Bad Oeynhausen/Herford. Die Zeugen waren vergeblich gekommen. "Wir brauchen Sie heute nicht", sagte Richter Burkhard Fleer nach kurzer Verhandlung zu drei leitenden Mitarbeitern der Median-Kliniken. Den Beteiligten war klar, was das bedeutet: Der Versuch der Klinik-Gruppe, ihren langjährigen Betriebsrat Roland Thomae durch eine Kündigung loszuwerden, war gescheitert.
Der Fall hatte bereits im Vorfeld hohe Wellen geschlagen. Thomae, gelernter Koch, seit 1997 Betriebsrat der Reha-Klinik Quellenhof, aktiver Gewerkschafter, Mitglied der Verdi-Tarifkommission, war mit dem Dienstantritt eines neuen Verwaltungsdirektors in 2007 plötzlich in Ungnade gefallen. Dieser hatteEnde 2008 eine Dorstener Detektei eingeschaltet, durch deren mehrmonatige Aktivitäten nach Thomaes Bericht auch die Ehefrau und der vierjährige Sohn drangsaliert worden seien.
So hätten die Detektive Kontroll-Anrufe bei der Familie getätigt, an derHaustür nach dem Hausherrn gefragt und ihn im Pkw verfolgt. "Psycho-Terror, Stasi-Methoden", urteilte im Gerichtssaal ein Verdi-Funktionär. "Ich schaue mich bis heute immer wieder um, ob jemand hinter mir her ist", sagt der Verfolgte.
Was die Detektive zusammentrugen, sollte Grundlage für eine außerordentliche Kündigung des Bespitzelten werden. Als der Betriebsrat die von ihm verlangte Zustimmung "mangels jeglicher Argumente" verweigerte, zog die Geschäftsführung vor das Arbeitsgericht Minden. Dort sind jedoch sowohl Thomae als auch sein Gegenüber Andreas Finkel als ehrenamtliche Richter tätig. So erklärten die dortigen Richter sich für befangen und der Fall kam vor das Herforder Arbeitsgericht. Dort wurde er gestern vor großem Publikum verhandelt.
Dabei kam das von den Detektiven ermittelte vermeintliche "Fehlverhalten" (angeblich falsch abgerechnete Dienstfahrten im Umfang von 11,20 Euro) gar nicht mehr zur Sprache. Dafür führte die Klinikleitung jetzt drei weitere Dienstfahrten aus dem Jahr 2007 sowie regelmäßige "Freitagsfahrten" ins Feld.
Rechtsanwalt Thomas Springer benötigte allerdings nur drei Sätze und ein Protokoll für seine Entgegnung. Die drei Fahrten hätten der Teilnahme an unter Vorsitz eines Arbeitsrichters stattfindenden Sitzungen der Einigungsstelle gegolten. Und die "Freitagsfahrten" führten ihn zu den verschiedenen Standorten der von ihm betreuten Klinikgruppe. Springer: "Das macht er seit vielen Jahren so - und nie ist es beanstandet worden."
Ob der Arbeitgeber in die nächste Instanz geht, ließ Finkel auf Anfrage der NW offen. Die massiven Vorwürfe seines Betriebsrats ließ er unkommentiert. Das vor Monaten gegen ihn erlassene "Hausverbot" für private Aktivitäten in Klinikräumen bleibe bestehen.
Thomae will seine Arbeit als Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat fortsetzen. Allerdings habe die Affäre ihn und seine Familie stark mitgenommen: "So etwas macht krank." Sein Rechtsanwalt bereitet Schmerzensgeldklagen gegen die Klinik vor.