Kreis Paderborn Neue Phase im Machtkampf um die Lego-Minifiguren

Bad Lippspringe. Thorsten Klahold (47) ist Star-Wars-Fan. Aktuell ist der Spielzeughändler aus Bad Lippspringe aber nicht mehr Zuschauer, sondern Hauptdarsteller seiner eigenen Saga, dem "Krieg der Steine". Klahold verkauft online und in Paderborn Klemmbausteine, also Plastikklötzchen wie jene des weltgrößten Spielzeugfabrikanten Lego - nur eben von anderen Herstellern. Legos Patente auf die meisten Steine sind längst ausgelaufen - und es tut den Dänen trotz Rekordumsätzen weh, dass immer mehr Menschen Alternativhersteller wie Cobi, Xingbao, Wange oder Qman entdecken. Als Klahold im Februar einen Container voller Qman-Bausteinsets aus China erwartet, erhält er die Nachricht, dass die Ware im Wert von mehr als 50.000 Euro vom Zoll aufgehalten wird, weil Lego interveniert. Seine Vermutung Anfang März: "Die wollen mich platt machen." Schon im Dezember hatte Lego eine Abmahnung geschickt. Während die Juristen des gigantischen Konzerns den Etappensieg erringen, startet Klahold im beschaulichen Bad Lippspringe den Angriff im Stil eines unterschätzten Rebellen. Seine Waffe ist die Öffentlichkeit. Schon bevor er seinen Laden Steingemachtes 2019 eröffnete, betrieb der Familienvater den Youtube-Kanal "Johnny's World", auf dem er regelmäßig Klemmbausteinsets (auch Lego) bewertet. Am 4. März beginnt dort seine Offensive und er schafft es, Lego in die Defensive zu drängen. Klahold macht den Fall des gesperrten Containers öffentlich, stürmt die Youtube-Charts, teilt Dokumente und hat eine besondere Idee: Er ruft Zuschauer zu einer Spendenaktion auf, von deren Geld Bausteinsets alternativer Hersteller für Kinderheime gekauft werden sollen. Statt der erhofften 30.000 Euro kommt eine halbe Million zusammen. "Unglaublich", sagt er heute. Es ist ein Shitstorm der anderen Art. Der Erfolg sei deutliches Zeichen "der Community", dass sie mit Legos juristischen Winkelzügen, der Preispolitik und der Qualität von Sets nicht mehr zufrieden ist, sagt der Händler, der aus der Aktion einen Verein gründen will. Andere Youtuber berichten über das Duell, unter ihnen der populäre "Held der Steine" Thomas Panke aus Frankfurt. Klahold wird zum Thema für Medien in ganz Deutschland, sogar Frankreichs größte Tageszeitung Le Monde schreibt über den Lippspringer. Er ist seit einem Monat reichlich gestresst, Kunden stürmen seinen Onlineshop, im Hintergrund ist die Spendenaktion zu organisieren - und dann ist da noch der Daueraustausch mit Qman und dem gemeinsamen Rechtsanwalt. "...dann kann man irgendwann einpacken." Denn Lego hat zwar fast 80 Prozent der Containerware mittlerweile freigegeben, aber auch Klage eingereicht. Qman und Klahold wird vorgeworfen, Minifiguren für Spielsets einzuführen, die gegen das 3D-Markenrecht des Konzerns in Europa verstoßen. Das ist die juristische Seite. Gleichzeitig kommunizieren die Dänen in der Vorwoche gegenüber dieser Zeitung, dass sie an einer "einvernehmlichen Lösung" interessiert sind. Denn auf der anderen Seite geht es um die Auswirkung des Falls auf die Marke. "Wenn man das Vertrauen der Kunden verliert, kann man irgendwann einpacken", sagt auch der Münchener Krisenberater Matthias Michael als er vom Krieg der Steine hört. Klahold bestätigt im Gespräch, dass die Kontakte mit Lego über eine Einigung anlaufen. "Ich will dort für die gesamte Community offen über die kritischen Punkte sprechen", sagt er. Beide Seiten werden eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Doch Youtuber Klahold will durchsetzen, seine Zuschauer regelmäßig informieren zu dürfen. "Weil PR nicht deren größte Stärke ist, konnte die Lego-Kanzlei damit erstmal nichts anfangen", berichtet er. Dennoch, die Verhandlungen beginnen, ein halbes Jahr könnten sie andauern. Klahold wünscht sich, dass auch Marketing-Fachleute der Dänen an den Videoschalten teilnehmen: "Die dürften ein Interesse daran haben, dass die Kuh schnell vom Eis kommt." Qman und Klahold haben jedenfalls schon signalisiert, dass sie die umstrittene Minifigur ändern würden. So haben es auch schon die Hersteller Cobi und Sluban gemacht. "Würde auch die Qman-Figur durchgewunken, wäre der Markt wieder ein Stückchen vielfältiger", sagt Klahold. Der wagemutige Unternehmer wünscht sich, dass es so kommt und auch die Chinesen wollen den deutschen Markt erobern - mit dem Lippspringer Lego-Rebellen an ihrer Seite.

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