Bad Oeynhausen/Löhne Starkregen-Risiko: Diese Grundstücke sind besonders gefährdet

Bad Oeynhausen/Löhne. Nach großer Hitze kommt meistens starker Regen. Auf diese Wetter-Regel ist ziemlich sicher Verlass. Die vergangenen Tage haben das bestätigt, auch wenn es zum Glück kein Unwetter gab. Bei einem besonders ausdauernden Platzregen können aber kleine Bäche in Windeseile zu reißenden Strömen anschwellen - und alles zerstören, was sich ihnen in den Weg stellt. Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (Vermessungswesen) hat wegen der Ahrtal-Katastrophe mit 186 Toten, Verletzten und Schäden in Milliardenhöhe erstmals eine Karte für NRW veröffentlicht, in der alle Hausbesitzer die Starkregen-Risiken für ihr Eigentum erkennen können. Was zeigt die Karte? Zahlreiche Senken in Bad Oeynhausen und Löhne werden bei heftigem Starkregen womöglich zu tiefen Teichen. Die Bahndämme von Südbahn und Nordbahn wirken im Werretal laut Kartenmodell des Bundesamtes wie Staudämme. Das Regenwasser würde sich zum Beispiel vor den Durchlässen am Mittelbach, am Osterbach und am Borstenbach stauen und zahlreiche Häuser unter Wasser setzen. Manche Straßenkreuzungen wären im Katastrophenfall wohl nur noch mit dem Boot befahrbar. Selbst Schienenwege wären betroffen. Die Nordbahn stünde in Melbergen am Osterbach kurz vor der Stadtgrenze zu Bad Oeynhausen unter Wasser. Und der Borstenbach würde in Rehme an der Oberbecksener Straße wohl ebenfalls die Eisenbahn wässern. Betroffen wären im Extremfall in beiden Städten außerdem wohl auch Gebäude der hauptamtlichen Rettungs- und Feuerwehrwachen. In Löhne stünde das Becker Kreuz wohl noch tiefer unter Wasser als beim Pfingsthochwasser 1997. Und in Bad Oeynhausen wäre die Feuerwache sogar eine Insel, die von einem ein bis zwei Meter tiefen Gewässer umspült würde. Das sind Katastrophenszenarien. Die Kartenmacher haben sie entworfen, weil sie es am Computer überall gleichzeitig, heftig und ausdauernd Regnen lassen können. Das Ergebnis ist eine Simulation, die die schlimmsten Auswirkungen wie einen Schnappschuss abbildet. Die Karte zeigt die Katastrophe quasi auf ihrem Scheitelpunkt und gibt damit den möglicherweise entscheidenden Hinweis zum Starkregen-Risiko mit maximalen Wassertiefen und höchsten Strömungsgeschwindigkeiten. Das Bundesamt liefert dafür zwei Szenarien: eins für seltenen Starkregen und eins für extremen Starkregen, bei dem mehr als 90 Liter Wasser in der Stunde auf einen Quadratmeter fallen. Bei der Ahrtal-Katastrophe sind stellenweise sogar 150 Liter Regen gemessen worden. Wie genau ist das Modell? Die Karte der Regenmacher vom Bundesamt zeigt nicht jedes Detail, auch wenn die Berechnungen bis auf einen Quadratmeter genau sind. Manche Durchlässe in den Bahndämmen sind womöglich größer - oder enger - als in der Computersimulation angenommen. In beiden Städten sind zudem in der Vergangenheit viele Hunderte Meter von Bachläufen renaturiert und aufgeweitet worden. Die Bäche haben längst mehr Spielraum bekommen als in der Simulation angenommen. Außerdem sind in beiden Städten Regen- und Abwasserkanäle teilweise neu gebaut und den Starkregen-Risiken bereits angepasst worden. Beide Städte haben deshalb eigene Starkregenrisikokarten in Auftrag gegeben, die diese Ungenauigkeiten beheben sollen. Eckhard Nolting von der Stadt Bad Oeynhausen verweist auf Erfahrungen aus dem Pfingsthochwasser 1997. Der Borstenbach zerstörte Wohnhäuser, Straßen und Brücken. Daraus hat die Stadt gelernt und zahlreiche Engstellen aufgeweitet, Durchlässe erneuert und Regenwasser-Rückhaltebecken angelegt, von denen die Computersimulation des Bundes nichts weiß. Außerdem wurde jüngst erst auf