Warburg Ein Stein für jeden jüdischen Mitbürger der Warburger Gemeinde

Warburg. &bdquo;Das ist eine besondere Arbeit, zu der ich heute beauftragt worden bin“, sagt Marc Pollmann. Auf der Ladefläche seines Fahrzeugs befinden sich an diesem Mittwoch 30 Stolpersteine, die in der Altstadt und Neustadt verlegen werden sollen. &bdquo;Begleitet von vielen Menschen – eine wichtige Sache für die Stadt. Gerade in der aktuellen Zeit erinnern die Stolpersteine daran, was passiert ist und was passieren kann“, sagt Heinz-Josef Bodemann. &bdquo;Wir haben es mit dem Ukraine-Krieg plötzlich wieder vor Augen und können uns vorstellen, wie die Gestapo damals die Menschen abgeholt hat.“ Der erste stellvertretende Bürgermeister der Hansestadt Warburg, findet: &bdquo;Für jedes Mitglied der damaligen jüdischen Gemeinde sollte es einen Stolperstein geben.“ Dafür wolle auch er sich einsetzen. HüffertschülerAm Morgen war von Schülerinnen des Hüffertgymnasiums der jüdische Friedhof mit Rosen geschmückt worden. Ein Warburger Bürger half spontan dabei. Er habe sich bewusst den Tag frei genommen, um die Verlegung an allen zwölf Standorten zu begleiten. &bdquo;Die Warburger Stolpersteine habe ich bei Open-Street-Map kartographiert.“ Mitzuhelfen und den Schicksalen der Warburger Juden Respekt zu zollen, das ist dem Mann ein Bedürfnis. Er möchte anonym bleiben und den ganzen Tag dabei sein. &bdquo;Heute wird Demokratie für selbstverständlich gehalten, das ist es aber nicht. Ein anderes System kann wieder an die Macht kommen“: Leika Scholand (18) beschreibt ihre Sorge, dass die Menschen dieses vergessen könnten. InitiatorinZum Start der Verlegung versammelt sich die Gruppe spontan auf dem Altstadt Marktplatz, auf dem Gehsteig am ersten Verlegeort vor der Altstadt-Apotheke ist zu wenig Platz, gut 20 Menschen sind gekommen.&bdquo;Ich schäme mich bis zum heutigen Tag für die entsetzlichen Untaten zahlreicher Täter während der Nazigewaltherrschaft“: Irmgard Heuel begrüßt als Initiatorin der Verlegung. Und es wird aus dem Leben von Otto Baruch erzählt, vor und nach Deportation und Lagerhaft in Buchenwald und Theresienstadt. Irmgard Heuel ist eng mit Edith Dicke, geborene Baruch befreundet und beschreibt einen der bewegendsten Momente im Leben der 90-Jährigen, die aus Krankheitsgründen nicht bei der Verlegung sein kann. Es sei der Momente gewesen, als ihr jemand sagte, er habe ihren Vater an der Bernhardistraße gesehen. Edith rannte den Schwarzen Weg hinab und fiel ihm in die Arme. Otto Baruch war den Nazis entkommen. Tochter Else gilt als verschollen im Konzentrationslager Lodz, Minnas Schicksal ist unklar, weiß Arno Walprecht vom Verein Rückblende gegen das Vergessen aus Volkmarsen zu berichten. Die Baruchs waren aus Volkmarsen nach Warburg verzogen.In Zukunft wolle der Verein im gemeinsamen Interesse der Erinnerungskultur mehr mit der Hansestadt kooperieren und nach Ende der Pandemie-Beschränkungen wieder Schulklassen in das jüdische Geschichtsforum im Gustav-Hüneberg-Haus einladen. Mit dem Warburger Hüffertgymnasiums ist der Verein bereits in Kontakt. PatenschaftDie Schülerinnen der elften Klasse des Hüffertgymnasiums übernehmen die Patenschaft für Berta Lilly Berg (1914-1943), die mit 29 Jahren im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde.Der Abiturjahrgang 2023 ist zur Verlegung der vier Stolpersteine für die Familie Berg gekommen und verliest am ehemaligen Geschäftshaus, dem Modekaufhaus Block und Berg in der Hauptstraße 1 (heute Sanitätshaus Friedhoff) Texte zu Leben und Schicksal von Hugo, Mary, Richard-Werner und Berta Lily Berg. Lea Rosanka formuliert: &bdquo;Ich halte das Engagement für die Stolpersteine für wichtig. Die Vergangenheit hat gezeigt, wozu Rassismus führen kann.“Familie RosensteinDie Familie Rosenstein wurde 1942 nach Auschwitz deportiert. Direkt nach Ankunft im Konzentrationslager wurde kategorisiert, im ersten Schritt wurden Männer von Frauen und Kindern getrennt. Max Rosenstein stand bei den Männern. Er hatte Deny, den jüngsten Sohn, auf dem Arm. Ein SS-Aufseher entdeckte den einjährigen Jungen beim Vater, fragte, ob er nicht verstanden habe? Max Rosenstein begründete laut Zeugen, er wolle sich um Deny kümmern, seine Frau habe schon vier Kinder bei sich. Daraufhin riss der SS-Mann das Kleinkind aus den Armen des Vaters und erschlug Deny an einem Laternenpfosten. Grete Rosenstein und die vier weiteren Kinder werden noch 1942 ermordet. Max Rosenstein überlebt als einziger, kehrt zurück nach Warburg und gründet eine zweite Familie mit Else Rosenberg aus Haaren.BegleitungZur Verlegung des Stolpersteins für Max Rosenstein sind Sohn Alfred Rosenstein, Enkeltochter Nadine Rosenstein-Menne, Enkel Raphael mit seiner Frau Sofie Rosenstein und Urenkel David Rosenstein gekommen (ein Teil der Familie Rosenstein fehlt wegen Quarantäne-Auflagen).Was der ersten Familie von Max Rosenstein passiert ist, sei schwer zu ertragen: &bdquo;Doch es soll darüber gesprochen werden. Darüber sollte nicht geschwiegen werden”, formulierte es Raphael Rosenstein im Vorfeld.

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