Paderborn Sexualisierte Gewalt: Ausstellung zeigt Kleidung betroffener Frauen

Paderborn. Eine Frau wird nicht vergewaltigt, weil sie einen Minirock trägt: Das soll eine Schaufenster-Ausstellung in Paderborn verdeutlichen. Zwölf Outfits erzählen zwölf reale Geschichten nach. Bluejeans, schwarzes Top, Snoopy-Shirt, Pyjama - "Was ich anhatte ..." zeigt die Kleidung von Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Der Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Paderborn holt &bdquo;Was ich anhatte“ von Beatrix Wilmes in die Schaufenster des Modehauses Sittig. Ein roter, langer Pyjama. Nadelstreifenoptik. So war Rebecca angezogen, als sie vergewaltigt wurde. In der Austellung teilt sie ihre Geschichte. Erzählt davon, wie sie erst Monate später realisierte, was geschehen war. Berichtet von Angst, Wut und Scham. Sie schreibt: "Er nahm sich, was er wollte. Er nahm einen Teil von mir mit, als er ging." Rebecca ist eine von zwölf Frauen, deren Geschichten in der Schaufenster-Ausstellung gezeigt werden. Sie bleiben anonym, die Kleidungsstücke sind zum größten Teil Originale, andere originalgetreu nachgekauft. Es liegt nicht an der Kleidung Die Ausstellung widerlegt das Vorurteil, sexuelle Übergriffe würden durch freizügige Kleidung provoziert. Denn im Schaufenster hängen alltägliche Kleidungsstücke. Durch die Frage, was Überlebende sexueller Gewalt zum Tatzeitpunkt trugen, wird eine Täter-Opfer-Umkehr vollzogen, die eine Mitschuld suggeriert, welche nicht existiert. Hermann Sittig stellt bis zum 27. Februar seine Schaufenster im Düstern zur Verfügung. Für ihn sei sexualisierte Gewalt gegen Frauen ein wichtiges gesellschaftliches Thema, das über vielfältige Kanäle diskutiert werden müsse. Neben Presse und Social Media könnten eben auch Schaufenster dazu beitragen, sagt Sittig. Aufmerksamkeit schaffen, Lösungswege zeigen Zugunsten des Themas verzichte er gern auf die Werbefläche. Die Ausstellung habe einen "hohen gesellschaftlichen Wert", so Sittig. "Meine Aufgabe: Schaufensterfläche zur Verfügung zu stellen." Er hoffe, dass Menschen stehen bleiben, darüber diskutieren und sich intensiver mit der Problematik beschäftigten. "Wenn etwas auf den Tisch kommt und gesellschaftlich diskutiert wird, dann folgen Aufklärung und Maßnahmen", sagt Sittig.Sein Unternehmen arbeite mit Sozialträgern zusammen. Immer wieder ginge es um junge Frauen, die psychische Gewalt und Unterdrückung erleben. Zuwendung und Gespräche seien dann besonders wichtig. "Es ist gut, wenn Menschen wissen: Ich muss mich nicht quälen lassen und habe die Möglichkeit, mich an jemanden zu wenden." Die Jüngste ist sechs, die Älteste über 80 Jahre alt Die jüngste Überlebende war zum Zeitpunkt sechs Jahre alt, die älteste über 80 Jahre, sagt Beatrix Wilmes, die die Idee zur Ausstellung hatte. Auch im Altenheim geschehen Übergriffe. Sexuelle Gewalt ist Alltag für Frauen und Mädchen aller Altersstufen. Seit November 2020 reist die Wanderausstellung durch Deutschland. Die Resonanz sei groß, sagt Wilmes. Nach den Ausstellungen hätten sich oft weitere Überlebende gemeldet, die ihre Geschichten teilen und Kleider zeigen wollen. Auch dadurch sei ein Wechsel der Exponate möglich. Vor allem aber habe sie gespiegelt bekommen, dass die Ausstellung Mut mache, weil sie zeige, dass sie nicht allein sind. Das ist es, was die Ausstellung sein soll: Ein Auslöser, um über die Erlebnisse zu sprechen. "Das ist der erste Schritt raus aus dem Trauma", sagt Wilmes. Begleitende Infos in der Stadbibliothek Die Ausstellung integriert nicht nur die Geschichten der zwölf Frauen, sondern listet auch Telefonnummern, über welche Betroffene Hilfe finden können. Sie ist bis zum 27. Februar in den Schaufenstern der Sittig-Filiale im Düstern zu sehen. Begleitend zu der Ausstellung bietet die Stadtbibliothek Paderborn einen Büchertisch mit Literatur, Beratungs- und Informationsmaterialien zum Themenkomplex &bdquo;Gewalt gegen Frauen“. Der Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten möchte mit der Präsentation der Ausstellung ein gemeinsames Zeichen gegen Gewalt an Frauen, insbesondere &bdquo;Victim Blaming“ (Täter-Opfer-Umkehr), setzen und dazu beitragen, das Thema &bdquo;sexualisierte Gewalt“ zu enttabuisieren. Für den Ausstellungsbeginn hat der Arbeitskreis bewusst das Datum des weltweiten Aktionstages gegen Gewalt an Frauen und Mädchen &bdquo;One Billion Rising“ gewählt. Der Arbeitskreis ist ein Zusammenschluss der Gleichstellungsbeauftragten der Städte, Gemeinden und der Kreisverwaltung, in dem die Beteiligten sich regelmäßig über aktuelle Gleichstellungsthemen austauschen und an gemeinsamen Themen arbeiten.

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