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Wild und ohne Mama: Dies ist nur eines von 43 Kitten, die im Tierheim Detmold Zuflucht gefunden haben. - © Marianne Schwarzer
Wild und ohne Mama: Dies ist nur eines von 43 Kitten, die im Tierheim Detmold Zuflucht gefunden haben. | © Marianne Schwarzer

Kreis Lippe Schwierige Kontrolle: Freigängerkatzen müssen in Lippe kastriert sein

Die Katzenkastrationspflicht gilt seit Anfang Juni im Kreis Lippe. Theresa Orton ist als neue Amtstierärztin für den Katzenschutz zuständig. Ihr ist bereits klar: Das wird ein mühsames Geschäft.

Marianne Schwarzer
30.07.2022 | Stand 15.05.2023, 16:42 Uhr

Kreis Lippe. Sie war hart erkämpft, die Katzenkastrationspflicht in Lippe. Jahrelang haben die Tierschutzvereine sich bemüht, endlich eine Regelung zu erreichen, die auf Dauer das Katzenelend im Kreisgebiet zu vermindern hilft. Nun hat der Kreis Lippe die Kastrationspflicht für Freigänger erlassen und mit Dr. Theresa Orton eine Fachfrau im Kreisveterinäramt angestellt, die sich darum kümmern soll.

Wie viele Katzen leben eigentlich im Kreis Lippe? - Bei dieser Frage können Kreisveterinärin Ricarda Rottmann und Theresa Orton nur mit den Schultern zucken: "Anders als Hunde sind Katzen ja nicht steuerpflichtig", sagt Tierärztin Ricarda Rottmann. "Also haben wir auch keine belastbaren Zahlen." Fakt ist aber: Es gibt im Kreis viele wild lebende, herrenlose Katzen. Und um deren weitere unkontrollierte Vermehrung einzudämmen, soll die Kastrationspflicht helfen.

Kontrolle ist schwierig

Doch wie soll und kann das funktionieren? Theresa Orton ist mit ihrer Arbeitskraft nur zur Hälfte für den Tierschutz angestellt, die andere Hälfte ist laut Stellenplan bei der Lebensmittelüberwachung angesiedelt. Eine einzelne Frau, die mit einer halben Stelle das Katzenelend in 16 lippischen Kommunen eindämmen soll? Da ist schon mal klar, dass das Veterinäramt jetzt nicht hingehen und zwecks Kontrolle Katzen einfangen kann.

"So ist das auch nicht gedacht", erläutert die Fachfrau. Ihr Job sei zum einen die Aufklärung und Information der Bürgerinnen und Bürger. "Wenn man weiß, dass Katzen bereits mit fünf Monaten geschlechtsreif sind und zwei Mal im Jahr bis zu sechs Welpen zur Welt bringen können, dann kann man sich gut vorstellen, wie schnell so eine wilde Katzenpopulation anwachsen kann."

Tierschutzvereine kommen an Grenzen

Dass die Kätzchen mitunter elendig vor sich hinvegetieren, hungern und unter Infektionskrankheiten wie dem Katzenschnupfen, Durchfall sowie Parasiten leiden, kommt dazu. "Im Übrigen kommen auch die privaten Tierschutzvereine, die Katzen einfangen, päppeln und kastrieren, an ihre Grenzen."

Kommen dann auch noch unkastrierte Freigänger ins Spiel, betrifft das unter Umständen auch die Hauskatzen. Darum hat der Kreis Lippe verfügt, dass alle Katzen, die unkontrollierten Freigang haben, mit einem Alter von fünf Monaten kastriert und vor allem gekennzeichnet werden müssen. Die Kennzeichnung ist auch bei allen Katzen nachzuholen, die älter sind, aber noch keinen Mikrochip oder eine Ohrtätowierung bekommen haben. Wer seine Katzen ausschließlich in der Wohnung hält, ist davon nicht betroffen.

Bußgeld bis zu 1.000 Euro

Wenn der Kreis das aber nicht proaktiv überwacht, welchen Sinn hat dann so eine Verordnung? - "Es gibt ja viele Regeln, an die Bürgerinnen und Bürger sich halten müssen, auch wenn das nicht bei jedem kontrolliert wird. Wir haben dann aber eine Handhabe, wenn es Beschwerden gibt oder unkastrierte Tiere aufgegriffen werden." Denn die, so steht es auch in der neuesten Info-Schrift zur Kastrationspflicht, könnten die Behörde auch auf Kosten des Halters kastrieren lassen. Dieser muss dann zudem mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro rechnen.

Theresa Orton ist die neue Amtstierärztin beim Kreisveterinäramt und primär für den Katzenschutz zuständig. - © Marianne Schwarzer
Theresa Orton ist die neue Amtstierärztin beim Kreisveterinäramt und primär für den Katzenschutz zuständig. | © Marianne Schwarzer

Ansonsten ist der Kreis Lippe weiter auf das Engagement privater Tierschutzvereine wie "Katzen in Not", "Tierschutz der Tat" oder "Unsere Hände für viele Pfoten" angewiesen. Die aber kommen regelmäßig an ihre Grenzen, sagt Gitta Helak von Katzen in Not. "Wir hatten letzte Woche 76 Katzen in zehn Pflegestellen zu betreuen, das ist kaum noch machbar", beklagt sie. Viel Hoffnung, dass die Kastrationspflicht hilft, hat sie nicht. "Katzen gibt's doch mittlerweile auf Ebay geschenkt." Mehr Unterstützung für die Tierschutzvereine wäre hilfreich, meint sie.

Im Detmolder Tierheim ist derzeit die Quarantänestation ziemlich voll. Hier sitzen 43 wilde Kitten, allesamt Fundtiere. Es waren 2021 aber auch schon mal 150. "Wir müssen sie erst mal absondern, bis sie vollständig geimpft sind und klar ist, dass sie gesund sind", sagt Tierheimleiterin Annika Glöde. Dennoch sagt Christopher Imig, Vorsitzender des Vereins "Tierschutz der Tat": "Uns war ja klar, dass wir weiter in der Pflicht bleiben. Wichtig war uns erst mal, dass es Rechtssicherheit gibt, und wir haben von vornherein gesagt, dass wir uns da einbringen werden." Er räumt aber auch ein: "Das mit der Kontrolle ist wohl noch nicht zuende gedacht."

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