Freie Ackerfläche gespendet: Gärtnern als Ablenkung vom Krieg

Bad Oeynhausen. "Man gibt einfach." Mit diesen Worten kommentiert Wilhelm Sundermeyer seinen Einsatz. Mehr Worte braucht es seiner Meinung nach nicht. Denn Landwirt aus dem Wöhren hat 300 Quadratmeter seines Ackerlandes abgetrennt und stellt diese Fläche ukrainischen Flüchtlingen zur Verfügung. Die können dort gärtnern. Auch Gartengeräte, Wasser und Wildschutzzäune stellt Sundermeyer zur Verfügung. Um den Frauen und Kindern, die derzeit im Berghotel Lutter Egge untergekommen sind, Abwechslung zu bieten. "Das hier ist ein Ruheplatz für unsere Gäste", ist Sergej Löwen überzeugt. Der Inhaber des Berghotels hat wie berichtet seine Unterkunft geschlossen und aktuell 90 Flüchtlinge aus der Ukraine in seinem Haus untergebracht. Wilhelm Sundermeyer hat schon gleich nachdem er von den in seiner Nachbarschaft untergekommenen Flüchtlingen erfahren hat, Milch gespendet und schnell bei der Versorgung geholfen. Der Nebenerwerbs-landwirt ist einer der letzten drei Milchviehhalter in Bad Oeynhausen und schon deshalb eine Faszination für die Gäste aus der Ukraine. Und so zögerte Sundermeyer auch nicht, ein Stück Land abzutreten. "Ich habe die 10 mal 30 Meter aus dem Agrarausgleich rausgenommen", erklärt er. Auch mit einem Elektrozaun umzäunt hat Sundermeyer das Stück Land. "Wir haben hier ein Wildschweinproblem. Und auch noch Rehe", sagt er. Der Zaun sei aber kein Problem, da das Maisfeld direkt angrenzend ebenfalls eingezäunt werde. "Wir werden uns revanchieren" Ganz gerührt über dieses Engagement des Landwirtes ist Sergej Löwen. "Wir werden uns revanchieren", verspricht er. "Vielleicht muss der Stall gestrichen werden oder Ähnliches." Denn für die Flüchtlinge aus der Ukraine sei die Gartenarbeit willkommene Abwechslung. "Ablenkung, Beschäftigung, Ruheplatz", zählt Löwen auf. "Das Haus oben ist sehr voll - da ist ein solcher Rückzugsort viel wert." In kürzester Zeit sind die Frauen und Kinder zu Fuß am Garten, haben schon ausgesät, wässern, ummanteln erste Pflänzchen mit Stroh und bringen noch weiteren Samen in die Erde. Die Chefin des Gartenprojektes ist Julia. Die Ukrainerin stammt aus Kiew, hat dort Haus und Garten und managt zugleich ein ökologisches Kolchose-Projekt mit 150 Kühen in Omsk in Sibirien. In Russland. Dem eigentlichen neuen Feind. Führt das nicht zu Problemen derzeit? "Nein", sagt Julia. "Weil wir auf unsere Freundschaft schauen. Nicht auf Ländergrenzen. Die Freundschaft ist viel höher zu setzen als die Nationalität", ist sie überzeugt. "Die Menschen in Russland, mit denen ich zusammenarbeite, sind alle gegen den Krieg." Und weil zwischen der Ukraine und Omsk und nun zwischen Bad Oeynhausen und Sibirien tausende Kilometer liegen, läuft der Großteil von Julias Arbeit online. Auch jetzt. "Ich manage das jetzt vom Hotel aus. Per Internet", sagt sie. Doch dazwischen bleibt Zeit fürs Gartenprojekt. "Essen ist wichtig für die geistige Gesundheit und Entwicklung. Wir müssen gucken, was wir essen", ist Julia überzeugt. Und so hat sie Gleichgesinnte im Kreise der Flüchtlingsfrauen gefunden, die mit ihr zusammen gärtnern. Die Ukraine sei ein großes Agrarland, das zeige sich auch in den Familien. "Einige kennen sich aus, haben auch in der Ukraine einen Garten, einige sind Neulinge, Stadtmenschen", erklärt sie. Es wachsen bereits Erdbeeren, Weißkohl und Petersilie. "Wir haben noch Spinat ausgesät, Sellerie, Zucchini, Radieschen, Kürbisse und Bohnen. Außerdem Tomaten gepflanzt und Paprika. Und wir wollen einen Blumenstreifen säen." Es wird einige Wochen und Monate brauchen, bis geerntet werden kann. "Der Krieg wird nicht so schnell zu Ende sein", sagt Julia. "Deshalb müssen wir erst einmal ein bisschen Fuß fassen hier und unsere Prinzipien weiterleben." Es sei ein bisschen Urlaub im Garten. Und fürs Wohlfühlen: "Wir Ukrainer lieben die Gemeinschaft, laden gerne zum Essen ein." Spenden und Wohnungen gesucht Mehr als 90 Flüchtlinge beherbergt Sergej Löwen momentan in seinem Berghotel. Nicht einfach. Denn eine solche Hilfsbereitschaft kostet Geld. Zumal, wenn die angekündigte Aufwandsentschädigung durch die Stadt - 70 Euro pro Monat und Gast - auf sich warten lässt. "Meine Frau und ich haben unser Erspartes geopfert. Stehen kurz vor dem Bankrott", sagt Löwen, der auch Spenden für die Versorgung der Flüchtlinge hofft. "Und wir suchen Wohnungen, um Frauen und Kinder zu verteilen, damit sie bequemer und entspannter wohnen." Wer helfen möchte, kann sich an die NW wenden oder Sergej Löwen unter Tel. 0176-58880236 erreichen.

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