Oerlinghausen / Leopoldshöhe. Die vergangenen dreieinhalb Wochen hat Michael de Vries durchgearbeitet. Der Leiter des Seniorenruhesitzes Sielemanns Hof in Leopoldshöhe musste sich um Verordnungen und Änderungen von Verordnungen wegen der Corona-Pandemie kümmern. So bekam er beispielsweise an Heiligabend gegen Mittag die Gesetzesänderung, nach der für Besucher der Einrichtung eine Testpflicht besteht.
Jetzt kann er ein bisschen aufatmen. Gestern sind 60 Bewohner gegen Corona geimpft worden. Die erste, die den kleinen Pieks, der mit so viel Hoffnung verbunden ist, über sich ergehen lassen musste, war Wilma Welschlau, die auch die älteste Bewohnerin auf Sielemanns Hof ist. Sie wurde im November 100 Jahre alt. „Wie, das war es schon“, fragt sie, nachdem die Ärztin Ute Streicher ihr den Impfstoff in den Oberarm gespritzt hat. Die ganze Aktion hat nur wenige Minuten gedauert. Welschlau, die im Rollstuhl sitzt, wird in den Aufenthaltsraum geschoben. „Dort wird sie noch eine halbe Stunde beobachtet, ob sie die Impfung gut vertragen hat“, sagt de Vries. Auch Bürgermeister Martin Hoffmann war gekommen, um diesen Moment mitzuerleben. „Das ist ja keine x-beliebige Grippe-Impfung“, sagt er. „Wir alle setzen darauf ganz große Hoffnungen.“
Hausärzte vergeben keine Impftermine
94 Prozent der Bewohner der Einrichtung haben ihr Einverständnis zu einer Impfung gegeben, vom Pflegepersonal sind es 67 Prozent. De Vries ist mit dieser Quote zufrieden: „Von anderen Pflegeeinrichtungen hört man, dass sich gerade mal ein Drittel des Personals impfen lassen will.“ Er selbst hält die Impfung für gut.
Ganz ähnlich sieht es im evangelischen Altenzentrum in Oerlinghausen aus. Einrichtungsleiterin Silvia Buhrmester hat kurz vor Weihnachten 114 Impfdosen bestellt. 60 davon sind gestern in aller Frühe geliefert worden. Der Impfstoff muss zwar bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden, ist aber bei der Lieferung bereits aufgetaut – und muss dann schnellstmöglich verwendet werden. Der Arzt Ulrich Kochsiek hat mit seinen beiden Mitarbeiterinnen Sonja Ringel und Doris Voß die Aufgabe übernommen, die vollstationär aufgenommenen Bewohner des Altenzentrums zu impfen. Die 86 Jahre alte Wally Kayn und die 95 Jahre alte Hilde Oschlies gehören zu den ersten, die die ersehnte Impfung gespritzt bekommen. Selbst wenn ein Impfpatient Schnupfen hat, spricht das nicht gegen eine Impfung. Ausgeschlossen werden nur Personen, die mehr als 38,5 Grad Fieber haben.
Zudem wird nur in Einrichtungen geimpft, die coronafrei sind, weshalb die Müllerburg zunächst außen vor bleibt. Kochsiek weist auch darauf hin: „Es hat keinen Zweck, bei den Hausärzten anzurufen, um sich einen Impftermin geben zu lassen. Es gibt eine Prioritätenliste und es gibt Impfzentren, die die weiteren Impfungen übernehmen.“