Energiewende Erneuerbare Energie: Dem Strom fehlt im Kreis Höxter das Netz

Warburg/Kreis Höxter. Die Energiewende soll schnell gelingen: Beim Ausbau der erneuerbaren Energien drücken Bund und Länder ehrgeizig aufs Tempo, um in Deutschland angesichts von Klimawandel und Energiekrise unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Damit Strom aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen in jede Steckdose gelangt, werden Stromtrassen benötigt. Im Hochspannungs-Übertragungsnetz müssen nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz rund 7.500 Kilometer optimiert, verstärkt oder neu gebaut werden. Denn ohne geeignete Netzanbindung bringen der effizienteste Windpark und die größte PV-Anlage keine Wende. Im ungünstigsten Fall bedeuten sie lediglich Kosten für die Verbraucher. Momentan herrscht Goldgräberstimmung unter den Windkraft-Projektierern und Landeigentümern: 169 Anlagen sind im Kreis Höxter aktuell in Betrieb, 17 weitere sind genehmigt, 65 stecken derzeit im Genehmigungsverfahren. Und bis 2027 sollen es nach den Zielen der Landesregierung in Düsseldorf noch weitaus mehr werden. Fachleute gehen von mehr als 100 aus, bis 2045 werden gar mehr als 800 prognostiziert. Der Wettbewerb kurbelt die Preise, die Windanlagenbetreiber aktuell zu zahlen bereit sind, mächtig an. Zur Freude manch Landwirtes, der Einnahmen aus der Pacht und gekoppelt am Umsatz ohne eigenes Risiko erzielen kann. Derzeit bis zum fünffachen der üblicherweise gezahlten Pacht für eine landwirtschaftliche Nutzung, nennen Experten einen Wert. Am Ende wird wohl der Verbraucher den höheren Preis bezahlen. "Realisierbar, aber äußerst herausfordernd“ Die Warburger Stadtwerke wollen sich in der Region am Windkraft-Anlagenbau beteiligen, auch um eine maximale Wertschöpfung in der Region zu halten. &bdquo;Eine Form der Bürgerbeteiligung“, sagt Leander Sasse. &bdquo;Gewinne kommen der Kommune und damit der Bürgerschaft zugute und sichern Arbeitsplätze“, erklärt der Geschäftsführer. Die angestrebten Ziele des forcierten Ausbaus hält Sasse &bdquo;für realisierbar, aber äußerst herausfordernd“. Denn nur unter den Prämissen des gesellschaftlichen Willens, der Akzeptanz seitens der Bürger besonders bei der Windkraft und der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren seien sie erreichbar. Um die Akzeptanz auf Bürgerseite zu steigern, hält Sasse Formen der Bürgerbeteiligung für unabdingbar. &bdquo;Beispielsweise über die Stadtwerke Warburg“. Sie werden gebraucht, um die Windkraft an die Stromautobahnen anzudocken Zu den Hauptpunkten auf dem Weg zu einer gelingenden Energiewende zähle aber auch der Ausbau der Netze, weiß Sasse. Die Warburger Stadtwerke betreiben im Stadtgebiet Niedrig- und Mittelspannungsleitungen bis zu 20 Kilovolt (kV). Damit der zukünftig in der Region produzierte Strom aus noch auszuweisenden Windenergiezonen auf die großen Stromtrassen kommt, werden Knotenpunkte und Umspannwerke zu den Hoch- und Höchstspannungsleitungen (ab 110 kV) benötigt. Ein großes Thema für die EAM, die Netze in den Gemeinden Borgentreich, Willebadessen und im Süden Brakels und auch ein Hochspannungsnetz betreibt. Die Übergabepunkte der Ein- und Ausspeisung liegen in Ossendorf und Borgholz. Die Optimierung der Netze mit Blick auf eine in Zukunft wachsende Anzahl von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen &bdquo;betrifft uns seit Langem massiv“, sagt Sasse. Mehr und mehr Hauseigentümer lassen sich Module aufs Dach setzen. Die Stadtwerke bereiten sich vor Die Stadtwerke bereiten sich vor, begegnen der Entwicklung mit einer intelligenten Zielnetzplanung. Um das mehr als 700 Kilometer lange Netz anzupassen, zu ertüchtigen und auszubauen, wird der Bedarf im Jahr 2040 in den Blick