Bad Oeynhausen Wie das Rathaus beim Fahrradparkhaus in Bad Oeynhausen getrickst hat

Bad Oeynhausen. Das Verkehrsministerium des Landes NRW hat der Kurstadt eine schöne Stange Geld für den Bau des neuen, rund eine Million Euro teuren Fahrradparkhauses überwiesen. Etwa die Hälfte der Baukosten hat das Land NRW und damit der Steuerzahler übernommen. Eine der Bedingungen für die 482.400 Euro Fördergeld aus Düsseldorf war jedoch die Beteiligung des Behindertenbeirats am Bauprojekt. Und zwar vor der Bewilligung des Antrags. Die Hürden dafür lagen nicht besonders hoch. Es hätte gereicht, wenn die Stadt dem Land in einem Aktenvermerk bestätigt, dass der Behindertenbeirat zum Bauprojekt angehört worden ist. Dieser Beirat existiert in Bad Oeynhausen bereits seit 1999. Doch diesen Vermerk gibt es nicht, weil es zum Bau des Fahrradparkhauses keine Anhörung des Behindertenbeirats gegeben hat. NW-Leser haben vor einigen Wochen die geringe Zahl von Behindertenparkplätzen im Fahrradparkhaus kritisiert. Außerdem bemängelten sie die steile Rampe ins Obergeschoss und die Enge der Fahrradparkplätze. Die Vorsitzende des Behindertenbeirats Marion Schütz hat sich der Kritik angeschlossen und außerdem klargestellt, dass der Beirat anders als das zunächst von der Stadtverwaltung kommuniziert wurde, nicht zu dem Bauprojekt gefragt worden sei. Stadtpressesprecher Volker Müller-Ulrich bestätigte das auf Nachfrage. Die Verwaltung habe aber eine Stellungnahme der Schwerbehinderten-Vertretung im Rathaus zu dem Bauprojekt eingeholt. Diese Unterlagen müssen vorliegen Städte und Gemeinden, die Geld aus dem Fördertopf "Nahverkehr" haben wollten, mussten sich allerdings an bestimmte Regeln halten. In der neun DIN-A4-Seiten starken Richtlinie zum Fördertopf steht unter dem Punkt "Zuwendungsvoraussetzungen" wörtlich: "Es müssen folgende Unterlagen vorliegen." Und zu den Unterlagen, die vorliegen "müssen" - nicht dürfen, sollen oder können - gehört "ein Vermerk über die Anhörung der/des Behindertenbeauftragten oder über die Beteiligung von Organisationen, die die Interessen von Menschen mit Behinderung vertreten (Behindertenbeiräte, anerkannte Verbände)". Die Stadt Bad Oeynhausen fragte stattdessen aber im eigenen Haus bei der Schwerbehindertenvertretung nach, was sie vom Fahrradparkhaus hält und fügte die Antwort dem Förderantrag bei. Der Bezirksregierung Detmold, die den Antrag prüfte, reichte das. Dabei ist die Schwerbehindertenvertretung (SBV) des Rathauses bloß für die Belange von Schwerbehinderten der Stadtverwaltung zuständig - und nicht für die Belange von Behinderten in ganz Bad Oeynhausen. Die SBV ist ein Organ der Mitbestimmung. Die Einzelheiten regelt das Sozialgesetzbuch. Ihre Aufgabe ist die Eingliederung schwerbehinderter Menschen ins Arbeitsleben. Auf Nachfrage der NW im Verkehrsministerium antwortet überraschenderweise die Bezirksregierung Detmold mit einer schriftlichen Interpretation der Förderrichtlinien. Demnach habe die Stadt Bad Oeynhausen "ersatzweise eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung und damit eines sowohl örtlich als auch inhaltlich sachkundigen Vertreters/Gremiums vorgelegt", schreibt die Sprecherin der Bezirksregierung Detmold, Juliane Fröhling. Die SBV habe zudem "bestätigt, dass die technischen Regelwerke zur Barrierefreiheit eingehalten sind." Die Förderrichtlinien schreiben Zustimmung allerdings gar nicht vor. Weder ein Behindertenbeauftragter noch der Behindertenbeirat muss demnach dem geförderten Bauvorhaben zustimmen. Für das Fördergeld aus Düsseldorf würde es reichen, Kritik anzuhören und zu den Akten zu heften. Dass die Schwerbehindertenvertretung dem Projekt sogar ausdrücklich zugestimmte, steht nun im Widerspruch zum - nachträglichen - Votum der Vorsitzenden des Behinderten-Beirats. Für die Prüfung in Detmold war das offenbar egal. "Gemäß der Förderrichtlinie ist diese Stellungnahme als Zuwendungsvoraussetzung ausreichend", schreibt die Sprecherin der Bezirksregierung. "Das geht uns quer runter" Das Fahrradparkhaus wurde als Teil des Bahnhofumbaus erstmals im Ausschuss für Stadtentwicklung öffentlich vorgestellt. Marion Schütz, die Vorsitzende des Behindertenbeirats, gehört diesem Gremium zwar an, fehlte in der Sitzung aber entschuldigt. Auf Nachfrage vergleicht sie den Bau des Fahrradparkhauses mit dem Bau des Sielbads. Während Stadtwerke-Vorstand Andreas Schwarze mehrfach mit dem Behindertenbeirat über die Baupläne gesprochen und Anregungen aufgenommen habe, sei beim Parkhaus gar nichts geschehen. Konsequenzen hat die Trickserei der Stadtverwaltung mit dem Ersatz-Vermerk offenbar keine. Die Stadt habe "alle Zuwendungsvoraussetzungen in ausreichendem Maße erfüllt", schreibt die Sprecherin der Bezirksregierung: "Der Bewilligungsbescheid ist somit rechtmäßig." Weder Detmold noch Düsseldorf fordern Geld zurück. Marion Schütz findet diese Antwort "formaljuristisch okay". Das Fahrradparkhaus sei grundsätzlich eine super Sache. "Wir als Beirat hätten aber erwartet, dass die Stadt uns besser einbindet", sagt Schütz, "sonst fragen wir uns wirklich, wofür wir da sind. Das geht uns quer runter." So stellt das Land behindertengerechte Nahmobilität sicher Auf die Frage der NW, wie das Land Nordrhein-Westfalen sicherstelle, dass Landesmittel zur Nahmobilität behindertengerecht eingesetzt werden, antwortet das Verkehrsministerium - mit einem Hinweis auf die Förderrichtlinien. Den Antragsunterlagen sei eine Auflistung der Maßnahmen zur Barrierefreiheit und ein Vermerk über die Anhörung beizufügen. "Die Bezirksregierungen, als zuständige Bewilligungsbehörden, haben vor Bewilligung das Vorliegen aller Unterlagen und die Einhaltung der Förderrichtlinien zu prüfen." Darüber hinaus habe das Land einen verbindlichen Leitfaden zur Barrierefreiheit im Straßenraum durch den Landesbetrieb Straßenbau herausgebracht: "Dieser Leitfaden wird allen Kommunen zur Anwendung empfohlen."

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