Medizin Lieferengpässe: Wichtige Medikamente werden in Paderborner Apotheken knapp

Paderborn. Zum Start der kalten Jahreszeit rollt die Infektwelle los. Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen zählen oft zum festen Bestandteil der Hausapotheke. Gerade die Mittel für Kinder sind in den Paderborner Apotheken bereits Mangelware. Auf Tabletten wie Blutdrucksenker oder Immunsupressiva sind einige Menschen aber nicht nur bei Schmerzen angewiesen, sondern müssen jeden Tag eine Pille schlucken. Schon jetzt fehlen etliche Arzneimittel. Wie lange ist die Versorgungssicherheit von Medikamenten noch gewährleistet? Wenn Eltern in die Le-Mans-Apotheke kommen und nach Fiebersaft fragen, muss Inhaber Andreas Winkler sie wieder wegschicken. Normalerweise hat er 20 bis 30 Flächschen in zwei unterschiedlichen Stärken je nach Altersgruppe in den Schränken stehen. Seit einiger Zeit sind die Bestände aber aufgebraucht. Und eine Besserung ist so schnell nicht in Sicht: "Der Ibuprofensaft war schnell ausverkauft. Es wird noch Wochen dauern, bis die Medikamente wieder lieferbar sind", so Winklers Prognose. Mehrmals am Tag würden er und seine fünf Mitarbeiterinnen versuchen, die Arzneimittel bei den Großhändlern zu bestellen - ohne Chance. Auch das Präparat Oralpädon, das gegen Darmbeschwerden und Durchfall eingesetzt wird, sei aufgebraucht. Hundert Medikamente fehlen aktuell Noch kritischer bewertet Philipp Hoffmann, Sprecher der Apotheken im Kreis, die derzeitige Situation. "Auf unserer Liste stehen knapp 100 Medikamente, die nicht lieferbar sind. Eltern mit fiebernden Kindern müssen wir wegschicken. Das ist hochproblematisch", heißt es vom Apotheker. Betroffen sind unter anderem auch Patienten, die an Herzkrankheiten leiden. Zwar bietet Hoffmann ihnen Alternativen an, die Umstellung müsse aber mit dem zuständigen Arzt abgesprochen werden und bedeute einen großen Aufwand. "Wir können nicht einfach ein Arzneimittel verschreiben, ohne die Auswirkungen zu kennen", sagt Hoffmann. Eine Garantie, das gleiche Medikament bei der nächsten Bestellung wieder zu erhalten, ist laut dem Apotheker nicht gegeben. Besonders ältere Menschen vertrauen aus Gewohnheit stets auf den gleichen Hersteller. "Ein paar Tage laufen die Patienten mit erhöhtem Blutdruck herum, das auf Dauer problematisch werden kann", so Hoffmann. Lieferketten sind unterbrochen Einen möglichen Grund für die Lieferengpässe sehen die Experten unter anderem in dem Produktionsstandort. Es werde immer weniger in Deutschland produziert. Der Großteil der Ware würde aus Indien oder China kommen. "Hersteller produzieren zudem auf Sparflamme und richten sich nach der Nachfrage", meint Hoffmann. Eine verunreinigte Substanz würde dann ausreichen, um ganze Produktionen zu stoppen. Fehlende Rohstoffe könnten ebenfalls ein Indiz sein, denn häufig sei der Wirkstoff da, aber Ressourcen zur Herstellung der Kapseln können nicht produziert werden, wie Hoffmann anmerkt. Einen eindeutigen Grund kenne er aber nicht, denn auf genaue Informationen warten er und seine Kollegen bislang vergebens. Dem stimmt Johannes Stauff zu, der die Bonifatius Apotheke betreibt. Viele Hersteller hätten in der Corona-Zeit aufgegeben, da sich die billigen Produktionskosten von Paracetamol nicht rentieren. Neben dem Schmerzmittel kann er seinen Kunden zudem nicht mehr mit dem Medikament Wick Medinait versorgen, das gegen Erkältungen eingesetzt wird. Nur einer der fünf Hersteller könnte den Sirup derzeit liefern. Auch Antibiotika für Erwachsene sind laut Stauff Mangelware. "Die Versorgungssicherheit ist aktuell noch gegeben. Allerdings ist die Zukunft ungewiss." Rechtzeitig um Nachschub kümmern Würde auch in der Hinsicht eine Unterversorgung drohen, seien Apotheker theoretisch in der Lage, selbst Säfte und Präparate herzustellen. Dies sei allerdings mit vielen Hürden verbunden. "Die Produktion dauert lange, da entsprechende Anträge gestellt werden müssen. Die Zulassungsbedingungen sind sehr hoch, was auch gut ist", merkt Winkler an. Damit Patienten auch zukünftig das notwendige Medikament bei ihrer Paderborner Apotheke erhalten, sollen sie sich laut Hoffmann rechtzeitig um Nachschub kümmern. "Die Leute müssen nicht hamstern, aber auch nicht erst bei der letzten Tablette in die Apotheke kommen. Mit ein paar Tagen Vorlaufzeit haben wir bisher keine Probleme, das Medikament zu bestellen."

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