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Die "Sterne des Jahres" wurden von Kulturchef Stefan Brams (l.) und NW-Geschäftsführer Klaus Schrotthofer (r.) geehrt. Zu den Preisträgern zählen neben Lara Ailo (2. v.l.) auch Helene Grass und Albrecht Simons von Bockum Dolffs (m.). - © Oliver Krato
Die "Sterne des Jahres" wurden von Kulturchef Stefan Brams (l.) und NW-Geschäftsführer Klaus Schrotthofer (r.) geehrt. Zu den Preisträgern zählen neben Lara Ailo (2. v.l.) auch Helene Grass und Albrecht Simons von Bockum Dolffs (m.). | © Oliver Krato

Feierlichkeiten Das sind unsere Sterne des Jahres

Zwölf Sterne des Jahres haben die Neue Westfälische, das Haller Kreisblatt und die Lippische Landes-Zeitung an OWL-Kulturmacher vergeben

Stefan Brams

Bielefeld. Zum 14. Mal haben die Neue Westfälische, das Haller Kreisblatt und die Lippische Landes-Zeitung am Montagabend Künstler und Kulturschaffende in der Bielefelder Hechelei vor 300 Gästen für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet. Der Nachwuchsstern, der zum zweiten Mal vergeben wurde, ging an die aus Syrien geflüchtete Schauspielerin Lara Ailo, die in Löhne lebt.

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Stefan Brams, Leiter der Kulturredaktion der Neuen Westfälischen, sagte in seiner Begrüßungsrede zu den Gästen: "Sie alle haben heute Abend einen Stern des Jahres verdient, denn Sie sind es, die unser Leben mit ihrem kulturellen Engagement lebenswert machen." Geschäftsführer der Neuen Westfälischen Klaus Schrotthofer sieht die Stärke der Kultur in der Gemeinschaft. „Kultur ist kein Luxus, Kultur begründet Gemeinschaft. Kultur lebt von Menschen, die nicht darauf warten, dass zufällig etwas Interessantes vorbeikommt. Kultur lebt von Kultur-Macherinnen und -Machern – und davon gibt es viele in Ostwestfalen-Lippe. Einige der kreativsten, mutigsten und innovativsten von ihnen sind heute Abend hier versammelt", sagte Schrotthofer auf der Bühne.

Dietlind Budde und Harald Otto Schmid

Dietlind Budde und Harald Otto Schmid
(© Sarah Jonek)
Seit einem Vierteljahrhundert ist das Alarmtheater eine feste Bestandsgröße in der kulturellen Landschaft Bielefelds. 78 Produktionen sind aus dieser Zeit hervorgegangen. Kraftvolle, bewegende, originelle Stücke mit theaterpädagogischem Hintergrund und großer künstlerischer Klasse. Zahlreiche Preise gab es dafür. Besonders die beispielgebende Art des Alarmtheaters, jugendlichen Geflüchteten einen sicheren Hafen zu geben und sie zugleich zu motivieren, in die darstellende Auseinandersetzung mit dem Erlebten zu gehen, sorgte in jüngster Zeit für Auszeichnungen und notwendige Fördergelder. Vor allem aber leisten die beiden seit 25 Jahren wunderbare Theaterarbeit.
Ein Engagement, eine kulturelle Arbeit für das wir den Alarmtheater-Gründern, aber auch der dahinter stehenden Crew sehr dankbar sind.

Sigmund Bothmann

Sigmund Bothmann
(© Patrick Menzel)
Erst seit zwölf Jahren existiert der Knabenchor Gütersloh. in dieser Zeit hat er sich als herausragender Botschafter der Region etabliert. So durfte der Chor den Festakt zum 70. Geburtstag des Landes NRW musikalisch mitgestalten. Auch das Festessen zu Ehren der Preisträger des Internationalen Preises des Westfälischen Friedens 2018 in Münster begleiteten die Sänger. Sogar auf Filmerfahrungen können die Jungs zurückblicken. In „Colonia Dignidad" sangen und spielten sie an der Seite von Emma Watson, Michael Nyqvist und Daniel Brühl. Wenn in Opernhäusern die Rollen der drei Knaben aus Mozarts „Zauberflöte" besetzt werden müssen, greift man in Bielefeld, Detmold und Osnabrück auf die Gütersloher zurück. In kurzer Zeit führte Sigmund Bothmann den Knabenchor mit viel Fleiß und Können von Erfolg zu Erfolg. Eine außerordentliche Initiative.

