Im Dom Paderborns Oberhirte nimmt Abschied: „Ein Erzbischof ist auch nur ein Mensch"

Paderborn. Eigenwillig sei er gewesen, der Paderborner Erzbischof, sagt eine Frau auf dem Domplatz über ihn. Wie so viele Gläubige und Neugierige ist sie am Sonntagnachmittag zum Dom gekommen, um Hans-Josef Becker zu verabschieden. Der gibt sich im großen Pontifikalamt zu seinen Ehren tatsächlich auf seine gewohnt volksnahe Art eigenwillig. Zunächst bleibt er beim Einzug der Zelebranten im Mittelgang stehen, um einen Bekannten nicht nur zu begrüßen, sondern sogar kurz mit ihm zu plaudern. Da gibt es zum ersten Mal amüsiertes Tuscheln und Kichern unter den vielen Hundert Gästen in der Paderborner Kathedrale. Kurz danach schickt der 74-jährige Becker, dessen Rücktrittsgesuch Anfang Oktober vom Vatikan angenommen wurde, den Apostolischen Nuntius mit einigen munteren Worten nach vorne, wo der Vatikan-Botschafter sein Grußwort hält. Man merkt: Der emeritierte Erzbischof, dessen letzte Monate im Amt von gesundheitlichen Rückschlägen geprägt waren, ist gut drauf. Bei seinen ersten Worten an die Gemeinde jedoch bricht dem Oberhirten, der 19 Jahre lang die Geschicke eines der größten und reichsten Erzbistümer Deutschlands geführt hat, gleich zwei Mal die Stimme. &bdquo;Das hätte ich so nicht erwartet“, sagt er über den großen Zulauf an Menschen. Allein 400 Ehrengäste sind im Dom versammelt, mehr als 20 Fahnenabordnungen sind angetreten, jeder Sitzplatz ist gefüllt, dazu kommen stehende Gläubige. Und auch in der benachbarten Gaukirche gibt es großen Zulauf, hier wird der Gottesdienst – wie auch im Internet – übertragen. In seiner rund 15-minütigen Predigt kritisiert Becker, dass immer mehr Menschen den einen Gott aus den Augen verlieren würden und viele sich ihr eigenes &bdquo;religiöses Menü“ zusammenmischen würden. Doch dann, als es auch in seiner Predigt wieder persönlicher wird, kehrt auch der Humor des Sauerländers zurück. Seine Mitarbeiter, so Becker, hätten ihn nicht ge-, sondern häufig auch ertragen. Ohne auf einen möglichen Nachfolger einzugehen, auf den das Erzbistum vermutlich bis Mitte 2023 warten muss, gibt sich Becker überzeugt, dass das Erzbistum Paderborn eine &bdquo;gesegnete Zukunft“ vor sich hat. Sichtlich gerührt zeigt sich Becker, der auch als &bdquo;Schulbischof“ bekannt ist, wenig später bei der Gabenbereitung, als vier Mädchen und Jungen das Glaubensbekenntnis singen. &bdquo;Ein Erzbischof ist auch nur ein Mensch“ Beckers humoristische Eigenwilligkeit kommt dann wieder zum Ende der mehr als zwei Stunden dauernden Messfeier zum Vorschein. Denn in seinem Dankeswort, das er auf fünf Seiten festgehalten hat, wird der Oberhirte auch selbstkritisch: Gott habe ihn in seiner Amtszeit immer getragen. &bdquo;Und er hat es sicher nicht immer so einfach mit mir gehabt“, fügt Becker hinzu. Seine Fehler, so bittet er, möge man ihm nachsehen: &bdquo;Ein Erzbischof ist auch nur ein Mensch.“ Am Ende seiner vielen Dankesworte und eines Abschiedsgrußes erhält der emeritierte Erzbischof stehende und minutenlange Ovationen. Und nicht nur das: Draußen stehen die Paderborner Schützen für Becker und seine Konzelebranten ein letztes Mal Spalier. Dabei sind sie nicht allein, eine große Menschenmenge lässt sich das Schauspiel am späten Nachmittag nicht entgehen. Unter ihnen ist auch Stefanie Wenzel (56), die den Erzbischof zwar eigenwillig findet, aber auch schätzt. Sie wolle ihn würdigen, deshalb sei sie gekommen, erklärt sie. Lesen Sie auch: Die Amtszeit des Paderborner Erzbischofs Becker in Bildern Gewürdigt wird Becker auch am Abend bei einem Empfang mit großem Zapfenstreich und vielen Rednern. Unter ihnen sind neben dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, auch Vertreter aus Le Mans und der evangelischen Kirche. Das Schlusswort des Tages spricht Becker, der demnächst vom Erzbischöflichen Palais in ein Wohnhaus für Priester im Ruhestand in Paderborn umziehen wird, jedoch schon im Dom: Der Dienst als Erzbischof von Paderborn sei ihm eine Freude gewesen. &bdquo;Auf Wiedersehen und Danke für alles.“

Mehr zum Thema