© Joern Spreen-Ledebur
Rahden Bielefeld-Bremen ohne Umstieg - eine Idee lebt weiter
Der geplante Ausbau des Schienenverkehrs kann für viele Bahnstrecken im Dornröschenschlaf neue Chancen bringen.
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Rahden/Hannover. Die Reaktivierung von Eisenbahnstrecken in Niedersachsen, die zunächst nur eine Forderung von Initiativen gewesen ist, bekommt immer mehr Unterstützung von Kommunen und Landkreisen. Daran erinnert der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Der Landesverband Niedersachsen setzt sich auch für die Wiederbelebung des Sulinger Kreuzes und damit auch der Bahnstrecke von Rahden nach Bremen ein. Für diese Wiederbelebung sind auch die Städte und Gemeinden im Lübbecker Land.
Initiativen zur Nutzung stillgelegter Bahntrassen gibt es unter anderem aus dem Weser-Ems-Raum, den Landkreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg und aus dem Elbe-Weser-Gebiet. Argumentiert wird nach Angaben des VCD damit, dass „Klimaschutz und die Verkehrswende in aller Munde seien und inzwischen auf allen europäischen und staatlichen Ebenen Priorität genießen würden”, so Wolfgang Konukiewitz, Sprecher für den ländlichen Raum beim Verkehrsclub Deutschland (VCD). Angekommen sei das auch in der Gesellschaft.
CO 2 einsparen, Klima schützen und Regionen entwickeln
Die Forderungen der Bewegung „Fridays for future" sprächen hier für sich, merkte Konukiewitz an. Neben dem Einsparen von CO2 solle es bei der Mobilität moderne und akzeptable Veränderungen geben. Die Schienentrassen mit ihre Bahnhöfen könnten, wie schon vielfach passiert, zu Entwicklungspolen in der jeweiligen Region werden. Das gilt Angaben des VCD auch für die Strecken des Sulinger Kreuzes und damit der Bahnstrecke von Rahden in Richtung Bremen, für deren Wiederbelebung sich der VCD einsetzt.
Die Strecken des Sulinger Kreuzes hat der benachbarte Landkreis Diepholz in sein regionales Raumordnungs-Programm aufgenommen. Ziel sei der Erhalt der derzeit zum großen Teil still gelegten Bahnstrecken, hatte Landrat Cord Bockhop erklärt.
Fachkommission soll beraten
Der Fachverband Nahverkehrsbündnis Niedersachsen (NVBN), in dem der VCD seit Jahren intensiv mitarbeitet, hat jetzt Wirtschaftsminister Bernd Althusmann Vorschläge unterbreitet, wie es in Niedersachsen mit der Reaktivierung weiter gehen könnte. Es gehe darum, eine Fachkommission in Niedersachsen zu berufen.
In dieser sollen Experten der Fachrichtungen Raumordnung und Landesplanung, Städtebau und Siedlungsentwicklung, Verkehrsplanung mit Schwerpunkt Schienenverkehr und Bevölkerungsentwicklung zusammen mit regionalen Politikern einen Katalog von Merkmalen erarbeiten, die zur Reaktivierung von Bedeutung sind.
Warum das bisherige Bewertungsverfahren nicht passt
Das neue Verfahren soll die Belange von Strecken im ländlichen Raum besser berücksichtigen. Das sehen Experten bei der bislang praktizierten „standardisierten Bewertung" als nicht gegeben an. „Die bisher übliche sogenannte standardisierte Bewertung ignoriert wesentliche Vorteile für den ländlichen Raum und unterschätzt regelmäßig die Nachfrage”, so Konukiewitz.
Jede einzelne Bahnstrecke aus den zur Verfügung stehenden Listen des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der Allianz pro Schiene und der Landesnahverkehrsgesellschaft soll individuell auf ihre Reaktivierungswürdigkeit hin überprüft werden.
Bund stellt mehr Geld für Bahnstrecken bereit
Die erarbeiteten Kriterien können dann schließlich in eine Nutzen-Kosten-Bewertung eingehen, die es ermöglicht, für die in Frage kommenden Bahnstrecken Finanzierungsmittel aus dem Bundes-Gemeindefinanzierungsgesetz zu bekommen, deren Volumen jetzt deutlich erhöht worden ist. Dies müsse aber schnell passieren, damit Niedersachsen nun endlich seinen gerechten Anteil aus diesen Mitteln bekommt.
„Wir haben uns seit langem für die Reaktivierung von Bahnstrecken in Niedersachsen eingesetzt und unterstützen den Vorschlag, an dem wir mitgearbeitet haben", sagt der Landesvorsitzende des VCD Niedersachsen Martin Mützel.
