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Jörg Czyborra (l.), Martina Lange und Christoph Kubus in den Altdeutschen Bierstuben. An zwei Tagen haben sich dort jeweils 50 Gäste bestens unterhalten, bekocht und bewirtet gefühlt. - © Karin Prignitz
Jörg Czyborra (l.), Martina Lange und Christoph Kubus in den Altdeutschen Bierstuben. An zwei Tagen haben sich dort jeweils 50 Gäste bestens unterhalten, bekocht und bewirtet gefühlt. | © Karin Prignitz

Kulinarische Lesung Musik und Literatur mit Drei-Gänge-Menü begeistert in Oerlinghausen

Jörg Czyborra nimmt sein Publikum an zwei Abenden in den Altdeutschen Bierstuben mit auf einen literarisch-musikalischen Streifzug. Dabei geht es auch um Erdnussflips in einer Klangschale.

Karin Prignitz
23.03.2023 , 12:38 Uhr

Oerlinghausen. Wer hat sie nicht schon einmal geschlürft, die Suppe mit den vielen kleinen Nudel-Buchstaben darin, aus denen sich mit etwas Geduld so herrlich viele Wörter legen lassen? Jörg Czyborra hat den Klassiker der Esskultur zum Anlass genommen und ihm ein abendfüllendes Programm gewidmet. Besser gesagt zwei Abende. Der selbst ernannte „Assistent der Geschäftsleitung“ der Buchhandlung Blume, Liedermacher und Autor der „Ochsentour“ hat in den Altdeutschen Bierstuben jeweils 50 Gäste auf einen unterhaltenden literarischen Streifzug durch diverse Küchen mitgenommen.

Garniert wurde dieser unterhaltende Exkurs mit musikalischen Zutaten und mit einem von Christoph Kubus und seinem Team servierten Drei-Gänge-Menü. Klar, dass das mit einer Buchstabensuppe startete. „Da musste ich echt in mich gehen“, gab der Küchenchef zu. Nach Feierabend die einzelnen Buchstaben auszustechen, puh, eine Heidenarbeit sei das gewesen, scherzte Kubus.

Jörg Czyborra eröffnete den kulinarisch-literarischen Abend mit einer Bouillon, die Janoschs Kinderbuchfigur kleiner Bär für seinen Freund, den kleinen Tiger, kochte, um ihn schnell wieder gesund zu machen. Vor dem ersten Gang musste dann zunächst die Frage beantwortet werden: Wer hat die Buchstabensuppe erfunden?

Was Morde und Kartoffelchips gemeinsam haben

Um das herauszufinden, hat Jörg Czyborra umfangreiche Recherchen angestellt und ist im Museum der Unerhörten Dinge“ (Berlin) fündig geworden. Die Gebrüder Grimm sollen es gewesen sein. Oder etwa nicht? Wer weiß. Bei Achim Reichels Lied „Steaks, Bier und Zigaretten“ singen die Besucher mit und werden dann in Richtung Schriftsteller Stephen King gelenkt, der einst gesagt hatte: „Morde sind wie Kartoffelchips, du kannst nicht mit einem aufhören.“

Berühmte Detektive und Ermittler, von Sherlock Holmes bis Inspektor Columbo, lässt Czyborra zu Wort kommen, empfiehlt in diesem Zusammenhang die Lektüre des „Kriminellen Kochbuches“ und widmet sich dann mit einer „Eskalation in sechs Stufen“ Ralf Kramps Gedicht vom Thermomix als explosiver Mordwaffe.

Kurz vor dem Hauptgang, einer Komposition aus Filet vom Landschwein, Urkräutern, weißen und schwarzen Bohnenkernen sowie Macairekartoffeln, serviert Jörg Czyborra einen Text von Stefan Schwarz. Von Vegetariern handelt er, diesen „ungeselligen Spitzmäulern mit beschränktem Geschmack“. Dahinter steckt, wie gewohnt beim Autor, eine große Prise Humor.

Auf die Haltung kommt es beim Bratwurstessen an

„Einen warmen Leberkäs’“ mag sich nach dem Genuss der Haute Cuisine zwar niemand vorstellen und womöglich auch kein „freihändiges Bratwurstessen“. Die Beschreibung des Verköstigens, der eine gebeugte Haltung vorausgeht, um Fettspritzer tunlichst zu vermeiden, ist dafür umso köstlicher und sorgt für Heiterkeit.

Vom Sauerkraut geht es zu süßen Früchten, und natürlich muss beim Thema auch der einst im Heinz-Erhardt-Gedicht aufgeworfenen Frage nachgegangen werden: „Warum wird die Zitrone sauer?“ Geschmeidig lässt Jörg Czyborra schließlich einen Brie fließen, ehe er mit passender Gestik und Mimik von Hermann erzählt. Hermann, der so viel Aufmerksamkeit braucht, der regelmäßig gefüttert und auf keinen Fall alleine gelassen werden darf, denn schließlich ist er – ein Sauerteigstarter.

Für Aufmerksamkeit sorgen auch die einfachen Speisen. Etwa im Wilhelm-Busch-Gedicht von Pfannkuchen und Salat – der zum Nachtisch überleitet. Christoph Kubus hat, „nach langer Zeit mal wieder“ Pfannkuchen gebacken. Dazu Vanilleeis und fruchtige Sößchen. „Einfach köstlich“, da sind sich die Gäste einig.

Warum Vegetarier kein Huhn essen

Natürlich gibt es am Ende noch einen Nachschlag von Jörg Czyborra. Da ist zum einen die Erkenntnis: „Vegetarier essen kein Huhn, weil da ein Ei drin ist.“ Zum anderen darf das Publikum noch einmal herzlich lachen bei der Geschichte von Stefan Schwarz und seinen bröseligen Erdnussflips. Die versenkt er, oh Schreck, ausgerechnet in der Klangschale von Vater und Mutter Dinkelkeks. Folge: All die positive Energie ist für immer fort. Genau den gegenteiligen Effekt hat die Veranstaltung der Buchhandlung Blume in den Altdeutschen Bierstuben.

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