genommen. &bdquo;Dahinter stecken rund 50 mehr als 50 Hochlaufszenarien, für die wir Annahmen für die Belastung unseres Mittel- und Niedrigspannungsnetz getroffen haben“. Eine komplexe Materie. Mit den Windkraftbetreibern möchten die Warburger Stadtwerke weitere Umspannwerke und mehrere Einspeisungspunkte auch für unterschiedliche Projektierer bauen, um wie geplant das Mittelspannungsnetz weiter verbessern zu können. Sie werden auch gebraucht, um die Windkraft an die Stromautobahnen anzudocken und den Strom ins überregionale Netz einzuspeisen. Es fehlt der wirtschaftliche Anreiz Jahrhundertelang sei die energieintensive Industrie dorthin gegangen, wo die Energie billig war, beispielsweise ins Ruhrgebiet. Heute sei es umgekehrt. &bdquo;Die Energie muss dorthin transportiert werden, wo Ballungsräume und Industrie sind“, sagt Sasse und findet es widersprüchlich: &bdquo;Heute ist die elektrische Energie dort teurer, wo sie regenerativ erzeugt wird und wir bauen teure Autobahnen, die die Energie zum Beispiel in den Süden transportieren, wo sie dann billiger ist.“ Siedle sich energieintensive Industrie in den Regionen an, in denen Strom aus Erneubaren produziert werde, &bdquo;brauchten wir weniger des hier erzeugten Strom abzutransportieren“. Aber dafür fehle der wirtschaftliche Anreiz zum Bespiel von günstigerer Energie. &bdquo;in der derzeitigen Situation können die Netzbetreiber nicht planen“ In einem informellen Treffen mit christdemokratischen Kommunalpolitikern aus den Kreis Höxter hatte die EAM jüngst aus der Sicht eines Energieversorgers auf Problematiken hingewiesen. Das Umsetzen der Energiewendeziele sei für Netzbetreiber extrem anspruchsvoll und von vielen Faktoren abhängig, heißt es. Eine grüne Grundversorgung zu erreichen, schwierig. Windanlagen- und Netzbetreiber müssen entscheiden, wie der neue Windpark ans Netz angeschlossen wird: Bei einer Leistung von 21 MW als Direktanschluss an das Umspannwerk oder die Mittelspannung. Bei 40 MW auch an die Hochspannung mit Wind-Umspannwerk. Je nach Wahl muss der Anlagen- oder der Netzbetreiber den Anschluss bezahlen. Da entscheidet die Wirtschaftlichkeit. Eine engere Vernetzung ist mehr als angeraten Die Crux dabei: Der Netzausbau dauert in den meisten Fällen länger als der Windradbau. Die Folge sind Zeiten, in denen der produzierte Strom nicht abgeführt werden kann, weil das Netz nicht ertüchtigt ist. Und man weiß nichts von einander, weil sich die Projektierer in der Planungsphase Projektierer gern bedeckt halten. Eine Planbarkeit von Erneuerbaren Energien sei für die Netzbetreiber derzeit nicht gegeben, aber unbedingt notwendig, hatten die Vertreter der EAM in der Konferenz der Kommunalpolitischen Vereinigung (KpV) der Christdemokraten im Kreis als Fazit festgehalten. Auf Basis festgelegter PV- und Wind-Flächen müsse ein technisches und wirtschaftliches Gesamtkonzept für die Integration der Erzeugungsleistung erstellt werden. Im Klartext: Eine engere Vernetzung ist mehr als angeraten. Daher fordern Kommunen und Netzbetreiber bei den vermehrt auf den Markt drängenden Planungen der Projektierer von Windparks frühzeitig mit ins Boot geholt zu werden. Denn die Energiewende führt bei den Netzbetreibern zu sehr hohen Investitionen. &bdquo;Und in der derzeitigen Situation können sie nicht planen“, fasst KpV-Vorsitzender Werner Dürdoth zusammen. Daher sei es ein Trugschluss der Politik und &bdquo;eigentlich unredlich, das ausgegebene Ziel im Ausbau der regenerativen Energien so zu formulieren“, kritisiert Dürdoth. Es lese sich schön, sei aber nicht realisierbar. In der Vernetzung sieht auch Leander Sasse eine Chance. Dabei könnten regionale Netzbetreiber eine zentrale Plattform bieten, sagt Sasse.

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