Bad Oeynhausen Lockdown-Haustiere nicht kastriert: Viel zu viele Kätzchen in der Kurstadt

Bad Oeynhausen. Während des ersten Lockdowns im Jahr 2020 haben sich viele Familien dazu entschieden, sich eine Katze zuzulegen. Die Tierheime in der Region beklagen, dass die unkontrollierte Vermehrung der Katzenpopulation stark angestiegen ist. Viele Katzen und Kater wurden offenbar nicht rechtzeitig kastriert, und der ungewollte Nachwuchs einfach ausgesetzt. Die Tierheime mussten erheblich mehr Jungkatzen aufnehmen, als in den Jahren davor, dabei gilt in Bad Oeynhausen bereits seit 2012 eine Katzenkastrationspflicht. Katzen müssen nach dem fünften Monat kastriert und gechippt sein, bevor sie nach draußen dürfen. Halter, die diese Regel nicht befolgen, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Bis heute ist jedoch unklar, wie das von den Ordnungsbehörden kontrolliert wird. Obwohl die Verordnung seit zehn Jahren in Kraft ist, beklagen Tierheime in der Umgebung eine hohe Anzahl an unkastrierten Katzen. Kerstin Sanker, Leiterin des Tierheims Eichenhof in Vlotho etwa. In Vlotho werden auch Tiere aus Bad Oeynhausen abgegeben und aufgenommen. Im vergangenen Jahr zählte das Tierheim in den Monaten August und September zeitweise 100 Katzen. Einen Grund für die erhöhte Population sieht Sanker in einem während der Pandemie entstandenen Nebengeschäft. Privatleute züchteten Katzen und Kater, verkauften diese weiter. Teilweise werden Rassekatzen im Internet für über 1.000 Euro gehandelt. Immer unkastriert. Eine weitere Ursache ist die Anschaffung neuer Tiere während des ersten Lockdowns im Jahr 2020. Sind diese nicht mehr erwünscht, werden sie meistens an ein Tierheim abgegeben. "Das macht mich wütend. Wir sind nicht die Entsorgung für unerwünschte Kleintiere", sagt die Tierschützerin.Kreis Minden-Lübbecke will Katzenschutzverordnung Der Kreis Minden-Lübbecke hat im Dezember 2021 ebenfalls die Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen beschlossen. In Kraft ist die neue Verordnung allerdings noch nicht. Diese sieht vor, dass Katzen ab dem sechsten Monat kastriert werden müssen. Bereits 2015 hatten die Grünen einen solchen Antrag eingebracht - ohne Erfolg. "Aktuell gibt es nach wie vor keine kreisweite Kastrationspflicht für Katzen", erklärt Kreispressesprecherin Sabine Ohnesorge. Derzeit würde durch das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Kreises Daten erhoben, um zu überprüfen, ob eine rechtliche Möglichkeit bestehe, die Kastrationspflicht zu etablieren. "Diese Abfrage wird einige Zeit in Anspruch nehmen", so die Kreissprecherin. Zahl der verwilderten Katzen unklarWie hoch die Zahl verwilderter Katzen in Bad Oeynhausen ist, lässt sich nicht beziffern. Weder Stadt, noch Tierheime können genaue Zahlen vorlegen. Die Dunkelziffer muss groß sein, denn die Zahl der Aufnahmen von Katzen im Tierheim Vlotho ist stark gestiegen. "Wir müssten für die verwilderten Katzen ein eigenes neues Tierheim anbauen", sagt Tierheimleiterin Kerstin Sanker. Weil verwilderte Tiere jedoch nicht vermittelbar sind, und es auch nicht mögen, eingesperrt zu leben, werden diese nach der Kastration wieder an den Fundort zurückgebracht. Im Tierheim werden die Katzen von Flöhen befreit, entwurmt, gechippt, geimpft und kastriert. Eine solche Rundumversorgung ist nicht nur bei Tierheim-Katzen nötig, sondern beider jeder neuen Hauskatze, empfehlen Tierschützer und Tierärzte. Tierarzt betont Dringlichkeit der KastrationAuch Tierarzt Holger Gesing beobachtet eine deutliche Zunahme von Katzen mit Beginn der Coronapandemie, weil in der Arztpraxis deutlich mehr Kastrationen durchgeführt wurden. Bei Katern kostet das zwischen 70 und 80 Euro, bei Katzen 140 bis 150 Euro, weil der Aufwand größer ist. Hier werden Eierstöcke und Gebärmutter entfernt. Durch die Kastration steigt auch die Lebenserwartung der Katzen, argumentiert der Tierarzt Gesing. "Streuner haben eine geringere Lebenserwartung, weil sie sich in einem größeren Gebiet aufhalten." So käme es schneller zu Unfällen, Kämpfen und Übertragungen von Krankheiten. Unkastrierte Tiere können Katzen-AIDS übertragen. Eine Immunkrankheit, die gravierende Folgen für die Tiere haben kann. Bei einer Kastration sinkt der Hormonspiegel, die Katzen werden somit auch ruhiger. Katzenhalter, die ihre Tiere noch nicht kastriert haben, sollten dies umgehend tun, so der Appell von Stadt, Ärzten und Tierschützern.

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