Bad Oeynhausen Zu teuer: Die Kurstadt bleibt ohne Parkleitsystem

Bad Oeynhausen. Die Nachbarstadt Porta hat ihr Kaiser-Wilhelm-Denkmal und die dazugehörigen Parkplätze ganz wunderbar ausgeschildert. Neumünster in Schleswig-Holstein schafft es ebenfalls, die Besucher nicht nur zum Outlet-Center auf die grüne Wiese zu lotsen, sondern sie auch in die Innenstadt zu leiten. Und Bad Oeynhausen? Dort hat einzig und allein der Werre-Park ein Parkleitsystem. Und das wird vorerst auch so bleiben. Denn der Rat beschloss am Mittwochabend, das Thema erneut zu vertagen. CDU und Grüne sehen weiteren Beratungsbedarf. Auch ist ihnen die dynamische Beschilderung mit rund 600.000 Euro zu teuer. Stadtwerke-Vorstand Andreas Schwarze und Planer Harald von Lübke vom Planungsbüro SHP-Ingenieure aus Hannover sollen nun das System abspecken. Wie und ob und wann es an den Start geht - ungewiss. Das Dichterviertel ist Tag für Tag zugeparkt, die Parkhäuser sind leer und entlang der innenstädtischen Straßen quetschen sich überdimensionierte Autos auf zu schmalen Parkstreifen - dem Parken in der Kurstadt fehlt ein Konzept, ein Leitsystem. Die Erkenntnis ist alt. Seit 2010 beschäftigten sich zunächst der Rat und dann die Stadtwerke mit der Erstellung eines "Parkraumbewirtschaftungskonzeptes". So wollte der Rat zunächst sehr viel, die Einnahmen aus dem ruhenden Verkehr steigern, die Parkhäuser auslasten und die Innenstadt beleben. Ersteres hat man nach fünf Jahren anno 2015 dann zu den Akten gelegt. Um schließlich das ganze Thema den Stadtwerken (SBO) als Betreiberin der Parkhäuser und Tiefgaragen zu übertragen. Erbmasse aus 2017 Und dort hat es schon der jetzige Vorstand Schwarze 2017 von seinem Vorgänger Christoph Dörr übernommen. Im Frühjahr 2019 stellten die Stadtwerke eine Lösung in Aussicht. Sie präsentierten ein von von Lübke erarbeitetes Parkraumbewirtschaftungskonzept. Schon damals machte Stadtwerke-Geschäftsführer Andreas Schwarze klar, dass es mit der (mittlerweile erfolgten) Einführung des Handy-Parkens oder der Brötchentaste nicht getan sein könne. Nur ein umfassendes Parkleitsystem könne die Bewirtschaftung verbessern und auch Auswärtigen ein &bdquo;Willkommensein-Gefühl“ vermitteln. Mit coronabedingter Verzögerung wurde das Leitsystem erst im Herbst 2021 im Verwaltungsrat der Stadtwerke vorgestellt - dessen Mitglieder (allesamt übrigens auch im Rat vertreten) waren begeistert und empfahlen dem Rat, die Schilder zu beauftragen. "Der nächste Schritt ist die Detailarbeit", machte Harald von Lübke Mittwochabend den Ratsmitgliedern in seinen Ausführungen klar. Und dafür brauche es einen Beschluss. Denn Bad Oeynhausen habe, so der Fachmann, ausreichend Stellplätze für Besucher - die aber teilweise nicht bekannt und nicht gut zu finden seien. "Die freien Kapazitäten ziehen sich durch alle großen Anlagen." Im Gegenzug sei in den Straßen immer alles dicht. Weshalb ein neues dynamisches Leitsystem zu den fünf großen Parkplätzen und Parkhäusern führen soll. Im gleichen Zug sollen die Parkhäuser umbenannt werden, so dass sie nicht nur für Einheimische einen Wiedererkennungswert haben und auch Ortsfremde mit der Bezeichnung Innenstadt, Bahnhof, Kurkliniken oder auch Kurpark etwas anfangen können. Dynamische Parkleitwegweiser könnten, so von Lübke, nicht nur Restplätze anzeigen, sondern auch auf besondere Veranstaltungen hinweisen und