Lübbecke. An einer Bushaltestelle direkt am Schulzentrum ist der Startschuss für das „SchülerTicket Westfalen" in Lübbecke und Stemwede gefallen. Frank Haberbosch und Kai Abruszat unterzeichneten Verträge, die ein westfalenweites Reisen für Schüler auch in den Ferien möglich machen.
Das Treffen an der Bushaltestelle kann durchaus als historisch bezeichnet werden. Ab Sommer sollen alle Schüler der weiterführenden Schulen das Ticket erhalten – und das kostenlos. „Bisher hat es immer Ärger gegeben um die Übernahme der Fahrtkosten für die Schule, das ist jetzt vorbei", freute sich der Bürgermeister der Stadt Lübbecke, Frank Haberbosch.
Mit der Einführung des neuen Tickets hätten Lübbecke und Stemwede das Heft des Handelns in die Hand genommen und ein wichtiges Signal zur Stärkung des ÖPNV gesetzt. „Ein Bereich, wo sonst viel geredet und wenig gemacht wird." Ihm sei es deshalb wichtig gewesen, das Ticket den Schülern kostenlos anzubieten. „Wir möchten größtmögliche Mobilität fördern und alle Jugendlichen unserer Stadt teilhaben lassen", machte Haberbosch deutlich.
Als „potenzielle Fahrgäste von morgen" sollen die Schüler für den ÖPNV begeistert werden. Laut Haberbosch wird Lübbecke rund 450.000 Euro jährlich für das Ticket aufwenden müssen (Stemwede etwa 250.000).
"Wir möchten größtmögliche Mobilität fördern"
Ganz ähnlich wie sein Kollege äußerte sich Stemwedes Bürgermeister Kai Abruszat, der auf den Umwelt- und Klimaschutz und den Bürokratieabbau durch das neue Ticket hinwies. „Bisher hat es bei den Entfernungskilometern viel Streit gegeben, da musste teilweise sogar mit einem Rädchen nachgemessen werden", sagte Abruszat. Er empfehle deshalb, die „Schülerfahrtkostenordnung" auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen.
Angesichts der Tatsache, dass Lübbecke und Stemwede die offiziell ersten Teilnehmer des westfälischen Pilotprojekts sind, würde er sich darüber freuen, wenn auch andere Kommunen eine Teilnahme prüfen würden, „wir hoffen auf Nachahmer", gab Abruszat zu verstehen. In Stemwede sei das Projekt von der Verwaltung vorangetrieben worden und habe viel Rückendeckung von allen Akteuren der Gemeinde gehabt. „Es geht bei diesem Ticket auch um die Zukunftsthemen Mobilität und Verbindung von Stadt und Land", machte Abruszat deutlich.
Hochzufrieden war an diesem Morgen auch der Geschäftsführer der OWL Verkehr GmbH, Odilo Enkel. Er lobte das Ticket für seine „Unkompliziertheit" – Ziel sei es, „junge Menschen für den ÖPNV zu gewinnen und an ihn zu gewöhnen". Enkel kann sich auch vorstellen, dass das Papierticket auf dem Smartphone darstellbar ist. „Es wird alles stark vereinfacht, auch um die Kosten nach unten zu fahren".
Ziel sei ein „kostenoptimierter Verkehr", sagte Enkel und sprach von einer „Win-Win-Situation für die Betriebe und die Kunden". Er habe „viel Herzblut" in das Projekt gesteckt, meint auch Johannes Marg, Geschäftsführer der MKB-Mühlenkreis-Bus GmbH, „uns war es wichtig, dass die jungen Menschen mitgenommen werden und ihre Einstellung ändern". Das neue Ticket soll „frischen Wind" in die Busnutzung bringen und dafür sorgen, dass die Busse auch außerhalb der Stoßzeiten voller werden.
Junge Menschen sollen beim Thema Mobilität an ÖPNV denken
Gestemmt wird das Pilotprojekt „SchülerTicket Westfalen" von den Verkehrsunternehmen und den Aufgabenträgern (Kreise, kreisfreie Städte) des Westfalen-Tarifs. Bis 2024 sollen neue Ticketmodelle getestet werden, das Projekt selbst wird durch einen Gutachter und einen Arbeitskreis begleitet. Schüler weiterführender Schulen erhalten die Tickets kostenlos – und zwar unabhängig davon, ob ein Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten besteht oder nicht. Allerdings muss der Schulträger vorher einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet haben.
Das Ticket gilt ganztägig in Bussen und Nahverkehrszügen im gesamten Raum des Westfalen-Tarifs und auch in den Ferien. Ab Sommer sollen die Karten von der dafür zuständigen OWL Verkehr GmbH ausgegeben werden. Zukünftig sollten junge Menschen bei Mobilität an ÖPNV denken und nicht an das Auto, sagte der Geschäftsführer der Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft, Achim Overath. „Wir müssen erreichen, dass sie mit dem System ÖPNV vertrauter werden."
Die Schüler sind meistens sehr freundlich
Busfahrer Waldemar Olenburger fährt die Schüler jeden Morgen von ihrer Haltestelle bis zur Schule. „Das ist eine große Verantwortung", sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Freude mache ihm die Arbeit dennoch. „Die Schüler sind meistens sehr freundlich, es kommt eben darauf an, wie man sie anspricht", hat er beobachtet.
Kein Problem gebe es auch mit den AHA-Regeln, also Maske und Abstand. Dass es nur wenig Nachwuchs gibt, führt Olenburger auf das relativ schmale Gehalt zurück, die Einführung des neuen Tickets sieht er positiv. Es würde ihn freuen, wenn die Busse noch besser ausgelastet wären. Seit vielen Jahren sei er Busfahrer, sagt Olenburger: „Und ich fahre immer noch sehr gerne."