Warburg/Volkmarsen Einladung ins Buchcafé: Hier gehen Bücher auf die Reise

Warburg/Volkmarsen. Von hier aus gehen Bücher auf die Reise. Zusammen mit einem Schulheft. Davon hat Joachim Geritzen einen ganzen Stapel mit der Aufschrift &bdquo;Hauptschule Peckelsheim“ aufgetrieben und sie kurzerhand dem Buch als Reise-Tage-Buch beigelegt. Mit der Aufforderung an den Lesenden, seine Gedanken und Empfindungen zu diesem Buch und zum Lesen dieses Buches darin aufzuschreiben und zurückzuschicken. &bdquo;Diese Rückmeldungen sind so wertvoll“, sagt der Warburger, immer schon ein leidenschaftlicher Leser. In den vergangenen zehn Jahren gilt sein Interesse der Erinnerungskultur. &bdquo;Bücher sind für mich Lebensmittel“, sagt der Mann, der am Donnerstag 70 Jahre wurde und stets mehrere Bücher gleichzeitig liest. Viele neue kamen als persönliche und passende Geschenke dazu. Von denen sich einige sicherlich auch am Steinweg in Volkmarsen wiederfinden und für Gespräche sorgen werden. Bücher kommen dann mit ganz persönlichen Anmerkungen zurück Rund 30 Bücher aus dem Buchcafé im Gustav-Hüneberg-Haus in Volkmarsen sind inklusive Reise-Tage-Buch schon nach Frankreich, in die Niederlande oder nach Berlin gereist. Und kommen dann mit ganz persönlichen Anmerkungen zurück. &bdquo;Eine Idee, die mir nachts um 4 Uhr eingefallen ist“, bekennt der Warburger vom Volkmarser Verein &bdquo;Rückblende – Gegen das Vergessen“. Der hat im Hüneberg-Haus am Steinweg 24 neben einer Dauerausstellung zu jüdischen Leben im ländlichen Raum und im Keller der 500 Jahre alte Mikwe (jüdisches Ritualbad) auch ein Buchcafé eingerichtet. Dorthin lädt der Verein an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr zu Kaffee und Kuchen (gegen Spende) und zum Austausch zwischen rund 400 Büchern ein – wieder an diesem Sonntag, 24. April (mit Maske und Abstand), am Tag nach dem Welttag des Buches (siehe Info-Kasten). Auch ausleihen können sich Interessierte die Bücher aus dem Buchcafé. Einfach in eine Kladde eintragen und nach dem Lesen zurückbringen. Oder eines der Reise-Tage-Bücher zum Buch mitnehmen und die eigenen Gedanken aufschreiben. Die große Bücher-Regalwand mit den verschiedenen Themenbereichen Viele Bücher im Hüneberg-Haus – sie kommen häufig aus Spenden und Nachlässen – wären bei den Nazis wohl verboten gewesen, sagt Geritzen. Im Zentrum steht die große Bücher-Regalwand mit den verschiedenen Themenbereichen: Kinderbücher ebenso wie &bdquo;schwere Kost“, Anspruchsvolles von Mascha Kaléko. Sortiert in Themenbereiche wie jüdische Kultur, Kinder und Jugend, Lyrik, Geschichte des Judentums oder deutsch-jüdische Geschichte, Menschenrechte, Menschenwürde, Demokratie. Gleich am Eingang ist im Fachwerkgebälk noch eine besondere Sparte Bücher zu finden: Biografien, beispielsweise von Michael Degen oder Hans Rosenthal. &bdquo;Sie sollten in dem 800 Jahre alten Fachwerk einen Ehrenplatz bekommen“, erklärt Geritzen, der mit dem Rückblende-Team um Arno Walprecht und Jaqueline Seitz das Buchcafé 2019 einrichtete. Corona stoppte danach viele Pläne.Er bekommt auch kistenweise Bücher gebracht Grundstock war ein Stapel Bücher aus dem Haus selbst. Der wächst seitdem sukzessive an. Weil es sich rumspricht, dass Bücher hier im Hüneberg-Haus geschätzt werden und relevant sind. Immer wieder bekommt Geritzen Anrufe, dass er sich die Bibliotheken bei Haushaltsauflösungen anschauen soll. Er bekommt auch kistenweise Bücher gebracht. Und macht dabei besondere Entdeckungen, Überraschungen wie jetzt einem Buch die Original-Todesanzeige von Max Warburg. Was nicht in die Buchcafé-Bibliothek aufgenommen wird, kommt ins Buchkontor von Bernhard Wilmes in Wormeln, der seine Buchmärkte monatlich veranstaltet.Aber es sind auch Menschen, die sich dem Hüneberg-Haus und seinem Anliegen verbunden fühlen, die regelmäßig spenden und damit zu aktuellen Buchkäufen animieren: Joachim Geritzen kooperiert mit der Buchhandlung Mander in Wolfhagen, die künftig mit dem Verein aus Volkmarsen als Ort für Veranstaltungen und Lesungen zusammenarbeiten will. Und er kürt regelmäßig das Buch des Monats: &bdquo;Das muss Aktualität haben“, erklärt er diesen Titel. Und Relevanz für eine Diskussion. Wie zuletzt beispielsweise &bdquo;Februar 33 – Der Winter der Literatur“ von Uwe Wittstock. Eines seiner derzeitigen Lieblingsbücher.&bdquo;Es muss gut in der Hand liegen“ Was für den zweiten Vorsitzenden des Vereins Rückblende ein gutes Buch ausmacht? &bdquo;Es muss gut in der Hand liegen“, sagt er zuallererst über das Haptische. &bdquo;Und wenn ich es aufschlage, muss es mich direkt reinziehen.“ Er erinnert sich, dass Bücher in seiner Kindheit nicht selbstverständlich, aus Sicht des Flüchtlingskindes eine Kostbarkeit gewesen seien: Seine Schulkameraden hätten alle Karl-May-Bände gehabt – er freute sich über jeden einzelnen Band, den er verschlingen konnte, über Fury oder Natur-Bücher über die vier Jahreszeiten.Heute hat er daheim rund 500 Bücher. Geritzen ist sicher: Bücher haben auch heute das Potenzial, Kinder und Jugendliche zu fesseln und zu begeistern. &bdquo;Mit Büchern wirds nie langweilig.“ Er selbst kann nicht ohne. Auch nicht ohne das Buchcafé: &bdquo;Die Menschen beginnen hier zu erzählen. Hier zwischen den Büchern bin ich zuhause. Und ich fühle mich mit Büchern jung.“ Besuchstermine im Hüneberg-Haus und zur Besichtigung der Schacht-Mikwe im Keller sind nach Absprache möglich bei Joachim Geritzen, Tel. (0 56 41) 44 24 und Arno Walprecht, Tel. (0 56 93) 60 09.

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