David Riedel

David Riedel
Mit dem Museum Peter August Böckstiegel in Werther-Arrode ist Ostwestfalen-Lippe um einen beeindruckenden Museumsbau und ein Museum reicher, das es nun erstmals möglich macht, das vielschichtige Werk des westfälischen Expressionisten ansprechend auszustellen, zu ergründen und zu bewahren. Geleitet wird es von David Riedel, der im August mit seiner großen Eröffnungsschau unter dem Titel „Ausdruck seines Ursprungs" gleich starke Akzente gesetzt und gezeigt hat, wie richtig es war, das kleine, rote Geburtshaus des Künstlers um einen solch modernen und gewagten Museumsbau zu ergänzen.  Neben David Riedel gebührt der Böckstiegel-Stiftung mit ihrer engagierten Vorsitzenden Ursula Bolte, dem Lemgoer Architekten André Habermann sowie den großzügigen Spendern ein großer Dank. Ihr perfektes Zusammenspiel hat dieses faszinierende Museum möglich werden lassen. Was für ein bereichernder Ort.

Lore Wörmann, Angelika Bielefeld und Ella Kraft

Lore Wörmann, Angelika Bielefeld und Ella Kraft
(© Ralf Bittner)
Mit dem 400. Geburtstag  der Äbtissin Elisabeth von der Pfalz am 26. Dezember endete für die Herforder Frauengeschichtsgruppe „Eigensinn" ein ausgefülltes Jahr 2018. Seit 19 Jahren beschäftigt sich der Kreis mit der Erforschung der Frauengeschichte in der Stadt. Seit 2002 beschäftigten sich von „Eigensinn" initiierte Frauengeschichtstage mit dem Frauenstift, seinen Äbtissinnen und der Rolle des Stifts in Stadt und Reich. 2018 wurde in der Stadt mit Ausstellungen, philosophischem Symposium und Konzerten an den 400. Geburtstag der Fürstäbtissin Elisabeth von der Pfalz erinnert, vieles von „Eigensinn" angestoßen, ausgerichtet oder inhaltlich begleitet. Mit den Jahren entstand so ein Bild von Elisabeth als weltoffener und toleranter Äbtissin. Ein Schlusspunkt ist das alles noch nicht, denn es gibt viele weitere Ansatzpunkte für die Forschung rund um die Geschichte von „Herfords starken Frauen". Weiter so!

Helene Grass und Albrecht Simons von Bockum Dolffs

Helene Grass und Albrecht Simons von Bockum Dolffs
(© ACH-Foto)
Helene Grass und Albrecht Simons von Bockum Dolffs haben das renommierte Literatur- und Musikfest „Wege durch das Land" übernommen, als es in einer tiefen Krise steckte. Anfangs sollten sie das Festival zunächst nur für ein Jahr künstlerisch weiterführen und es durch das Krisenjahr steuern. Das taten die beiden – mit viel Geschick, Ruhe, Weitblick, Teamgeist und einem wachen Auge für eine behutsame Neujustierung des Festivals. So gelang es ihnen, inmitten all der Turbulenzen das Schiff „Wege durch das Land" künstlerisch weiter auf Erfolgskurs zu halten, namhafte Literaten, Musiker und Künstler weiter für das Fest zu begeistern und die zahlreichen Sponsoren bei der Stange zu halten. Aus den kurzfristig engagierten Machern wurden zwei feste Größen mit langfristigen Verträgen, die bisher zwei Programme unter den Titeln „Mut und Widerstand" sowie „Heimat" gestaltet und das Festival behutsam aber deutlich weiterentwickelt haben. Chapeau!

