Corona-Tests PCR-Tests am Mindener Klinikum: Zweifel an der Abrechnungspraxis

Minden. Patienten, die im Johannes-Wesling-Klinikum (JWK) stationär behandelt werden, müssen laut Hygienekonzept des Krankenhauses einen PCR-Test machen lassen. In der Regel erfolgt dieser direkt vor Ort bei der Aufnahme. Zwingend erforderlich ist das laut Deutscher Krankenhausgesellschaft nicht mehr. Standard in den meisten Kliniken sei mittlerweile ein Schnelltest. Falle dieser positiv aus, werde erst dann ein PCR-Abstrich gemacht. Die Mühlenkreiskliniken berufen sich auf die höhere Sicherheit der PCR-Abstriche. Sie verdienen allerdings mit ihrem Labor auch gut an dieser Regelung. Ein Sozialpate aus Minden kritisierte jetzt gegenüber dem "Mindener Tageblatts" (MT) die damit verbundene Abrechnungspraxis bei privatversicherten Patienten. Denen stellte das JWK die PCR-Tests als Wahlleistung in Rechnung – auch wenn sie faktisch gar keine Wahl hatten, den Tests nicht zu machen. Einige der privaten Krankenkassen weigerten sich deshalb, die Kosten zu übernehmen: Die seien schon in dem Zusatzentgelt berücksichtigt, das ans Klinikum gezahlt würde. Der Sozialpate legte daraufhin für einige seiner Mandanten Einspruch ein, in vielen Fällen ließ das Labor die Zahlungsforderung daraufhin fallen. Die Mühlenkreiskliniken (MKK) sprechen von einer rechtlichen Grauzone. Der Sozialpate bezweifelt das und ebenso, dass das Vorgehen korrekt sei. Welche Rolle spielen Tests für die MKK? MT-Informationen zufolge sind die MKK wirtschaftlich nicht zuletzt wegen ihres Labors und der Corona-Tests gut durch die Pandemie gekommen. Während andere Krankenhäuser das vergangene Jahr mit Defiziten abschlossen, haben die MKK schwarze Zahlen geschrieben, wie Vorstandsvorsitzender Olaf Bornemeier prognostizierte. Sprecher Christian Busse erklärt, dass alle Leistungen im Krankenhaus dokumentiert und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in Rechnung gestellt werden würden. Warum setzt das Klinikum noch auf PCR-Tests und andere Häuser nicht? Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft seien inzwischen Schnelltests Standard bei der Aufnahme stationärer Patienten in Kliniken. Erst wenn der Schnelltest positiv sei, erfolge im Regelfall der PCR-Test, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Die Mühlenkreiskliniken sehen das anders. Sprecher Busse erklärt, dass PCR-Tests in der Lage wären, auch geringe Virus-Besiedelungen zu erkennen. Schnelltests wären nicht geeignet, Infektionen mit einem CP-Wert größer als 25 zuverlässig zu erkennen. Aber auch diese Infizierten seien – wenngleich gering – ansteckend. Was ist der Vorwurf des Sozialpaten? Er geht davon aus, dass viele privatversicherte Patienten das komplexe Abrechnungssystem nicht verstehen und die Summe im Zweifel selbst zahlen, wenn die Kasse nicht übernimmt. So bekomme das Klinikum am Ende eine höhere Summe erstattet. Nämlich rund 150 Euro für eine Wahlleistung statt 37,50 Euro für den PCR-Test. Er hat die Erfahrung gemacht, dass sich nur wenige bei den MKK beschweren und die Laborleistung erlassen bekommen. Vom Krankenhaus erwartet er eine bessere Informationspolitik: &bdquo;Es wäre sinnvoll, die Patienten zu informieren, dass sie die Beträge nicht zwingend aus eigener Tasche zahlen müssen und Widerspruch einlegen können.“ Was sind Wahlleistungen eigentlich? Während gesetzlich Versicherte meist keine Rechnungen nach Krankenhausaufhalten erhalten, kann das bei privat Versicherten anders sein. Sie können zwischen Wunschleistungen im Krankenhaus wählen. Das geschieht beispielsweise dann, wenn sie von einem speziellen Arzt behandelt werden wollen oder sich für ein Ein- oder Zweibettzimmer entscheiden. Die Kosten für die Wahlleistungen übernimmt der Patient oder auch die Kasse – wenn er eine Zusatzversicherung hat. Es gibt aber auch medizinisch notwendige Krankenhausleistungen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums handelt es sich bei Corona-Tests um solche allgemeinen Leistungen. Würde ein Patient hingegen selbst einen PCR-Test verlangen, wäre das eine Wahlleistung. Wie das Vorgehen bei in der Hausordnung des Klinikums vorgeschriebenen PCR-Tests ist, darüber wird gestritten. Warum ist unklar, wer für die Vergütung der PCR-Tests zuständig ist? &bdquo;Bei der Vergütung der PCR-Tests handelt es sich um eine derzeit strittige Frage“, so Krankenhaussprecher Christian Busse. Nach rechtlicher Auffassung des