Innovative Ideen Lichtenauer Unternehmen reinigt Abwasser in aller Welt

Lichtenau-Henglarn. Es ist eine eher unscheinbare Firmenhalle direkt an der Ortsdurchfahrt in Henglarn. Doch drin steckt ein innovatives Unternehmen, das weltweit in 50 Ländern agiert, 21 Patent- und 36 Markenschutzrechte hat. Angefangen hat bei der Enviplan Ingenieurgesellschaft mbH alles mit einer misslungenen Öffnung einer Flasche Sekt. Roland Damann passierte in den 80er Jahren dieses Missgeschick, es brachte ihn aber dazu, mit Gas, Druck und Wasser zu experimentieren. 1988 hatte der Paderborner die Mikroflotation erfunden, er setzte damit später einen Meilenstein in der Abwasserreinigung und gründete Enviplan in Henglarn. Damann entwickelte seine Erfindung weiter, laufend kamen neue Patente hinzu und schon 1994 ersetzte die Mikroflotation die klassische Schlammeindickung. Im Jahr 2000 kam Andreas Stein als studentische Hilfskraft zu Enviplan, schrieb dort seine Diplomarbeit und arbeitete danach als Projektingenieur. Seit 2013 ist der 51-jährige Diplom-Ingenieur Geschäftsführer. Gründer Damann ist 2020 aus dem operativen Bereich ausgeschieden und widmet sich nun seiner neuen Idee. Mit seinem Start-up-Forschungsunternehmen Microbubbles, einer Tochtergesellschaft der Bundesagentur für Sprunginnovationen hat er sich zum Ziel gesetzt, mit autonomen freischwimmenden Systemen Mikroplastik direkt in den Gewässern zu detektieren und entfernen, bevor es in die Meere gelangt. Luftblasen sammeln Schmutzpartikel Bei der klassischen in stationären Anlagen genutzten Mikroflotation werden feinste Mikrobläschen und Strömungsverhältnisse erzeugt, um damit absetzbare und abfiltrierbare Stoffe aus dem Wasser zu filtern. "Wir erzeugen mikroskopisch kleine Luftblasen, die mit dem Abwasserstrom vermischt werden. Diese Luftblasen haften an den Schmutzpartikeln an und setzen sich oben ab", erklärt der Geschäftsführer für die Laien vereinfacht die hoch entwickelte Technik. Diese Anlagen baut Enviplan in verschiedenen Größen - von der Kleinanlage bis hin zur 15 Meter langen und drei Meter breiten sowie hohen Anlage. Diese werden bei Großkonzernen wie Airbus, der Bayer AG, dem Feinkostunternehmen Develey, Red Bull, Lidl oder Nestle zum Reinigen des Abwassers genutzt. Auch im Kreis Paderborn kommen Anlagen aus Henglarn zum Einsatz. Unter anderem bei der Benteler AG, Frischgeflügel-Unternehmen Heinrich Borgmeier in Delbrück. Das Abwasser wird vorgereinigt, dann durchläuft es die Mikroflotation und danach eine biologische Reinigung. "Zum Teil sind auch noch chemische Mittel dabei, aber da liegen wir weit unter dem gesetzlichen Grenzwert", erklärt Andreas Stein. 50 bis 70 Prozent spare Enviplan gegenüber Mitbewerbern an chemischen Zusatzstoffen ein. Und auch bei der Energieeinsparung liege das Unternehmen weit vor den anderen Anlagenbauern. "Die Mikroflotation ist unser Zugpferd, mehr Know-how hat keiner", kann der 51-jährige Schwaneyer daher ohne Weiteres behaupten. Enviplan gilt als Geheimtipp Auf die Abwasserreinigung hat sich Enviplan spezialisiert und ist weltweit führend, wie Andreas Stein erklärt. Als er vor 23 Jahren in das Unternehmen kam, sah es danach noch nicht aus. "Wir waren da nur zu dritt. Jetzt sind wir 19 Mitarbeitende und bieten Ingenieurdienstleistungen, Anlagenbau, Montagen und Service." Über 350 hauptsächlich industrielle, aber auch kommunale Abwasserbehandlungsanlagen sind von der Firma im kleinen Henglarn projektiert und umgesetzte worden. Und es werden ständig mehr. "Wir wachsen seit drei, vier Jahren. Die Nachfrage ist groß, wir gelten als Geheimtipp und solider, zuverlässiger Partner", so Stein. Aktuell werden noch Diplom-Ingenieure im Bereich Servicetechnik, Verfahrenstechnik Maschinenbau und technische Mitarbeiter im Betrieb Kläranlage gesucht. Aber wie viele andere Unternehmen hat es auch Enviplan schwer, geeignete Fachkräfte zu finden. Stein hofft, dass durch die Kooperationen mit den Hochschulen in Marburg, Höxter oder Bochum junge Menschen durch die Forschungsarbeit auf das Unternehmen aufmerksam werden. Ähnlich funktionierte es ja bereits bei ihm. Schon während des Studiums begeisterte er sich für die Arbeit bei Enviplan. Enviplan wächst, auch weil das patentierte Mikroflotationssystem vielseitig einsetzbar ist. Unter anderem auch in kommunalen Kläranlagen. Das Abwasser werde dabei nicht nur ökologisch gereinigt, mit der Anlage können zudem die Gärstoffe für die Stromproduktion durch Biogas genutzt werden. In der bayrischen Stadt Kemnath hat Enviplan im vergangenen Jahr eine große Anlage in Betrieb genommen, die Abwasser von bis zu 50.000 Haushalten reinigen kann. "Das wäre auch etwas für viele andere Kommunen, doch es ist schwer dort reinzukommen, weil viele noch auf ihre alten Systeme setzen", meint Stein. Rundum-Betreuung der Projekte Dabei bietet das Unternehmen nicht nur den energiebringenden Mehrwert, sondern auch eine Rundum-Betreuung. Bei Großprojekten wird ein individueller Service- und Dienstleistungsvertrag unterzeichnet. "Unsere Servicetechniker betreuen die Anlage, messen die Ablaufparameter und machen eine Grenzwertanalyse. Viele Störungen sind heute bereits online zu beheben", erklärt der Enviplan-Geschäftsführer. Fernwartung sei kein Problem, dank Glasfaseranbindung sei das Altenautal perfekt angebunden. Aktuell wird für den Chemiekonzern Wacker AG eine Großanlage in Köln gebaut - der bisher größte Auftrag in der Firmengeschichte. Und die komplette Technik der riesengroßen Wasseraufbereitungsanlage kommt aus dem beschaulichen Henglarn. Vielleicht lockt das doch Fachkräfte ins schöne Altenautal.

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