Greyhound’s Washboard Band

Greyhound’s Washboard Band
(© Foto Privat)
Ostwestfalen-Lippe mit seiner enormen Dichte an hervorragenden Blues-Musikern ist so etwas wie das Blues-Delta Deutschlands. Da ist es nur folgerichtig, dass OWL seit Jahren auch bei der International Blues Challenge (IBC) in Memphis auffallend gut vertreten ist.
Die Bielefelder Jürgen „Greyhound George" Schildmann (Gitarre, Gesang) und Andy „The Alligator" Grünert (Mundharmonika, Gesang) flogen schon zweimal über den Atlantik, um sich im Geburtsland des Blues vor strengen Jury-Ohren der internationalen Musiker-Konkurrenz zu stellen. Nach 2016, als sie nicht über das Viertelfinale hinauskamen, unternahmen sie 2018 mit Schlagzeuger Wolfgang „Waschbrett Wolf" aus Bünde einen erneuten Versuch als „Greyhound’s Washboard Band". Diesmal kamen sie bis ins Finale, das im berühmten Orpheum Theatre ausgetragen wurde. Die ersten drei Plätze machten drei US-Bands unter sich aus. Aber auf internationalem Parkett zu den besten acht von insgesamt 110 Bands zu gehören, ist für das Trio ein Riesenerfolg.
Was für eine erfolgreiche Mission als OWL-Kulturbotschafter in den USA.

Katharina Kreuzhage

Katharina Kreuzhage
(© Theater Paderborn/ Meinschäfer)
Katharina Kreuzhage ist seit der Spielzeit 2013/14 Intendantin des Theaters Paderborn. Mit einer pointierten Inszenierung von Arthur Millers „Hexenjagd" eröffnete sie ihre erste Saison und legte den Grundstein für ihre erfolgreiche Intendanz. Keuzhage verstand es fortan, das Paderborner Publikum für ihr neues Ensemble, für sich und ihr Programm einzunehmen, in dem sie ihren Anspruch einlöste, Theater für 4- bis 104-Jährige zu machen. Doch vor allem verstand sie es, dem Haus eine klare Handschrift zu geben, indem sie das Theater Paderborn im Laufe der Jahre zu einer Spielstätte für zeitgenössische Dramatik formte. Moderne, gesellschaftskritische Stücke bestimmen den Spielplan. Theater, das den Nerv der Zeit trifft, das Nachdenken stimuliert und das Publikum begeistert.

Holger Grabbe und Wera Kiesewalter

Holger Grabbe und Wera Kiesewalter
(© Andreas Sundermeier)
Im Engeraner Ortsteil Dreyen wird Kultur gemacht. Und das seit 2012 sehr intensiv. Seitdem gibt es das Theater auf der Deele von Wera Kiesewalter und Holger Grabbe. Bis zu 50 Menschen, darunter viele Nachbarn, tummeln sich dort bei den Veranstaltungen; bei Kabarett oder Ein-Mann-Stücken zu Texten von Kafka und vielen anderen spannenden Autoren. Mehr als 30 Programme haben die beiden bereits auf ihre kleine Bühne gebracht. Zudem haben die zwei Kulturenthusiasten mit der „Bar zum Krokodil" ein eigenes kabarettistisches Format für vier Personen aufgelegt, in dem sie auch selbst als Künstler zu erleben sind.
Was für ein großartiges Engagement für die Kultur und das Zusammenleben der Bürger in Enger-Dreyen.

Lara Ailo

Lara Ailo
(© Ulf Hanke)
Schauspiel ist ihr Ding: Mitten im syrischen Bürgerkrieg hat Lara Ailo das Theater und die schönen Künste für sich entdeckt. Ein Studium der Biochemie im belagerten Aleppo brach sie ab, um in Beirut Theater zu studieren. Als Theatertrainerin arbeitete sie mit Flüchtlingskindern und sammelte Erfahrungen bei Film und Fernsehen. Im Sommer 2017 ist die junge Schauspielerin zu ihrer Familie nach Löhne geflohen. Durch die Vermittlung einer libanesischen Freundin kam sie zum Vorsprechen nach München – und ergatterte eine Hauptrolle am Münchner Residenztheater. Im deutsch-arabischen Theaterstück „Ur" spielt sie eine mesopotamische Göttertochter. Lara Ailos Schauspiel und ihr fester Glaube an die Wirkungsmacht der schönen Künste sind uns den Nachwuchsstern des Jahres wert.