Klinikums sei der PCR-Test in der Wahlleistungsvereinbarung zwischen Patienten und Krankenhaus enthalten. Die privaten Kassen müssten also für eine solche Wahlleistung zahlen. Einige Krankenkassen sehen das anders, weil das Klinikum den Test vorschreibt statt die Wahl zu lassen. Sie verweigern daher die Erstattung an ihre Versicherten und wollen nur den normalen Regelsatz von 37,50 Euro übernehmen. Den Vorwurf einer Doppelabrechnung, den einige Kassen erheben, weist das Klinikum zurück. Das sei nur der Fall, wenn das Klinikum ein Zusatzentgelt von 37,80 Euro kassiere und ebenso 150 Euro für die Wahlleistung berechnet hätte. &bdquo;Da es bislang keine abschließende Regel des Gesetzgebers gibt, kommt es bei der Abrechnung von PCRs bei Wahlleistungspatienten immer wieder zu Fragen und Unstimmigkeiten zwischen privaten Krankenkassen und Laboren“, betont Busse. Wie reagieren die MKK bei Einsprüchen? Um den Konflikt nicht auf Kosten der Patienten auszutragen, würde das privatärztlich geführte Laborzentrum Weser der Mühlenkreiskliniken entsprechende Rechnungen bei Einsprüchen von privaten Krankenkassen zurücknehmen, so Busse. Aus Sicht des Klinikums wären die Versicherungen allerdings dazu verpflichtet, die Kosten für die PCR-Tests zu übernehmen. Eine klare Regelung scheint es jedoch auch hier nicht zu geben. So hatte ein Mitarbeiter des Klinikums bei einer Betreuten des Sozialpaten auf der Vereinbarung das Feld &bdquo;wahlärztliche Leistungen“ eigenständig durchgestrichen. Dennoch berechnete das Labor den Test später als solche. In einem anderen Fall vertrat die Postbeamtenkasse bei einem Versicherten die Ansicht, dass sie die Kosten rein vorsorglicher Tests nicht übernehmen müsse, auch wenn das Hygienekonzept eines Krankenhauses das vorsehe. Anders sei dies bei symptombedingten Krankheitsverdacht zum Beispiel nach einem positiven Schnelltest. Der Sozialpate kontaktierte das Klinikum und bat um Rückerstattung der Kosten für den PCR-Test (141,70 Euro). Daraufhin verwies das Klinikum im Januar 2022 auf einen Hinweis der Bundesärztekammer: &bdquo;Aus Kulanzgründen verzichten wir ohne Anerkennung einer Schuld auf unsere Forderung und werden den Beitrag zurückerstatten.“ Wie argumentieren andere private Versicherungen? Die Deutsche Beamtenversicherung (DBV) erstattete den Versicherungsanteil für zwei PCR-Tests ebenso nicht und lehnte die Kosten der Beträge im Mai und August ab. Die DBV begründet das so: &bdquo;Werden Krankenhaus-Patienten auf das Coronavirus getestet, zählt das zu den allgemeinen Krankenhaus-Leistungen.“ Den Test müsse die Klinik über ein Zusatzentgelt abrechnen. Erneut intervenierte daraufhin der Sozialpate und teilte dem Klinikum mit, dass die Versicherung nicht zahlen werde. Daraufhin erklärte das Klinikum – ohne Begründung – dass es den Betrag erstatte.“ Auch die Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten (KVB) lehnte die Kostenübernahme für zwei PCR-Tests mit der Begründung ab: &bdquo;Die Leistungen für einen Covid-19-Test sind im Rahmen eines stationären Aufenthalts nicht zuschussfähig, weil sie bereits durch eine Krankenhauspauschale abgedeckt sind.“ Auch hier erstattete das Mindener Klinikum den Betrag zurück, nachdem sich der Sozialpate dafür einsetzte. Was kosten die Tests? Für den PCR-Test im Krankenhaus erhalten die Einrichtungen nach einer Vereinbarung seit dem vergangenen Sommer ein Zusatzentgelt von 37,80 Euro, beim Schnelltest liegt die Summe bei 11,50 Euro. Ansonsten können die Mediziner bei privat Versicherten nach dem Regelhöchstsatz circa 147 Euro für die Labordiagnostik und rund 27 Euro für die Abstrichentnahme beim PCR nach der Gebührenordnung für Ärzte berechnen, so der Verband der Privaten Krankenversicherung. Im Fall eines Antigen-Schnelltests könnten Mediziner für die Labordiagnostik 16,76 Euro verlangen; hinzu kämen ebenfalls rund 27 Euro für die Abstrichentnahme. Ab dem 1. März übernimmt der Bund für präventive Coronatests keine Kosten mehr. Wie gehen andere Krankenhäuser mit Tests und Abrechnungen um? &bdquo;Der Kostenausgleich erfolgt aus unserer Sicht ohne Probleme“, erklärt ein Sprecher vom Klinikum Region Hannover. Anders als bei der Mindener Einrichtung gehen die Mitarbeiter in Hannover direkt auf den Patienten zu: &bdquo;Natürlich träten wir gegebenenfalls bei Nichtausgleich entsprechend des Behandlungsvertrages an den Versicherten heran.“

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