Kreis Paderborn Berater: Lego setzt im Krieg der Steine alles aufs Spiel

Bad Lippspringe/München. Der Beginn eines PR-Desasters für einen Weltkonzern ist in vollem Gange und ihren Ausgangspunkt hat die Geschichte in Bad Lippspringe. Lego, größter Spielzeughersteller auf Planeten, setzt den Spielzeughändler Thorsten Klahold aus dem Kreis Paderborn mit juristischen Schritten unter Druck. Per Youtube-Video zu den Vorgängen löst der Betroffene Ende vergangener Woche eine Welle Antipathie gegen Lego aus, die den Konzern teuer zu stehen kommen kann. Dieser Ansicht ist zumindest ein Berater für Krisenmanagement. Er macht deutlich, welche Fehler Lego unterlaufen, wieso immer wieder Konzerne in derartige Fallen tappen und wie es zu einer Lösung im Krieg der Steine kommen kann. Von München aus schaut Berater Matthias Michael auf den Fall Klahold gegen Lego. Die vom Zoll im Lego-Auftrag zurückbehaltene Lieferung an chinesischen Klemmbausteinen, die Händler Klahold für 50.000 Euro bestellt hatte, Klaholds Youtube-Clip als "Johnny's World", eine Spendenaktion aus Protest gegen Lego, die mehr als 400.000 Euro einbringt - all das lässt den Berater den Kopf schütteln. "Das ist typisch für einen Konzern. Hier sind Juristen am Werk gewesen, doch die denken in eigenen Kategorien", beschreibt Michael, der an Fachhochschulen lehrt. "Es muss dem Unternehmen darum gehen, was das Vorgehen für sein Ansehen bringt." Und hier habe Lego bislang versagt. Die Online-Community der Fans aller Arten von Klemmbausteinen sagt sich seit Freitag öffentlich im großen Stil vom dänischen Ex-Monopolisten los - und solidarisiert sich mit Klahold, der online und in seinem Paderborner Laden Steingemachtes legale Bausteinsets von Lego-Konkurrenten verkauft. "Wenn es so weitergeht, wird der Ruf des Konzerns massiv geschädigt. Dann gehen irgendwann auch die Umsätze zurück", prognostiziert Berater Michael im NW-Gespräch. Lego pocht im Rechtsstreit auf eine nicht näher definierte Verletzung von Urheberrechten durch den chinesischen Hersteller Qman, dessen Ware Klahold importiert. "...dann kann man irgendwann einpacken" Nach Michaels Meinung setzen die Dänen gerade die wichtigste Währung ihrer Marke aufs Spiel: das Vertrauen: "Wenn man das verliert, kann man irgendwann einpacken. Sinkende Reputation und Managementfehler können zu einer massiven Schädigung des Unternehmenswertes führen." Als Beispiele nennt er den Niedergang von Schlecker, aber auch Fehltritte wie vom Textilhersteller "Jack Wolfskin", der mit großer juristischer Keule gegen Hobbynäherinnen vorging - und öffentlich einen Shitstorm erntete. Selbst wenn ein Konzern im Recht sei, sollte dieses Recht nicht immer durchgesetzt werden, mit Rücksicht auf die öffentliche Wirkung: "Die Gesellschaft interessiert sich nicht dafür, wer Recht hat. Es geht beim Vertrauensmanagement nicht darum, was legal, sondern was legitim ist. Hier geht es um Werte, um Moral, um die Umgangsformen." Solange der Konzern nicht reagiert, sagt Michael, laufe "die Narration weiter gegen Lego" und es werde "mit jedem Tag verlustreicher". Je länger das gehe, desto unsympathischer werde das Unternehmen seinen Kunden und der Öffentlichkeit: "Das kann nicht im Interesse des Managements sein. Sonst wird es früher oder später um die persönliche Reputation fürchten." Michael, der vor allem Mittelständler in kniffligen Fragen der Außendarstellung berät, ist der Ansicht, Lego fehle das Verständnis für die Funktionsweise von öffentlicher Kommunikation. "Weder Juristen noch die Marketing-Abteilung sehen die kompletten Auswirkungen dieser Handlungen. Die Marketing-Leute denken oft nur in Werbekategorien." Kompetenz für Krisenkommunikation sei zu selten vorhanden in großen Organisationen. "Das dauert mitunter Wochen und Monate" Und was müsste aus Sicht des Krisenberaters bei Lego nun passieren? Michael meint: "Der ehemalige Gegner sollte zum Fan gemacht werden. Seine Kommunikation über den Ex-Kontrahenten ist wichtig, um die Sache mit einer positiven Note aus der Welt zu schaffen. Die Kunst im Krisenmanagement besteht darin, viel mehr zu tun, als Außenstehende erwarten würden." Auch Klahold wünscht sich ein klärendes Gespräch mit Lego, wie er gegenüber nw.de betont. Zwar gebe es mittlerweile ein Angebot von Legos Anwaltskanzlei, doch er vermisse darin eine rechtliche Klärung des Falls und habe es daher abgelehnt. Bislang hat sich von Lego aber niemand bei ihm gemeldet. Bleibt das so, sagt Krisenkommunikator Michael eine Ausweitung des PR-Desasters vorher: "Wenn das Unternehmen jetzt nicht den Verlust klug begrenzt und Vertrauen zurückgewinnt, nimmt die Marke langfristig Schaden. Das Internet vergisst nicht." Nach seiner Erfahrung könne sich die Spirale zügig nach unten drehen: inklusiver schlechter Kundenbewertungen, der Gründung von Initiativen gegen die Marke, Proteste in sozialen Medien, in Videos festgehaltenes Zerstören von Produkten, demütiges Eingeständnis von Fehlern. "Das dauert mitunter Wochen und Monate", sagt der Hochschullehrer. Und Klahold? Der Lippspringer wartet weiter darauf, ob Lego bis zum Stichtag 15. März die Ware beim Zoll doch freigibt oder sich für weitere rechtliche Schritte entscheidet. Michaels Tipp für den Händler und Youtuber: "Er muss wissen, dass man aus andauernden Rechtsstreitigkeiten mit internationalen Konzernen selten als strahlender Sieger hervorgeht. Und Produkte chinesischer Konzerne wirken nicht unbedingt sympathischer als solche von dänischen." Auch Klahold sollte "behutsam mit dem Rampenlicht der Öffentlichkeit umgehen" und sich mit Lego einigen. "Sonst wird es am Ende zwei Verlierer geben."

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