Der Kurpark als Freilichtmuseum

Bad Oeynhausen. Was kennt der Kenner von Bad Oeynhausen? Selbst für den Architektur-Historiker Baldur Köster war Bad Oeynhausen erst mal nicht die Stadt, in der Gartenplaner Lenné oder Schinkel-Schüler Busse gewirkt haben. Nein: "Ich kannte von Bad Oeynhausen zunächst nur die Autobahn", berichtet der 82-Jährige. Über die kam er denn auch 1983 aus Berlin in die Stadt - zur Kur, auch das ganz typisch. Sein erster Gang aus der Kurklinik führte ihn in den Kurpark. Ein Aha-Erlebnis mit Folgen."Als ich vor der Wandelhalle stand und so durch den Park Richtung Kurhaus schaute, da ging es mir durch", erinnert sich Köster. Und der Architekt fragte sich: "Warum ist diese Architektur noch nie im Zusammenhang in der Literatur beschrieben worden?" Noch während seiner dreiwöchigen Kur in Bad Oeynhausen entstand das Konzept zu seinem ersten Buch: "Bad Oeynhausen. Ein Architekturmuseum des 19. Jahrhunderts". Das Buch erschien 1985 und stellt Fotos, Zeichnungen und eine Fülle von Informationen zu den Gebäuden im Kurpark und wesentlichen Bauten drum herum zusammen. In einer Art und Aufmachung, die in den Architekturbüchern bis dato nicht zu finden war.Das Bad Oeynhausen-Buch wurde für Köster ein Markenzeichen und der Startpunkt einer Autoren-Karriere. Und für Bad Oeynhausen ist es bis heute das Standardwerk über die Architektur des ehemaligen Staatsbades.Mit dem Buch hat Köster auch eine besondere Beziehung zu Bad Oeynhausen geknüpft. "Ich habe die Stadt liebgewonnen", sagt er. Ein, zwei Mal pro Jahr kommt er hierher. Ein Spaziergang durch den Kurpark ist dann obligatorisch.Der führt ihn an diesem Wochenende vorbei an der Wandelhalle, die zwar schön restauriert ist. "Aber die Teilung des großen Bogenfensters ist zu kleinteilig", wundert sich der Bauexperte. Weiter geht?s zum Badehaus 1, dem größten architektonischen Schatz des Kurparks. "Der reine klassische Stil, die klare Form", die hier von 1854 bis 1857 verwirklicht wurden, begeistern ihn. Entstanden nach den Plänen von Carl Ferdinand Busse, einem Schüler des wohl berühmtesten preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel. "Die Flügel des Badehauses laufen nicht einfach so aus. Sie enden in um 90 Grad verschwenkten Giebeln", erläutert Köster mit Blick fürs Detail. Dadurch entsteht eine Art kleine Hofsituation. "Das haben die alten Griechen erfunden", erklärt der Architektur-Geschichtler.Skeptisch nimmt Köster den Südeingang des Badehauses mit seiner modernen Eingangspforte in den Blick. "Das ist natürlich ein Stilbruch", konstatiert er.An der Ostseite des Badehauses erfährt der Architekt von den Plänen der Stadt, hier einen Spielplatz anlegen zu wollen, und von den Einwänden der Münsteraner Denkmalpfleger dagegen. Köster springt - gedanklich - unmittelbar an die Seite der Denkmalschützer. "Die würde ich auf jeden Fall unterstützen", sagt er. Auch mit der geplanten Spielfläche südlich des Kurparkeingangs kann er sich so gar nicht anfreunden. "Es sind ja schon so viele Freiflächen im Park zum Beispiel durch den Bau der Kliniken verloren gegangen. Da sollte man nicht noch weitere Flächen opfern", plädiert er. Allenfalls würde er sich wünschen, dass die dünnen Gehölze weggeschnitten werden, um den Blick auf den kleinen Tempel am Parkrand freizugeben. So, wie es Lenné einst vorgesehen hatte.Einen äußerst behutsamen Umgang mit Park und Architektur wünscht sich Köster von Bad Oeynhausen. "Hier können Eltern ihren Kindern das 19. Jahrhundert erklären", sagt er. "Man sollte dies hier wirklich als Freilichtmuseum begreifen."Den Begriff vom Architekturmuseum hat er vor über 30 Jahren geprägt, weil hier noch vieles erhalten und auf engem Raum beisammen ist. "Alle Bauformen des 19. Jahrhunderts sind hier vertreten", sagt er. Die wesentlichen Gebäude sind in dem sehr überschaubaren Zeitraum zwischen den 1850er Jahren und 1925 entstanden. "Bis auf ein paar Gebäude ist wenig Neues dazu gekommen. Und über das schaue ich immer einfach hinweg", sagt Köster.Kennt er Ähnliches in Deutschland? Köster denkt nach. Eine ganze Weile. "Viele Städte sind älter. Bad Oeynhausen ist eine junge Stadtgründung." Und: Es gibt keine Kriegszerstörungen. Sein Urteil: "Im Grunde kenne ich nichts Vergleichbares."

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