Bad Oeynhausen Darum kostet eine kleine Rutsche am Kurpark stolze 20.000 Euro

Bad Oeynhausen. Eine Rutsche für 20.000 Euro? Zahlreiche NW-Leser haben die Meldung gelesen - und für eine Zeitungsente gehalten. "Da ist doch eine Null zu viel", schreiben Leser an die Redaktion mit einem Augenzwinkern. Und auch in der Redaktion runzelten bauerfahrene Kollegen zunächst die Stirn. Sicher, die Preise haben angezogen. Doch hier geht es nicht um den Bau eines Einfamilienhauses oder einer Stahlbrücke, die nach jedem Telefonat (gefühlt) eine Million Euro teurer wird, sondern um eine Kinderrutsche. Im Internet gibt's das Teil doch schon für 200 Euro, oder? Ganz so einfach ist es nicht. Die NW hat sich die Kosten aufschlüsseln lassen und einen Holz-Experten um Rat gefragt. Das neue Spielgerät ist inzwischen fast fertig. Seit Wochen steht es in einem Käfig aus Bauzaungattern. Zahlreiche Kinder auf dem Spielplatz können die neue Rutsche sehen, aber nicht benutzen. "Der Spielplatz ist toll", sagt Justina, während sie auf dem Klettergerüst am Kurparkeingang mit Geschwistern und Cousine herumkraxelt. Die Erweiterung des Spielangebots wird offenbar sehnsüchtig erwartet. Dabei ist die Rutsche nicht besonders lang oder rasant geformt. Das Kinderspielgerät ist 4,70 Meter lang, 3,25 Meter hoch und 3,70 Meter breit. Wann der Bauzaun wegkommt, weiß Stadtsprecherin Kerstin Vornheder noch nicht. Aber auf Nachfrage der NW erläutert sie die Baukosten. Die gute Nachricht vorweg: Das Spielgerät ist doch etwas billiger geworden als zunächst gedacht. "Unterm Strich sind es brutto 18.772 Euro", sagt Vornheder. Das ist aber trotzdem eine Stange Geld, wenn man die Baumarktangebote zur Grundlage nimmt. Vergleichbare Holztürme mit Rutsche werden schon für ein Zehntel des Preises angeboten. Das Holz muss hart, aber heimisch sein Aber für diesen Preis gibt's die Rutsche nur in Einzelteilen und einige davon sind aus Plastik. Die Kurpark-Rutsche ist aus Metall, der Turm aus Holz, und zwar aus Robinie. Die Stadtverwaltung hat sich beim Bau des Kurpark-Spielplatzes dazu verpflichtet, nur Spielgeräte zu verwenden, die vorwiegend aus Holz gemacht worden sind. Und für den Außenbereich wird ein besonders witterungsbeständiges, hartes Holz benötigt. Wenn das kein Tropenholz sein soll, fällt die Wahl auf Robinie. Und das gibt's nicht so oft. Das Spielgerät selbst schlägt mit 4.900 Euro zu Buche, erläutert Vornheder. Lieferung und Montage kosten weitere 3.433,75 Euro. Die Rutsche wird von einer Firma geliefert und montiert, die sich mit den gesetzlichen und technischen Anforderungen für Kinderspielplätze auskennt. Normen und Sicherheitsvorschriften sind streng geregelt. Das erfordert besondere Sorgfalt und besonderes Wissen. Und auch das schlägt sich im Preis nieder. Bei einer Baumarktrutsche, die von der Familie selbst zusammengeschraubt und in den privaten Garten gestellt wird, werden diese Vorschriften eher nicht beachtet. Das Teuerste an dem neuen Spielgerät aber sind die Tiefbauarbeiten. Sie machen 9.900 Euro aus. Dazu gehören nach Angaben von Vornheder die Vor- und Nacharbeiten rund um die Rutsche. Arbeiter haben den Boden unter den Bäumen des denkmalgeschützten Kurparks ausgekoffert, eingelagert und garantiert, dass die Wurzeln der umstehenden Bäume dabei nicht verletzt werden. Dann wurden die Betonfundamente für die tragenden Teile der Konstruktion gegossen, das Spielgerät darin verankert und als letztes ein Fallschutz aus Holzhackschnitzeln aufgeschüttet. Und als allerletzten Posten auf der Endabrechnung stehen für die sicherheitstechnische Erstabnahme des Spielgeräts durch einen qualifizierten Gutachter weitere 400 Euro auf dem Zettel. Das macht zusammen 18.633,75 Euro. Wohin die zu den 18.772 Euro Gesamtkosten noch fehlenden 138,25 Euro fließen, blieb zunächst ungeklärt. Fürs gleiche Geld gäbe es zum Beispiel einen fast neuen Elektro-Kleinwagen von Dacia oder eine mittelgroße Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus. Das sagt der Holz-Experte Christoph Schormann vom Atelier für Holzbau kennt sich aus mit den Preisen für Holz. Die Rutsche hat er zwar nicht gesehen, doch als er die Kostenkalkulation hört, stimmt er zu. "Robinie", sagt Schormann, "ist unheimlich schwer zu bearbeiten und sauhart." Man brauche schon einige Übung, um aus dem meist schiefen und krummen Rohmaterial gerade Bretter herauszuarbeiten. "Die Qualität ist aber hoch." Das Holz sei für den Einsatz auf Kinderspielplätzen bestens geeignet. Das Atelier für Holzbau baut zwar keine Kinderspielgeräte, arbeitet aber viel für Kindergärten in der Region und kennt deshalb die strengen Normen und Sicherheitsvorschriften. "Das ist schon ein Aufwand", sagt Christoph Schormann. Die hohen Kosten fürs neue Spielgerät am Kurpark schockieren den Zimmermann also nicht. Auch nicht für den Tiefbau. Beim Preis spielten viele Faktoren rein. Die Kostenrechnung deckt sich mit seiner Berufserfahrung: "Bauen ist in den letzten Jahren immer teurer geworden."

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