV-Show moderiert hat. Als das Engagement vorbei war, bin ich einfach in mein Metier zurückgekehrt. Hätten Sie gern weiter fürs Fernsehen gearbeitet?RICHTER: Damals habe ich es tatsächlich als Unglück empfunden, dass es keine Angebote gab. Heute bin ich dankbar dafür, denn was immer ich gemacht hätte, es wäre nie so erfolgreich wie "disco" gewesen. Und ich wäre vermutlich nicht der Schauspieler geworden, der ich heute bin. So aber durfte und darf ich von Shakespeare bis Neil Simon alles spielen. In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar feiert das ZDF das Jubiläum in einer langen "Kultnacht": Ab 0.20 Uhr gibt es fünf Stunden lang Höhepunkte aus zwölf Jahren "disco".