Bad Oeynhausen/Minden Mit Hilfskonvois und Aufnahmen: Hilfe für Geflüchtete aus Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen/Minden. Frank Wolter ist in Eile. Der Chefarzt der Artemed-Fachklinik an der Portastraße organisiert gerade zwischen diversen Operationen einen Hilfskonvoi für die ukrainischen Flüchtlinge. Ehrenamtlich. Und in seiner Funktion als Mitglied des Rotary-Clubs Bad Oeynhausen-Minden. Ihm geht es um medizinisches Material, aber auch um Winterkleidung und Schlafsäcke für Frauen und Kinder. Freitagmittag startet der Konvoi in Richtung Ukraine. "Die Zeit drängt", sagt Wolter. "Weißrussland hat die Aufgabe, die Hilfswege abzuschneiden, also müssen wir schnellstmöglich hin." Nur drei Tage später startet der Lions-Club Bad Oeynhausen den nächsten Hilfstransport. Und auch die Stadt Bad Oeynhausen ist gerüstet, Flüchtlinge aus dem Kriegsland aufzunehmen. Viele haben nicht nur Stunden, sondern Tage gebraucht, um ihre Heimat zu verlassen. Hunderttausende Menschen sind derzeit auf der Flucht aus der Ukraine. Schweren Herzens werden die meisten von ihnen aufgebrochen sein - nicht wissend, wann und in was für ein Land sie zurückkehren. Es sind vor allem Frauen und Kinder, die ihre Männer, Väter und Brüder in der Ukraine zurücklassen mussten und die nun zu tausenden an den Grenzen der westlichen Nachbarländer angekommen sind. "Dort herrschen Minustemperaturen", weiß Frank Wolter. Weshalb vor allem Kinder warme Kleidung und warme Schlafsäcke für die Nächte brauchen. "Ich habe Freunde sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer Seite, die über die Lage im Kriegsgebiet berichten", sagt Wolter. Und die berichten vermehrt, dass es vor allem Kinder sind, die leiden - und frieren. "Da können wir nicht zugucken, da müssen wir helfen - sofort."Nach der OP geht's los Sonntagmittag fiel die Entscheidung, Hilfsgüter zu sammeln. Am Dienstagmittag, gerade einmal 48 Stunden später war Frank Wolter schon ganz überwältigt von den vielen Hilfsangeboten, Spenden und Organisationen, die mit im Boot sind. "Professor Saalfeld hat Verbandsmaterial im fast fünfstelligen Bereich gespendet und die Rotarier selbst aus Bad Oeynhausen und Minden noch einmal annähernd so viel Geld", berichtet Wolters. Gebraucht werde außerdem noch Kindernahrung, Proteinriegel und Hygieneartikel. Freitagmittag bricht Wolters in Richtung Ukraine auf. "Nach der letzten OP geht's los." Die Rückkehr ist für die Nacht zu Montag geplant. "Montagmorgen warten die nächsten Operationen", sagt Wolter. Er sucht derzeit noch weitere "kleine bewegliche Einheiten" für den Transport der Hilfsgüter. "Mit einem 40-Tonner müssen wir nicht los. Da kommen wir nirgendwo durch", winkt er ab. Stattdessen setzt der Chefarzt auf Pkw mit Anhänger, Bullis und 7,5-Tonner. Sechs Fahrzeuge hat er bereits. Weitere sind erwünscht.Damit aber ist es nicht getan. Als Mediziner geht es Frank Wolter auch um die Versorgung der Verletzten im Kriegsgebiet. "Ich suche dringend noch Intensivmaterial, Spritzen, Antibiotika - alles was Ärzte hier vor Ort entbehren können, ich nehme alles", sagt er. Denn derzeit gelte es, leicht und mittelschwer Verletzte vor Ort zu verarzten. "Seit kurzen setzt die russische Armee Streubomben ein - die treffen die Zivilbevölkerung." Frank Wolter weiß als ehemaliger Lazarettarzt, wovon er spricht. "Die brauchen Hilfe - jetzt." Wer spenden möchte - Geld, Kleidung, Kindernahrung oder medizinisches Material - kann dieses bis Freitagmorgen direkt in der Artemed-Fachklinik an der Portastraße in Bad Oeynhausen abgeben. "Ich hoffe auf alles - ohne Wertigkeit. Alles ist jetzt wichtig." Die Geldspenden, so kündigt Wolter an, werden auf dem Rotarier-Konto gesammelt. "Wir wollen nachhaltig arbeiten und nach dem Krieg in Kiew Aufbauarbeit leisten. Ihre Spenden, liebe Bad Oeynhausener, kommen direkt an - es gibt keinen Verwaltungsabzug, wir arbeiten