Interview Die Hitze kommt zurück: Bei diesen Beschwerden den Notruf wählen

Herr Wege, bis zu 35 Grad werden im Lübbecker Land erwartet. Gerade für ältere Menschen kann das gefährlich sein. Was passiert eigentlich im Körper bei hohen Temperaturen? Thomas Wege: Die Hitze führt dazu, dass die Körpertemperatur ansteigt. Grundsätzlich wird der Körper versuchen, die Temperatur zu halten. Das geschieht durch Schwitzen. Es bildet sich ein Flüssigkeitsfilm auf der Haut, die sogenannte Verdunstungskälte. Die Haut wird rot, weil viel Blut fließt, um für Abkühlung zu sorgen. Die Gefäße stellen sich weit. Der Körper braucht jetzt viel Flüssigkeit, Salz und Elektrolyte, um nicht zu überhitzen. Was kann im schlimmsten Fall passieren und wer ist besonders gefährdet? Die beschriebenen Regulationsmechanismen funktionieren bei Älteren und auch bei Säuglingen nur eingeschränkt. Wir haben jedes Jahr in Hitzeperioden vor allem ältere Patienten, die mit Kreislaufproblemen und sogar Bewusstlosigkeit oder Nierenproblemen bis hin zu Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus kommen. Sie haben oft eine Körpertemperatur zwischen 38 und 40 Grad. Das kann so schlimm werden, dass die Eiweißstoffe im Blut kaputtgehen und es zu Gerinnungsstörungen kommt. Das kann in einem Nierenversagen enden. Wodurch macht sich ein Hitzschlag bemerkbar und wann muss ich den Notruf wählen? Wenn mein Gegenüber über Schwindel klagt oder einen benommenen Eindruck macht, sollte man alarmiert sein. Die Patienten selbst nehmen die Lage nicht unbedingt so wahr. Wenn körperliche Schwäche oder gar Bewusstlosigkeit hinzukommt, sollte schnellstens ein Krankenwagen gerufen werden. Bis zum Eintreffen sollte die Person in den Schatten gebracht und vorsichtig mit Flüssigkeit versorgt werden, wenn möglich. Auch sollte die Kleidung geöffnet werden, um Luft an den Körper zu lassen. Wie viele Menschen kommen mit einem Hitzschlag ins Krankenhaus? In warmen Monaten ist die Zahl zweistellig. Die Hitze beschränkt sich ja aber meist auf nur wenige Tage. Stichwort trinken: Wie viel und was ist angebracht? Und was gilt für das Essen? Pauschal lässt sich das nicht sagen. Bei gesunden Menschen gilt aber: Bei einer Temperatur von 30 Grad sollte man einen Liter mehr trinken als sonst. Das ist das Minimum. Mit jedem weiteren Grad sollte man noch einen halben bis einen Liter mehr draufschlagen. Für ältere Menschen ist es sinnvoll, sich einen Wecker zu stellen, um sich daran zu erinnern, genügend zu trinken. Denn bei ihnen ist das Durstgefühl nicht da. Am besten ist Wasser oder kühler Tee. Wem Wasser nicht schmeckt, der kann auch zu Fruchtschorlen greifen, am besten dann aber zu ungesüßten. Beim Essen ist natürlich leichte Kost wie Gemüse sinnvoll, in mehreren kleinen Mahlzeiten, nichts Fettiges. Was muss ich sonst beachten? In den Nächten soll die Temperatur ja unter 20 Grad fallen. Da ist es sinnvoll, in der zweiten Nachthälfte beziehungsweise früh morgens die Fenster zu öffnen und durchzulüften. Tagsüber sollte man sich möglichst einen kühlen Rückzugsraum suchen und die Fenster geschlossen halten. Sport oder Einkäufe sollte man auf morgens verlegen, abends ist körperliche Anstrengung wegen der erhöhten Ozonbelastung nicht zu empfehlen. Wie stehen Sie zu Ventilatoren und Klimaanlagen? Ventilatoren sind zu empfehlen, sie kühlen zwar nicht. Sie sorgen aber für einen Luftzug, der den Schweiß kühlt und daher das Schwitzen unterstützt. Klimaanlagen hingegen brauchen viel Energie, sind teuer und die warme Luft muss nach draußen abgeleitet werden. Im Krankenhaus gibt es keine Klimaanlage, außer in den OPs und auf der Intensivstation. Hier kühlen wir den Patienten physikalisch, etwa mit Wadenwickeln. Wichtig ist beim Einsatz von Klimaanlagen, dass sie nicht zu sehr herunterkühlen dürfen, also der Temperaturunterschied nicht zu groß darf und der Luftzug nicht aufs Gesicht ausgerichtet sein sollte, sonst erkältet man sich schnell.

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