der Steinstraße wegen der Bahn-Baustelle auch der Abwasserkanal erneuert und angepasst. Das Regenwasser staut sich hier womöglich nur noch in der Simulation rings um die Feuer- und Rettungswache. Linda Kodytek von der Stadt Löhne kann auf vergleichbare Maßnahmen verweisen. Erste Ergebnisse fürs Starkregenrisikomanagement will Löhne bereits im kommenden Herbst vorstellen. In Bad Oeynhausen gibt's Ergebnisse erst im Jahr 2024. Die Kurstadt bettet ihr Starkregenmanagementkonzept in einen noch größeren Zusammenhang der Klimafolgenanpassung bis 2030. Für die Karten beider Städte werden sämtliche Durchlässe in Bahndämmen, Autobahnen, die Durchmesser von Verrohrungen und die Renaturierungsmaßnahmen eingerechnet. Die örtlichen Karten sollten deutlich präziser sein und zudem Fließrichtungen anzeigen, was auf der Bundeskarte fehlt. Was ist mit Hochwasser an Werre und Weser? Weite Flächen der Nachbarstädte sind blau eingefärbt. Angaben zum Hochwasser von Werre und Weser fehlen in der Karte jedoch. Das ist ein echtes Manko der Karte. Hausbesitzern dürfte egal sein, ob ihnen die Werre oder der Osterbach durchs Wohnzimmer fließt. Aus Sicht der zuständigen Behörden jedoch sind Hochwasser und Starkregen zwei unterschiedliche Probleme. Für Hochwasser gibt es bereits entsprechende Risikokarten, die von der Bezirksregierung Detmold veröffentlicht wurden. Die Starkregenrisikokarte für NRW basiert auf einer anderen Simulation. Zur Vorbereitung auf den Katastrophenfall müssen Hausbesitzer also beide Karten - derzeit noch getrennt voneinander - betrachten. Für Bad Oeynhausen ist dieses Manko mit Blick auf den Karbach besonders ärgerlich. Auf der Karte vom Bundesamt geht vom Karbach praktisch gar kein Risiko aus. Das ist jedoch ein Trugschluss, wie die Starkregenereignisse der vergangenen Jahre gezeigt haben. Die Stadt Bad Oeynhausen bemüht sich seit Jahren, das Bachbett zu verbreitern und den Flusslauf zu renaturieren. Aus Sicht der Computersimulation gehört der Bach offenbar jedoch zur Werre und damit offenbar auch in eine andere Untersuchungssystematik. Nolting geht deshalb davon aus, dass die Karte an dieser Stelle das Starkregenrisiko unterschätzt. Welche Folgen hat die Veröffentlichung? Die Karte liefert Hinweise auf Risikogebiete. Eine Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen ergibt sich aber nicht daraus. Allerdings tragen Eigentümer Verantwortung für ihre Grundstücke. Sie können anhand der Karte selbst im Internet prüfen, wie hoch ihr Starkregenrisiko ist und ob sie eine wasserdichte Kellertür einbauen, Sandsäcke für den Fall der Fälle vorbereiten oder eine Elementarversicherung abschließen. Versicherungsagenten werden wohl ebenso wie Hauseigentümer auf das öffentliche Kartenmaterial schauen, was womöglich dazu führt, dass einige Hauseigentümer oder solche, die es werden wollen, gar keine Versicherungspolicen für Starkregengefahrengebiete abschließen können. Verbote zur Flächenversiegelung ergeben sich jedenfalls nicht aus der Karte. Das geplante Wohngebiet an der Ellerbuscher Straße in Löhne-Obernbeck zum Beispiel ist laut Bundesamt für Kartographie Starkregenrisikogebiet. Wer hier wohnt, muss mit nassen Füßen rechnen, sofern kein Schutz gebaut wird. Auf die Frage, wie sinnvoll ein Neubaugebiet ausgerechnet im Starkregenrisikogebiet ist, gibt die Karte keine Auskunft. Der Link zu den Hochwasserrisikokarten: https://www.bezreg-detmold.nrw.de/wir-ueber-uns/organisationsstruktur/abteilung-5/dezernat-54/hochwasser-gefahrenkarten-nrw-1 Der Link zur Starkregengefahrenhinweiskarte: https://geoportal.de/Info/8CFE8DEE-CDB7-44E2-BF54-4049F8464789

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