alle ehrenamtlich neben unserem eigentlichen Job." Lions fahren am Montag Auch der Lions-Club Bad Oeynhausen hat damit begonnen, über die lokale Edeka-Organisation einen Hilfstransport mit dringend benötigten Artikeln (Nahrungsmittel, Hygieneartikel) zusammenzustellen, um die Hilfsgüter am kommenden Montag per Lastwagen an die polnisch-ukrainische Grenze zu bringen. Lions-Präsident Frank Meyer hat innerhalb der internationalen Lions-Organisation Kontakte hergestellt, so dass es bereits geeignete Ansprechpartner vor Ort gebe, teilt der Club mit. Vor Ort würden sie bei der Verteilung der Hilfsgüter durch die dortigen Mitglieder unterstützt. "Unsere Partner haben auch bereits eine Liste erstellt, was aktuell am dringendsten benötigt wird", so Frank Meyer. Das sind vor allem Kindernahrung, warme Decken und Hygieneartikel. "Die Dringlichkeit der notwendigen Sofortmaßnahmen erfordert rasches Handeln", ist auch Meyer überzeugt. Weshalb sich die Lions persönlich am Montag mit einem 7,5-Tonner auf dem Weg nach Polen machen werden. Der Club bittet zudem ebenfalls um Geldspenden, um weitere Hilfen zu organisieren. Stadt hat noch Wohnungen Parallel zur Hilfe vor Ort an der ukrainischen Grenze, hat sich die Kurstadt in den vergangenen Tagen auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine vorbereitet. "Wir haben Kapazitäten frei und haben zudem bereits erste Unterkünfte von Bad Oeynhausener Bürgern angeboten bekommen", erklärt der städtische Pressesprecher Volker Müller-Ulrich gegenüber der NW."Diese Flüchtlingswelle ist nicht vergleichbar mit 2015", sagt der Pressesprecher. Die Flucht aus verständlichen Gründen sei bei der überwiegenden Zahl der Menschen erst einmal nicht auf eine lange Verweildauer angelegt. "Die meisten wollen möglichst schnell in ihre Heimat zurück - wenn es denn geht", sagt Müller-Ulrich. Derzeit sind zwar einige Menschen in Bad Oeynhausen angekommen - sie haben aber erst einmal ihre Verwandten als Anlaufstelle.Der Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine - derzeit ist das noch eine schwierige rechtliche Angelegenheit. "Finanzielle staatliche Hilfe gibt es erst, wenn die Flüchtlinge einen Asylantrag stellen", erklärt Volker Müller-Ulrich. Den aber scheuten einige, weil sie Angst hätten, als Asylsuchender nicht einfach wieder in die Heimat ausreisen zu können, so der Stadtsprecher. Wer sich aber registrieren lässt und im Asylverfahren landet, wird europaweit verteilt. Möglicherweise auch nach Bad Oeynhausen. "Wir sind durchaus vorbereitet, wenn uns Menschen zugewiesen werden." Es sei, obwohl die Stadt vergangenes Jahr 100 Flüchtlinge aus anderen Ländern aufgenommen habe, noch ein Puffer da. "Wir haben noch Plätze in der Britensiedlung", kündigt Müller-Ulrich an. Auch die ersten Privatpersonen aus Bad Oeynhausen hätten ihre Hilfe angeboten: "Wir haben bereits den ein oder anderen vermerkt, der Wohnraum zur Verfügung stellt." Weitere Anbieter könnten sich melden.Doch was ist mit Flüchtlingen, die bei Angehörigen vor der Tür stehen? Oftmals haben die zwar für die erste Not Platz, aber nicht für Monate. "Momentan dürfen die ukrainischen Flüchtlinge mit biometrischem Pass 90 Tage ohne Visum im Land bleiben", erklärt Volker Müller-Ulrich. Rechtlich würden diese Menschen nicht erfasst, weil sie als Privatperson gelten würden. Und bekämen somit auch keine Leistungen der Stadt. Das sei derzeit alles noch im Fluss. "Derzeit bei Privatmenschen angekommene Flüchtlinge müssten sich in der Außenstelle Bielefeld des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge melden. "Dort können auch Wünsche bezüglich Unterbringung nahe den Angehörigen geäußert werden", weiß Müller-Ulrich. Solange die Menschen aber nicht als Flüchtling registriert seien, gehe es nur über private Hilfen. "Rechtlich ist das momentag leider noch sehr vertrackt."

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