Warburg Der schwierige Weg zum Bio-Hof

Bonenburg. Der Berghof in Bonenburg: &bdquo;Einhundert Prozent Bio“, sagt Peter Tillmann (27). &bdquo;Eine Investition in die Zukunft“, sein Vater. &bdquo;Aber alles andere als ein Garant“, schränkt er ein. Mit seinem Sohn Peter bewirtschaftet er den Hof mit rund 100 Milchkühen und rund 95 Hektar Ackerland, Wiesen und Weiden. Sie haben umgestellt, von der konventionellen Landwirtschaft auf Bio. Eine Entscheidung, die nicht leicht fiel. &bdquo;Aber aus betrieblichen Gründen irgendwann gefällt werden musste“, hält Antonius Tillmann (58) fest. 2004 war die Berghof GbR gegründet worden, 2017 stieg Sohn Peter mit ein. Lange hatten die beiden überlegt, bis sie im Sommer vor zwei Jahren so weit waren, es anzugehen. Die Umstellung: Geklärt wurden Fragen zur grundsätzlichen Machbarkeit, zu den Kosten und zu möglichen Vermarktungspartnern. &bdquo;Schon eine Menge Arbeit“, blickt der junge Landwirt zurück. Seit dem Neujahrstag dieses Jahres dürfen die Tillmans die Milch ihrer Kühe nun als Bio-Milch verkaufen. Es dauert seine Zeit, bis ein Hof zu einem vollwertigen Bio-Betrieb wird. Bevor Getreide, Milch, Fleisch oder Eier mit Öko-Kennzeichnung vermarktet werden dürfen, muss jeder Betrieb eine Umstellungszeit durchlaufen. Nicht nur das Futter muss stimmen Nicht nur das Futter muss stimmen. Kleegras, Silomais, Ackerbohnen, Sojapülpe, ein bisschen Getreideschrot und Mineralfutter: Der Anbau richtet sich nach den strengen Weisungen der ökologischen Anbauverbände in Deutschland Gentechnik, chemisch-synthetischer Stickstoff-Dünger und Pflanzenschutzmittel sind Tabu. Die beiden Bonenburger Landwirte haben sich dem Bioland-Verband angeschlossen. Hinter den Rollos der langen Büroschrankreihe klemmt die Zertifizierungsurkunde zwischen den Aktendeckeln. Beim Futter für die Tiere kooperieren die Tillmanns mit benachbarten Bio-Landwirten. &bdquo;80 Prozent kann als Futter vom eigenen Hof deklariert werden“, bemerkt Tillmann. Kleegras wird von den Äckern gemäht, mehrmals im Jahr. In der Fruchtfolge lockert es den Boden auf und sorgt für den Humusaufbau. Unkraut und Beigräser verschwinden beim Schnitt. Doch kann der Ackerbauer wenig damit anfangen. &bdquo;Wir holen das Kleegras ab und verfüttern es an die Kühe“, sagt Tillmann. Die produzieren Milch &bdquo;und Gülle, die wiederum zurück an den Bioackerbau geht“. Der Bedarf an natürlichem Dünger, den das Getreide als Nährstoff braucht, wird passgenau ermittelt. &bdquo;Das ist wichtig, damit später bei Brot und Gebäck die Qualität stimmt“, sagt Tillmann. Oftmals in Sorge, draufzulegen Ein Kreislauf: Von der Futter-Mist-Kooperation profitieren alle. Auch wenn über das Jahr gesehen, der Anbau mit einigem Aufwand verbunden ist. Zwei Jahre war das Umstellungsgetreide von den 70 Hektar Ackerflächen, die die Tillmanns mit einem Mitarbeiter bewirtschaften, teuer an die Kühe verfüttert worden. Denn die Milch konnte nach den vorgegebenen Richtlinien nur zu den Preisen der konventionell erzeugten verkauft werden. Oftmals in Sorge, draufzulegen. Seit acht Wochen holt nun die Upländer Molkereigenossenschaft