Max Meis

Max Meis
(© Max Meis)
Als die Hardrockband „The Ignition" aus dem 300-Seelen-Ort Tönnishäuschen im Münsterland anfragte, ob Max Meis sie auf ihrer China-Tour begleiten wollte, fackelte der 31-jährige Regisseur aus Bielefeld nicht lange. Die Geschichte einer hierzulande nicht sonderlich erfolgreichen, aber umso wagemutigeren Band, die in China vor bis zu 15.000 Menschen auftritt, erzählen zu dürfen, war einfach zu verlockend.
Meis filmte rund um die Auftritte der Freizeitmusiker, aber auch auf der Straße, im Zug oder beim Ausflug zur Chinesischen Mauer. Meis bekam interessante Gesprächspartner vor die Kamera, die Einblicke in die noch sehr kleine Musikszene Chinas, aber auch in die Kultur des Reichs der Mitte geben. Entstanden ist einkurzweiliger, unterhaltsamer und informativer Dokumentarfilm mit dem Titel „Rock China Roll". Ein Film, der ebenso zu beeindrucken weiß wie sein Vorgänger-Projekt „Die Würde des Balles". Stark.

ThomasThiel

ThomasThiel
(© Philipp Ottendoerfer)
Im September 2008 hatte Thomas Thiel die Leitung des Bielefelder Kunstvereins übernommen. In den mehr als zehn Jahren seines Wirkens hat er den Verein zu einem starken künstlerischen Renommee weit über die Region hinaus verholfen. Mit großem Gespür für aufkommende Künstler-Größen hat er diese früh nach Bielefeld geholt. Viele von ihnen reüssierten anschließend auf großen internationalen Schauen. Mehrfach wurde Thiel denn auch für seine ambitionierten Ausstellungsprogramme ausgezeichnet – unter anderem mit dem Jump-Jahresförderpreis für Kunstvereine der Kunststiftung NRW und dem Art-Cologne-Preis der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine. In der Begründung der Jury heißt es: „Der Bielefelder Kunstverein besticht mit seinem Gespür für neue künstlerische Positionen und seinem Mut, diese in überraschenden Formaten darzustellen." Nun zieht es Thomas Thiel nach Siegen. Bielefeld verdankt ihm viel.

Volker Pappert, Beate Niermann und Frank Eisermann

Volker Pappert, Beate Niermann und Frank Eisermann
(© Volker Pappert)
„Kulturig" – dieser Verein steht in Rietberg seit 2005 für privates Kulturengagement. Begründet wurde dieses vom Sozialarbeiter Volker Pappert, der 1994 quasi im Alleingang eine nebenberufliche Veranstalterkarriere startete, als er in seiner Heimatstadt Konzerte, Lesungen, Theater organisierte und im Rietberger Heimatverein eine Institution fand, die ihm ein Haus bot und viel Freiheit, aber wenig organisatorische Unterstützung.  Doch die kam schnell von Besuchern, die es toll fanden, was Pappert auf die Beine stellte. Von der familiären Atmosphäre waren auch die Künstler begeistert, die Rietberg in ihren Kreisen weiterempfahlen. Und so kamen auch große Stars in die kleine Stadt, von Australiens Gitarrenguru Tommy Emmanuel, dem Rietberg mehrere Jahre ein Festival widmete, bis zu Till Brönner und Ben Becker. Die Veranstaltungs-Zahl wuchs rasch, so dass Volker Pappert 2002 im Auftrag der Stadt die Kultur organisierte. Doch ohne die Arbeit der Freiwilligen ist das alles nicht zu stemmen. Für die jährlich rund 40 Veranstaltungen sind 20 Ehrenamtler im Einsatz, solche wie die seit vielen Jahren tätigen Beate Niermann und Frank Eisermann. Ein großartiges Engagement.
Links zum Thema
Die YouTube-Playlist zum Sternefest

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