Hohe Unfall-Zahl auf B482 in Porta Westfalica gibt Experten Rätsel auf

Porta Westfalica. Elf zerstörte Pkw, vier kaputte Lkw, fünf Leichtverletzte, fünf Schwerverletzte – zwei davon in Lebensgefahr: Die Unfallbilanz der vergangenen drei Monate von der Bundesstraße 482 im Bereich Holzhausen zwischen der Findelkreuzung und den Parkbuchten klingt erschreckend. Vor allem aber wirft sie Fragen auf. Denn gleich drei schwere Verkehrsunfälle ereigneten sich in einem Zeitraum von drei Monaten auf einem Streckenabschnitt von gut 500 Metern. Wie kommt es, dass es an genau dieser Stelle immer wieder kracht? Lassen sich Trümmerfelder wie zuletzt verhindern? Und gilt die B482 als Unfallschwerpunkt? Polizei: kein offizieller Unfallschwerpunkt Gefühlt womöglich – rein faktisch aber nicht, wie Thomas Bensch, Sprecher der Polizei, erklärt. Denn für einen Unfallschwerpunkt – im Fachjargon Unfallhäufungsstelle genannt – gebe es eine klare Definition: Außerorts müssen auf einem Streckenabschnitt von 500 Metern mindestens drei Unfälle gleichen Typs mit Verletzten passieren. &bdquo;In dem Streckenabschnitt ereigneten sich in diesem Jahr insgesamt acht Unfälle", sagt Bensch. Allerdings: Nur bei drei Unfällen waren Verletzte zu beklagen. Und nur zwei dieser drei Unfälle waren von gleicher Art – nämlich Auffahrunfälle. Beim dritten Crash krachte es nach einem missglückten Überholmanöver – acht Autos waren beteiligt. &bdquo;Aufgrund dieser Erkenntnisse kann man schon davon sprechen, dass es auf diesem Abschnitt der B482 vermehrt zu Unfällen kommt." Straßen NRW: &bdquo;An der Straße liegt es nicht" Doch woran liegt das? Acht Unfälle an gleicher Stelle. Sven Johanning ist ratlos. Dem Sprecher von Straßen NRW, der zuständigen Behörde für die Bundesstraße, seien keine baulichen Mängel an dieser Stelle bekannt, erklärt er. &bdquo;Da geht es schnur-geradeaus." Dieser Streckenabschnitt ist als &bdquo;2+1-Variante" gebaut. Heißt: In Richtung Autobahn führen zwei Spuren, in Richtung Hausberge eine. &bdquo;Damit müsste der Überholdruck eigentlich aufgehoben sein", sagt Johanning. &bdquo;An der Straße kann es dort jedenfalls nicht liegen", ist er sich sicher. Bundesanstalt: &bdquo;2+1 ist die sicherste Variante" 2+1, das sei &bdquo;eigentlich die sicherste Variante für eine überörtliche Straße", sagt Dr. Marco Irzik von der Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch Gladbach. Er ist Experte, wenn es darum geht, bestimmte Straßentypen auf mögliche Unfallhäufungen zu untersuchen. Als Obernkirchener kennt Irzik die B482 vom wöchentlichen Pendeln zufälligerweise gut. Erklären kann er sich die Häufung der Unfälle auch nicht. Mit dem jetzigen Ausbaustand &bdquo;sollte man in der Regel folgenschweren Überholunfällen gut begegnen können", erklärt er. Das Problem sei aus seiner Sicht, wie Johanning ebenso betont, nicht im baulichen Zustand der Straße zu suchen. &bdquo;Zu einem Unfall gehören viele Faktoren: Die Straße, das Fahrzeug, der Mensch und das Wetter", sagt Irzik. Zudem müsse immer die Geschwindigkeit betrachtet werden – an dieser Stelle gilt Tempo 100. &bdquo;Kommt es an einer Örtlichkeit häufiger zu Unfällen, dann wird unter anderem überprüft, ob es Defizite in der Straßeninfrastruktur gibt, die unfallbegünstigend wirken könnten." Genau so etwas macht die Bundesanstalt in Kooperation mit der Verkehrsunfallforschung verschiedener Hochschulen. Experten steuern oft noch während der Rettungs- und Bergungsarbeiten Unfallstellen an und vermessen, fotografieren und analysieren. Aus diesen unzähligen Daten ist in der Vergangenheit ein Katalog entstanden, der mittlerweile auch online zu finden ist. Darin aufgelistet: Unfalltypen auf bestimmten Straßentypen – dazu Maßnahmen zur Unfallverhütung. &bdquo;Wir stehen mit der Auswertung für den Katalog noch am Anfang. Für einen Straßentypen wie in Porta gibt es kaum Verwertbares", sagt Irzik. Im Portaner Fall müsse man aus seiner Sicht nicht unbedingt baulich eingreifen. Womöglich könnte man in Zeiten von hohem Verkehrsaufkommen durch gezielte Ampelschaltungen den Verkehrsfluss beeinflussen. Denn: zwei der drei schweren Unfälle waren Auffahrunfälle an einem Stauende auf der B482. Dies sei aber nur eine Mutmaßung und eine von möglichen Varianten. Unfallkommission: B482 ohne Sicherheitsdefizite Das letzte Wort bei solchen Beurteilungen hat die Verkehrsunfallkommission. Die B482, die auf insgesamt 39 Kilometern durch den Kreis läuft, sei &bdquo;bereits seit Jahren im Blickpunkt der Behörden", betont Mirjana Lenz, Sprecherin des Kreises. Gerade der unfallbetroffene Abschnitt gehöre zu den am stärksten belasteten Teilen der Bundesstraße – mit &bdquo;hohem Anteil an Schwerlastverkehr". Nach dem letzten schweren Unfall mit drei Autos, bei dem eine Person eingeklemmt wurde, hat sich die Unfallkommission diesen Streckenabschnitt vor Ort angesehen. Doch auch diese Experten bleiben ratlos zurück, wie Lenz sagt. Faktoren, die Unfälle begünstigen, seien dort nicht festgestellt worden: weder Mängel an Beschilderung oder Markierung, noch ablenkende Werbetafeln. Der Streckenverlauf sei &bdquo;gerade und übersichtlich", urteilt die Unfallkommission. Ein Eingreifen halten die Experten daher nicht für nötig, alle Unfälle hätten durch zusätzliche Hinweisschilder oder andere Eingriffe nicht verhindert werden können, lautet das abschließende Urteil. Zumal es bereits solche Hinweistafeln gebe. Dennoch werden sich die Mitglieder der Kommission den Streckenabschnitt &bdquo;punktuell un in Teilstücken weiterhin ansehen", und sich um verbesserte Sicherheitsvorkehrungen bemühen, &bdquo;sofern es nachweisbare Sicherheitsdefizite gibt", sagt lenz. Bisher gebe es die aber nicht. Generell seien selbst durch zusätzliche Schilder Unfälle mit individuellem Fehlverhalten nicht zu 100 Prozent zu verhindern, betont die Sprecherin. Womöglich bringt der Abbau der Baustelle auf der A2-Brücke in Vennebeck aber auch schon deutliche Entlastung. Sie hatte in den vergangenen Monaten oft für lange Rückstaus gesorgt. Staus, in denen es zu mindestens zwei Unfällen kam. Die kommenden Monate werden zeigen, ob es daran lag. Die Experten werden das vermutlich mit Spannung beobachten.

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