Paderborn Buntes Spektakel im Morgengrauen

Paderborn. "Eines der letzten Abenteuer unserer Zeit", steht auf der Fahrkarte. Na, hoffentlich nicht das letzte Abenteuer unseres Lebens, denken sich einige, die gleich zum ersten Mal einen Heißluftballon besteigen werden. Zurzeit findet die 24. Warsteiner Montgolfiade statt, das größte Ballonfestival Europas. Beim Außenstart vom Paderborner Flughafen machen sich 54 Piloten und ihre Gäste auf den Weg zum Rollfeld, um von dort in die Lüfte zu steigen.Einer der Piloten ist Gunnar Klocke aus Delbrück. Besorgt schaut der erfahrene Ballonfahrer gen Himmel. "In Richtung Westen sieht man die Bäume im Dunst", sagt er. Bei einer geschlossenen Wolkendecke gäbe es Probleme bei der Landung, "dann hänge ich nachher in einer Stromleitung", sagt Klocke. "Außerdem ist der Sinn einer solchen Ballonfahrt, dass man die Landschaft genießen kann - das kann ich meinen Kunden heute nicht bieten." Und eine Ballonfahrerweisheit besage: "Es ist besser, man ist unten und wünscht sich, man wäre oben, als man ist oben und wünscht sich, man wäre unten." Er entscheidet sich gegen einen Start.52 andere Piloten scheinen sich von der Witterung nicht abschrecken zu lassen und bereiten die Ballons vor. Nach und nach richten sich die eindrucksvollen Kugeln auf. Beim Ballonteam Zadach aus Anröchte ist noch ein Plätzchen frei. Die Insassen: der Pilot Uli Zadach, der zweite Pilot Richard Meinert, das Teammitglied Bernd Adamietz und Sarah Büngeler, eine Bekannte als Gast. Zadach gibt letzte Anweisungen und bedient den Gasbrenner - eine Flamme sorgt für heiße Luft, die den Ballon "Max Moritz" zum Abheben bewegt. Ein etwas weiches Gefühl breitet sich in den Knien aus, als unter dem Korb kein fester Boden mehr zu spüren ist. Der Blick lässt aber jeden Zweifel vergessen. Alle Ballone erheben sich und sorgen für Farbtupfer im Morgengrauen.Mit einer überraschenden Geschwindigkeit setzt sich "Max Moritz" beinahe an die Spitze. Ein Variometer zeigt an, ob der Ballon steigt oder fällt. Fällt er, muss der Pilot wieder Feuer geben. "Wir sind jetzt bei 432 Metern über dem Meeresspiegel", sagt Zadach. Was früher noch Luftfahrkarte und Kompass leisteten, übernehmen inzwischen Smartphone und GPS-Gerät. Auch die Richtung wird angezeigt, in die der Heißluftballon fährt - gut so, denn vom Ballon aus ist inzwischen kaum noch etwas zu sehen. "Wir fahren zwischen den beiden Wolkenschichten durch", sagt Zadach. Laut Handy ist der Ballon gerade über der Wewelsburg, doch leider ist wegen des Nebels nur wenig zu erkennen.Die Fahrt vom Flughafen aus bezeichnen die Ballonfahrer als "Fiesta". "Wir hatten auch schon einen Wettbewerb", sagt Meinert - bei der Disziplin "Long Distance". "Dabei gewinnt das Team, das am weitesten fährt." Es gehe darum, den richtigen Wind zu finden in der richtigen Luftschicht. Das Ballonteam Zadach ist von Warstein aus bis hinter Beverungen gefahren, "80 Kilometer waren das", sagt Zadach, "die weitesten sind um die 120 Kilometer gefahren."Über das Funkgerät kommen immer wieder Durchsagen, vom Verfolgerfahrzeug aus, das am Boden den Ballon verfolgt, um nachher das Team und den Ballon einzusammeln, oder von den anderen Fahrern. "Landung in zehn Minuten, etwa bei Brilon", tönt es gerade. Auch die Piloten des Teams Zadach halten inzwischen Ausschau nach einem geeigneten Landeplatz. Der hängt von vielen Faktoren ab: "Es gibt Sperrbezirke, die nur im absoluten Notfall angesteuert werden dürfen, wie Vogelschutzgebiete oder Truppenübungsplätze", sagt Zadach. "Außerdem versuchen wir, so wenig wie möglich auf Ländereien zu landen, um nichts kaputt zu machen."Die Piloten hören auf, Feuer zu geben, der Ballon senkt sich ab. "Alle in die Hocke gehen und festhalten", lautet die Anweisung. Der Ballon setzt auf, hebt wieder ab, dann kommt er rumpelnd zum Stehen. "Bitte bleiben Sie angeschnallt, bis wir die endgültige Parkposition erreicht haben", witzelt Zadach. "Eine perfekte Landung", sagt Adamietz. Auch in der Umgebung kommen die anderen Ballons jetzt herunter.Schon fährt das Verfolgerfahrzeug heran, das ganze Team packt den Ballon zusammen und in den Anhänger. "Und jetzt kommt der wichtigste Teil", sagt Meinert bedeutungsvoll. Die beiden Neuen müssen sich auf den Boden knien, dann erfolgt die "Taufe". Zuerst wird eine Strähne angezündet - "das Feuer, das uns durch die Lüfte trug", mit Erde gelöscht und mit Bier übergossen - für das kostbare Nass und die Erde, auf der der Ballon sicher gelandet ist. Die Mitfahrer verpflichten sich, künftig nie mehr vom Ballonfliegen, sondern nur noch vom Ballonfahren zu sprechen - und zu schreiben.