Interessante Überlegungen eines Experten
Lothar Ibrügger, langjähriger heimische SPD-Bundestagsabgeordneter und früherer parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, misst der Bahnstrecke von Rahden in Richtung Bremen auch Bedeutung für den Fernverkehr bei. Aus Ibrüggers Sicht ist die Strecke Teil einer Fernverkehrs-Verbindung zwischen Hessen und der Nordseeküste. Mit den Eilzügen von Cuxhaven/Bremerhaven über Rahden, Bünde, Paderborn, Marburg und Gießen nach Frankfurt (Main) gab es schon mal über viele Jahre ein Fernverkehrsangebot.
Bislang hat sich vor allem das Land Niedersachsen am sogenannten standardisierten Verfahren festgebissen, das 1.000 Fahrgäste täglich fordert, soll eine Bahnstrecke reaktiviert werden. Dieses Verfahren ist in die Diskussion geraten, da es aus der Sicht von Bahn-Befürwortern der Situation in ländlichen Regionen nicht gerecht wird.
Fernverkehr zwischen Hessen, OWL und der Nordsee
Lothar Ibrügger blickt darüber hinaus. Trete der Bund im Fall fehlender Eigenwirtschaftlichkeit dann als Besteller von Fernverkehr auf, dann könne man sich eine Nord-Süd-Magistrale von der Nordsee bis Frankfurt vorstellen – mit Halten in Paderborn, Altenbeken, Bielefeld, Lübbecke, Rahden, Bassum, Bremen, Bremerhaven bis Cuxhaven.
Gefordert sind aus Sicht des weit über die Parteigrenzen geschätzten Politikers Lothar Ibrügger die Länder NRW, Niedersachsen und Bremen. Sie müssten, anders als in den vergangenen 25 Jahren, bereit sein, gemeinsam überlappend eine Verbindung von OWL über Bremen an die Küste zu bestellen. Zudem müssten sich die Kommunen an der Strecke einig sein und so auf den Bund und die Länder einwirken.
Ibrügger setzt auf Initiative des Bundesrates
Grundlage für Lothar Ibrüggers Überlegungen ist eine Beratung im Bundesrat. Am 9. Mai 2018 gab es eine Initiative des Bundesrates. Es ging in der Drucksache 19/2074 um den Entwurf eines Gesetzes zur Gestaltung des Schienenpersonenfernverkehrs. Lothar Ibrügger, über viele Jahre direkt gewählter und geachteter SPD-Bundestagsabgeordneter aus Minden, unterstützt diese Initiative des Bundesrates aus vollem Herzen – weil sie auch dem Sulinger Kreuz helfen würde.
Was im Entwurf des Regionalplans steht
Die Nord-Süd-Schienenverbindung ist für Ostwestfalen-Lippe immens wichtig. Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) setzt daher auf den Ausbau und die Elektrifizierung des Abschnitts Bünde-Rahden-Bassum. Auch der Entwurf des neuen Regionalplans bewertet die Nord-Süd-Verbindung über Bünde und Rahden als immens wichtig. Sie gehört laut Entwurf zu den Strecken mit den „größten Potenzialen für eine Reaktivierung im Schienenpersonenverkehr zur Verbindung von regionalbedeutsamen Siedlungsflächen".
Verbesserte Anbindung der ganzen Region
Durch die Reaktivierung könnte eine direkte Schienenverbindung zwischen den Oberzentren Bielefeld und Bremen ermöglicht werden, heißt es im Regionalplan-Entwurf. „Insgesamt würde die Reaktivierung dieser Strecke zu einer verbesserten schienenbasierten Nord-Süd-Anbindung von Ostwestfalen-Lippe führen. Die Strecke verfügt auch über ein erhebliches Potenzial im Schienengüterverkehr, insbesondere als Umfahrungsstrecke zwischen Nordwestdeutschland und dem überlasteten Knoten in Hannover.
Entlastung für Osnabrück-Bremen
Darüber hinaus stellt sie eine Entlastungsalternative für die Strecke Osnabrück-Bremen dar. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Betriebs dieser Strecke im Personenverkehr im Regierungsbezirk Detmold sind aus technischer Sicht als günstig zu bewerten, da die 12 Kilometer lange Schienenstrecke zwischen Rahden und der niedersächsischen Landesgrenze weiterhin touristisch als Draisinenbahn betrieben wird. Eine Reaktivierung dieser Strecke könnte somit auf dem vorhandenen Oberbau erfolgen."
Zum Regionalplan-Entwurf können Kommunen und auch Bürger noch bis zum 31. März Stellungnahmen abgeben – auch online. bezreg-detmold.nrw.de