Kreis Paderborn Lange Schlange bei Impfaktion - Nachfrage nach Booster-Spritze steigt stark

Kreis Paderborn. Sich unkompliziert die Booster-Impfung holen - das hatte Ulrich Vogt vor, als er am Montag nach Büren fuhr. Denn in der Stadthalle fand eine Impfaktion ohne Anmeldung statt. Umgesetzt hat der 80-Jährige seinen Plan aber nicht. "Ich bin wegen der langen Schlange sofort wieder umgekehrt", sagt er. "Mehrere Stunden in der Kälte vor der Stadthalle stehen, das kann man Älteren nicht zumuten." Anschließend habe er es beim Hausarzt versucht, frühester Termin: Mitte Januar. Vogt ist nun, ein halbes Jahr nach seiner Zweitimpfung, besorgt. "Man hört immer, dass eine dritte Impfung notwendig ist", so der 80-Jährige. "Wir haben ein schwächeres Immunsystem, wir brauchen das." Ob diese Sorge berechtigt ist, wem eine Drittimpfung empfohlen wird und wo es sie gibt: ein Überblick. Gestiegenes Interesse an Impfaktionen Mandy Bittner-Schweter bestätigt Vogts Eindruck, dass die Bürener Impfaktion großen Zulauf fand. 584 Menschen erhielten dort einen Pieks, sagt sie. "Das sprengte die Erwartungen, wir haben mit 300 bis 400 Personen gerechnet." Bittner-Schweter leitet die sogenannte koordinierende Covid-Impfeinheit, die sich nach Schließung des Impfzentrums um die weitere Impfkampagne kümmert. Das Bürener Beispiel ist keine Ausnahme. Beim Kreis Paderborn beobachtet man seit Ende Oktober ein gestiegenes Interesse für Aktionen ohne Termin, sagt Sprecherin Michaela Pitz. Vier weitere von ihnen sind bis Ende November geplant (siehe Infokasten). Wer während der angekündigten Zeiten kommt, der erhalte eine Impf-Garantie, sagt Bittner-Schweter. Auch wenn dies mit längerer Wartezeit verbunden sein kann. "Zwei Stunden stand ich in der Schlange", berichtet zum Beispiel Karl Finke von seiner Drittimpfung am Montag in Büren. "Alle waren geduldig. Menschen mit Rollatoren wurden vorgezogen, das haben alle akzeptiert." 9.340 Auffrischungen in Arztpraxen Dass insbesondere die Booster-Impfung zunehmend gefragter ist, zeigt sich in den Arztpraxen. 9.340 Menschen haben sich hier kreisweit seit Anfang September eine Auffrischung geholt (Stand: 7. November), bis Ende Oktober waren es noch 5.870. Dies geht aus Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) hervor. Wer jetzt einen Booster-Termin ausmacht, erhält diesen wohl erst nächstes Jahr, meint Ulrich Polenz, Hausarzt und Leiter der KVWL-Bezirksstelle Paderborn. "Januar ist realistisch", sagt er. "Corona-Impfungen kommen auf das normale Praxis-Geschehen obendrauf." Erst- und Zweitimpfungen in Arztpraxen seien jedoch kurzfristiger, meist binnen einer Woche, realisierbar, sagt Gregor Haunerland, Vorsitzender des Verwaltungsbezirks Paderborn der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Booster-Impfung für Risikogruppen Prinzipiell kann sich jeder eine Drittimpfung holen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt sie bislang für über 70-Jährige, andere Risikogruppen und Pflegepersonal. Ulrich Vogt gehört aufgrund seines Alters dazu. Sorgen müssten sich Vogt und andere ältere Menschen aber nicht machen, sagt Haunerland. Auffrischungen seien zwar nach sechs Monaten möglich. Aber: "Das kommt nicht auf vier Wochen an", meint er. "Ein 80-Jähriger, der gesund ist, kann meiner Prognose nach auch ein ganzes Jahr warten. Der Antikörper-Spiegel fällt sehr langsam ab." Anders sähe es bei immunschwachen Menschen oder Bettlägerigen aus, etwa in Altersheimen. Hier haben Polenz zufolge mittlerweile alle Bewohner im Kreis Paderborn ein Booster-Angebot erhalten, 95 Prozent sind drittgeimpft. Empfehlung für Doppelt-Astra-Geimpfte Über die Stiko-Empfehlung hinaus rät Polenz weiteren Gruppen zu einer baldigen Drittimpfung. Personen, die zweifach mit Astrazeneca geimpft sind, seien vor einem schweren Krankheitsverlauf zwar geschützt, aber ansteckender als andere Geimpfte, so Polenz. Dies habe eine neue Studie gezeigt. Für das "gesamte Infektionsgeschehen" sei es daher hilfreich, wenn sie ihren Schutz mit einem anderen Vakzin auffrischen. Und auch Menschen mit einer Johnson-&-Johnson-Einmalimpfung empfehle er den Booster. Diese beiden Gruppen sorgten jedoch zunehmend für Druck auf die Arztpraxen, so Polenz. Stationäres Impfangebot geplant Nach einem am Dienstag veröffentlichten Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums sollen die Kreise und kreisfreien Städte zusätzliche Impfstellen schaffen. Mandy Bittner-Schweter zufolge wird für den Kreis Paderborn daher aktuell ein "kleines, stationäres Impfangebot" geplant.

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