den Verkehr zum Beispiel für Großveranstaltungen sinnvoll leiten. Rund 600.000 Euro soll das System kosten, die jährlichen Folgekosten lägen bei 15.000 Euro. Wieder eine Rolle rückwärts Mittwochabend aber machte der Rat die Rolle rückwärts. Wieder einmal traf die Politik in der Kurstadt keine Entscheidung, sondern vertagte ein Thema. Den Reigen der Kritiker eröffnete Reiner Barg (BBO): "Passt denn ein Parkleitsystem noch zur Verkehrswende?", fragte er, um gleich selbst die Antwort zu liefern. Nein passe es nicht, urteilte Barg. Wo doch alle aufs Rad umsteigen oder den ÖPNV nutzen sollten. "Da gilt es doch, Parkraum zurückzubauen", forderte Barg. Es tauchten Fragen auf nach der Effizienz eines solchen Systems, es gab die Aussage, dass auch beleuchtete Blumenarrangements Besucher empfingen, es gab Kritik an den hohen Stromkosten für die Schilder und den Hinweis von Ingrid Schley (Grüne), dass sie das neue Parkhaus am Hockeyplatz in der Präsentation vermisse. "Oh, das höre ich zum ersten Mal", horchte Harald von Lübke auf. "Darauf hat mich bisher noch gar keiner hingewiesen." Lob gab es zumindest von Henning Bökamp (FDP): "Wir sind eine Kurstadt und damit eine Touristenstadt. Und eine vernünftige Parkleitung lädt zum Wiederkommen ein", erklärte er. Doch auch er frage sich, ob es diese vorgestellte Größe der Beschilderung brauche. Und Volker Brand (Grüne) betonte: "Ein solches Leitsystem macht nur Sinn, wenn wir die Parkplätze entlang der Straßen radikal reduzieren und nur Anwohnerparken zulassen. Aber dafür braucht es Mut." Silke Nolting (CDU) beschrieb das Parken in Bad Oeynhausen als sehr unattraktiv, vor allem abends gebe es kein Sicherheitsgefühl. "Aber der Sültebusch muss der Sültebusch bleiben. Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. Ein Parkhaus Innenstadt gibt es überall." Nur die SPD stimmte dafür Es war letztlich Kurt Nagel (CDU), der für seine Partei und den Koalitionspartner Grüne Beratungsbedarf anmeldete. Die Kosten, so Nagel (der übrigens auch Mitglied des Verwaltungsrates der Stadtwerke ist), seien nicht unerheblich. Auch habe ein solches System keine Eile: "Wir haben momentan sowieso überall Baustellenblockaden - da hilft auch kein Parkleitsystem." Einzig die SPD blieb bei ihrer Linie. "Wir sollten das jetzt beschließen, damit die Stadtwerke es endlich umsetzen können", forderte Fraktionsvorsitzender Olaf Winkelmann. Doch letztlich beschlossen die Ratsmitglieder mit 35 Ja-Stimmen, 9 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen, das Parkleitsystem an die Stadtwerke zur Abspeckung zurückzugeben. Eine Vernunftsentscheidung nennt das Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU). Seit der Verwaltungsratssitzung im Herbst habe sich die Finanzlage verschlechtert, die Preise seien gestiegen, viele andere Projekte teurer geworden, da könne sich Bad Oeynhausen es sich nicht leisten, 600.000 Euro für ein Parkleitsystem auszugeben. "Kommen wird es, kommen muss es, keine Frage - aber nicht in der vorgestellten Maximalvariante", betonte Bökenkröger auf Nachfrage der NW. Auch abgespeckt werde es trotzdem schick. "Es gibt keinen akuten Handlungsbedarf, die Zeit sollte man sich also nehmen", erklärte das Stadtoberhaupt, das vor einigen Wochen noch im NW-Interview die fehlende Entscheidungsfreude des Rates bemängelt hatte.

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