aus Usseln alle zwei Tage die Bio-Milch ab. &bdquo;Zwischen fünf und sechstausend Liter“, sagt Tillmann. Der Preis, den die konventionellen Milchviehhalter für den Liter erzielen, liegt aktuell bei 35 Cent. &bdquo;Und er wird steigen“, schätzt der junge Landwirt das Marktgeschehen ein, &bdquo;auf vielleicht 40 Cent oder mehr“. Die Upländer zahlen ihren Bauernfamilien 49 Cent. Weniger Milch zu einem höheren Preis: Doch seien &bdquo;das Vieh und wir zufrieden“, sagt Peter. Auch wenn sich der Absatz aktuell nicht derart entwickele, wie erhofft. &bdquo;Aber auch nicht so dramatisch, wie befürchtet.“Jetzt müsse im Laden nur noch zugriffen werden. Doch werden in Zeiten steigender Verbraucherpreise bei den Lebensmitteln schnell Abstriche gemacht, berichtet Antonius Tillman von der Zurückhaltung. Dem Markt seien Grenzen gesetzt. Für welche Dinge wird das Geld ausgegeben? &bdquo;Was brauche ich wirklich zum Leben“, stellt er dann philosophierend die Frage, &bdquo;die sich jeder stellen sollte“. Damit spricht der Bonenburger einen bewussten Konsum an. &bdquo;Für welche Dinge wird Geld ausgegeben?“, fordert Tillmann auch vom Verbraucher eine Umstellung.Peter Tillmann schlüpft in die grünen Gummistiefel und lädt zum Stallgang. Da sei nur wenig verändert worden, sagt er. Das Tierwohl lag den Tillmanns immer schon am Herzen. In den vergangenen Jahren war daher bereits einiges in offene Stallungen investiert worden. &bdquo;Jede Kuh hat ihren eigenen Fress- und und Liegeplatz“, lässt Tillmann den Arm über die Herde schweifen. Sechs Stunden pro Tag sind die Tiere auf der Weide. Das ist verpflichtend. Im ehemaligen Schweinestall standen zu Spitzenzeiten bis zu 950 Mastschweine. Der wurde im Sommer komplett auf Milchviehhaltung umgebaut. Ein Teil der Kühe zog ein, im vorderen Teil stehen hell und licht die Kälberboxen. &bdquo;Alle so glücklich wie zuvor“ Für die Umstellung zum Bio-Betrieb benötigen Unternehmen vor allem Flächen für die Vergrößerung des Stalls und Auslaufs. &bdquo;Für viele nicht einfach“, weiß Tillmann als Interessensvertreter der Landwirte. In Ostwestfalen-Lippe steht er an der Spitze des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes. Rund zehn Prozent der landwirtschaftlichen Höfe in Deutschland seien Biobetriebe, weiß Tillmann. &bdquo;Und 20 Prozent könnten sich vorstellen, auf Bio umzustellen.“ Angesichts der Zahlen hofft er auf eine sich mehr und mehr bessernde Vermarktung.Sein Urgroßvater hatte 1895 einen Hof in der Bonenburger Ortsmitte erworben, 1960 wurde der Betrieb an die Borlinghausener Straße ausgesiedelt. Sohn Peter mag den freien Blick über die Landschaft. Mindestens einmal im Jahr wird ein Inspekteur der Bio-Kontrollstelle vorbeischauen, Dokumente sichten, Mengen überprüfen. Mehr Bürokratie? &bdquo;Überschaubar“, sagt Tillmann. Doch müsse auch dieser Besuch bezahlt werden. Je ordentlicher die Akten, umso schneller ist das Ergebnis da. Zeit bedeutet auch in der Biolandwirtschaft Geld.Glückliche Kühe, glückliche Bauern? &bdquo;Alle so glücklich wie zuvor“, bleiben Peter und Antonius Tillmanns pragmatisch.

Mehr zum Thema