Impfpflicht: "Wir können eigentlich auf niemanden verzichten"

Paderborn. Das Datum ist gesetzt: 16. März. Ab dann darf nur noch geimpftes oder genesenes Personal im Gesundheitssektor arbeiten. Unmittelbar betrifft die Impfpflicht der Agentur für Arbeit zufolge etwa 10.000 Beschäftigte im Kreis Paderborn. Die meisten von ihnen haben zwar einen entsprechenden Nachweis. Einem kleinen Teil droht jedoch ein Tätigkeitsverbot - und das in einer Branche, die fortlaufend auf der Suche nach Fachpersonal ist. Während Paderborner Einrichtungen daher um jede Impfung werben, stellen sich Fragen, wie die Impfpflicht überhaupt umgesetzt wird. Wer ist noch nicht geimpft? nw.de hat bei mehreren großen Arbeitgebern nachgefragt. In den St.-Vincenz-Kliniken Paderborn und Salzkotten seien "deutlich unter 10 Prozent der Mitarbeiter ungeimpft", sagt Martin Baur, der Ärztliche Direktor. Im Brüderkrankenhaus sind es 50 von 1.400 Beschäftigte. "Diese arbeiten in unterschiedlichen Bereichen: Verwaltung, Pflege, Medizin, Reinigungsdienst", so Sprecherin Simone Yousef. Der Caritasverband Paderborn gibt für seinen Bereich Pflege und Gesundheit etwa 30 ungeimpfte Mitarbeiter an - von insgesamt 995. Warum haben sich diese Menschen (noch) nicht impfen lassen? Hier erhalten die Unternehmen unterschiedliche Rückmeldungen. Einzelne Mitarbeiter haben medizinische Kontraindikationen gegen eine Impfung, sie müssen bis März ein Attest vorlegen. "Gesundheitliche Bedenken oder Ängste spielen eine Rolle", nennt Yousef einen weiteren Grund.Ein "Misstrauen gegenüber den Impfstoffen" hat Jana Mirk, Pflegedienstleiterin bei der Awo in Paderborn, festgestellt. "Diese Mitarbeiter trauen sich nicht und warten auf den neuen Totimpfstoff." Das Mittel von Novavax, das auf einer anderen Technologie als die bisherigen Präparate basiert, soll ab Ende des Monats vorrangig Beschäftigten im Gesundheitswesen zur Verfügung stehen. Der Totimpfstoff sei auch bei ungeimpften Mitarbeitern des Caritasverbands Thema, berichtet Hans-Werner Hüwel, Bereichsleiter Pflege und Gesundheit. "Wir haben aber auch ein paar Leute dabei, die definitiv sagen: nein. Das ist ein Spiegel der Gesellschaft." Im Brüderkrankenhaus wurden alle ungeimpften Mitarbeiter angeschrieben. "Wir halten persönliche ärztliche Beratungsangebote vor", sagt Sprecherin Yousef. Ähnlich handhaben es die St.-Vincenz-Kliniken mit hausinternen Impfangeboten, erklärt Martin Baur: "Als Krankenhaus haben wir den Vorteil gegenüber anderen Unternehmen, dass unsere Ärzte den anderen Mitarbeitern beratend zur Verfügung stehen, und dies auf einer kollegialen Ebene." Droht nun Personalnot im Paderborner Gesundheitsbereich? Einen großen Puffer haben die Unternehmen nicht. "Die Personaldecke ist schon jetzt sehr knapp", meint Simone Yousef für das Brüderkrankenhaus. "Wir brauchen jede helfende Hand und können eigentlich auf niemanden verzichten."Dazu, ob sich die Situation durch die Impfpflicht verschärfen wird, sagt sie nichts. Auch der Arbeitsmarkt in der häuslichen und stationären Pflege sei schwierig, so Hüwel vom Caritasverband. "Wir suchen permanent nach Mitarbeitern." Sollte für die 30 ungeimpften Mitarbeiter in seinem Bereich demnächst ein Tätigkeitsverbot gelten, sei dies für die Planung aber zu verkraften. "Das sind zahlenmäßig nicht viel und bewegt sich im Rahmen der üblichen Fluktuation. Die Versorgung ist sicher", sagt Hüwel. "Dass wir Kollegen verlieren, steht auf einem anderen Blatt." Zum Teil handele es sich um "richtig gute Mitarbeiter", die sich bei der Caritas wohlfühlten. "Dass sie das auf die Kippe stellen, tut mir Leid. Ich stehe dem fassungslos gegenüber." Awo-Pflegeleiterin Jana Mirk bereiten nicht die Impfpflicht, sondern steigende Infektionszahlen Sorge. "Ich mache mir Gedanken darüber, wer demnächst wegen Quarantäne wegfällt und wie man das ausgleicht", sagt sie. Was passiert Mitte März mit ungeimpften Personal? Diese Beschäftigten muss der Arbeitgeber dem Gesundheitsamt melden. Das Bundesgesundheitsministerium wies darauf hin, dass die Gesundheitsämter in jedem Einzelfall über das weitere Vorgehen entscheiden müssten.Solange dies nicht geschehen ist, dürften die betroffenen Mitarbeitenden grundsätzlich weiterbeschäftigt werden. Das Paderborner Gesundheitsamt kann auf Anfrage noch keine Details nennen, wie es mit der Impfpflicht umgehe. Noch befinde sich deren Ausgestaltung in der Abstimmungsphase, heißt es. Unklarheiten sieht Jana Mirk von der Awo: "Arbeitsrechtlich ist das noch schwammig." Von mehreren Unternehmen ist zu hören, dass Mitarbeiter ohne Nachweis zunächst freigestellt würden. "Wir kündigen nicht", sagt etwa Hans-Werner Hüwel für den Caritasverband. "Die Botschaft soll klar sein: 'Wir wollen Euch behalten!'"Sollte doch jemand wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab dem Stichtag gekündigt werden, sei kein Entfall des Arbeitslosengeldes zu befürchten, teilt die Agentur für Arbeit mit.

Paderborn Impfpflicht: "Wir können eigentlich auf niemanden verzichten"

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