Paderborn/Minden Jobcenter Paderborn verliert Prozess gegen Flüchtlinge

Paderborn/Minden. Endet die Kostenübernahme-Verpflichtung eines Verwandten oder eines Arbeitgebers für einen syrischen Flüchtling, der damit legal nach Deutschland kommen konnte, wenn dieser später hier Asyl erhält? Ja, urteilte gestern die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden. Für die Unterhaltskosten sind dann die öffentlichen Stellen zuständig, solange dies notwendig ist. Der Bescheid des beklagten Jobcenters im Kreis Paderborn auf Kostenerstattung durch die Verwandten muss aufgehoben werden. Als 2014 der seit über zwei Jahren tobende Krieg zwischen Rebellen und Regierung in Syrien immer heftiger wurde, wollte ein syrisches Ehepaar vor Krieg und Gewalt aus seiner Heimat fliehen. In Deutschland lebte die Familie des Bruders und Schwagers, dorthin wollten sie. Die wollten sie auch aufnehmen und die Kosten für den Lebensunterhalt der Verwandten übernehmen. Das ist eine Bedingung in der Aufnahmeanordnung des Bundes vom März 2013, die diese Nachzugsmöglichkeit und legale Einreise am 28. März 2014 eröffnete. Anders als die Aufnahmeverordnung des Bundes fordert die des Landes NRW bestimmte Voraussetzungen wie den Fluchtnachweis, die Verfolgung. Doch selbst die Behörden würden das kaum vollständig prüfen, kritisierte das Gericht, das solche Fälle öfter zu entscheiden hat. Der hier lebende Verwandte unterschrieb die Willenserklärung und sie erhielten eine bis Ende März 2016 befristete Aufenthaltsgenehmigung nach der Kann-Regelung im § 23 des Aufenthaltsgesetzes, der eine "Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interesse" vorsieht. Im Mai 2014 stellten sie jedoch einen Asylantrag, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fünf Monate später zustimmte. Am 14. Oktober erhielten sie den Titel als anerkannte Asylanten. Ihre neue Aufenthaltserlaubnis richtete sich nun nach dem § 25 (humanitäre Gründe), die Befristung gilt bis 14. Oktober 2017. Damit sah der bisher für ihren Unterhalt zuständige Verwandte sich seiner Verpflichtung enthoben. Die liege jetzt bei den staatlichen Stellen, wie für alle anderen Asylbewerber auch. Das Jobcenter Paderborn zahlte auch zunächst, forderte dann aber rund 15.000 Euro vom Bürgschaftsgeber. Es war der Ansicht, die Verpflichtung bestehe weiter. Im Formular der vom Verwandten unterschriebenen Willenserklärung heißt es über die Gültigkeitsdauer, die Verpflichtung gelte vom Tag der Einreise bis zum Tag der Ausreise oder Wechsel zu einem anderen Aufenthaltstitel. Mit dem Asyl-Titel argumentierte Judith Herbe, die Anwältin des klagenden Bürgen. Seitens des beklagten Jobcenters wurde dagegengehalten, dass sich am Aufenthaltszweck ja nichts geändert habe und die Situation unverändert sei. Lediglich die Rechtsgrundlage für das Hiersein sei eine andere, die Verpflichtungserklärung bestehe aber weiter. Dem wollte das Gericht nicht folgen, es entschied zugunsten des Klägers. Mit dem Asylantrag sei durch den Wechsel des Flüchtlingstitels die Verpflichtung des Verwandten beendet. Angesichts der Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle wurde die Berufung vor den Oberverwaltungsgericht zugelassen. (Az.: 7 K 3325/15 und 7 K 2137/15)