Vereine sprechen Klartext Trotz jahrelanger Planungen: Nieheimer Stadthalle wird frühestens 2026 saniert

Nieheim. Es wäre das prägende Stadtentwicklungsprojekt in Nieheim in den kommenden Jahren, sagt Bauamtsleiter Florian Greger über die Sanierung und die Erweiterung der maroden Nieheimer Stadthalle. Doch auch nach jahrelanger Diskussion scheinen weder Politik noch Vereine genau zu wissen, was sie eigentlich wollen. Deshalb trat der Nieheimer Ortsausschuss jetzt erstmal kräftig auf die Bremse. Die unangenehmen Wahrheiten sprachen dabei nicht die Kommunalpolitiker, sondern interessierte Nieheimer im Publikum aus. Es war vor allem Nieheims Grundschulleiterin Karin Finkeldei, die am Ende einer fast einstündigen Diskussion – beileibe nicht die erste – dem Gremium ins Gewissen redete. &bdquo;Ich bin mit der Erwartung hierhergekommen, dass wir schon zehn Schritte weiter sind“, sagte Finkeldei. Doch aus den Redebeiträgen der Vereinsvertreter und der Fraktionen war zu spüren, dass noch nicht mal grundsätzlich klar ist, was die Ansprüche an die künftige Halle sein sollen. Wie sehr soll sie künftig für Sportvereine geeignet sein? Welche kleinen und großen Feste sollen darin gefeiert werden? Welche Räume braucht man dafür? Finkeldei erinnerte an die Konzeption der Multifunktionsaula in der Grundschule, in der passenderweise auch die Sitzung des Ortsausschusses stattfand. &bdquo;Wir haben ein Jahr lang jeden Dienstag zusammengesessen“, berichtete die Pädagogin. Intensiv wurden dabei die jeweiligen Wünsche diskutiert und Kompromisse ausgelotet. &bdquo;Das kann auch mal richtig Feuer geben und krachen – das war bei uns auch so.“ Vereinsvertreter machen Bedarfe deutlich Einen Prozess, den Nieheim für die Stadthalle noch vor sich hat, denn bisher hat die Stadt bei den Vereinen, Kitas und Schulen nur abgefragt, für welche Veranstaltungen sie die Stadthalle überhaupt bräuchten. Herausgekommen ist ein Sammelsurium von Möglichkeiten von Schützenfesten, über Karnevalsfeiern und Leichenschmaus bis zur Tanzschule für Kinder, Indoorspielplatz bis hin zu Kulturveranstaltungen. Welche Anforderungen diese Veranstaltungen an die Räume stellen würden, wurde dabei noch nicht diskutiert. Das war auch Nieheims Bauamtsleiter Florian Greger bewusst, der in der Sitzung gleich mehrfach betonte, dass bisher &bdquo;nur“ eine Machbarkeitsstudie vorgelegt wurde. &bdquo;Diese sagt aus, dass es grundsätzlich möglich ist, die Stadthalle energetisch zu sanieren und mit einem Anbau zu versehen. Nicht mehr, und nicht weniger“, so Greger. Wollen jetzt Politik und Vereine diesen Weg tatsächlich gehen, müsse ein Nutzungskonzept erstellt werden, das wiederum Grundlage für eine genauere Entwurfsplanung wäre. Einen Vorgeschmack darauf, wie schwierig es werden wird, dieses Nutzungskonzept zu erarbeiten, zeigte die Diskussion mit den Vereinsvertretern im Ortsausschuss. So warf der Vertreter des Nieheimer FC ein, dass die in der Machbarkeitsstudie vorgesehene Kabinenlösung im neuen Anbau eigentlich völlig ungeeignet für die Fußballmannschaften ist. Denn die Umkleidekabinen sollen künftig allen Sportvereinen zugänglich sein, müssten also nach Nutzung leergeräumt werden. Einziger Konsens: Eine Halle ist nötig Der FC hat aber bisher einen Flachbildschirm in der Kabine hängen – für die Videoanalyse der Spiele. Auch eine Physiobank müsste Platz finden. Zudem bräuchte der Rasenmäher für den Sportplatz sowie weiteres Vereinsgerät eine Unterstellmöglichkeit. Auch andere Vereine nannten beispielhaft ihren Bedarf, der sich in den Plänen der Machbarkeitsstudie weitgehend noch nicht widerspiegelt. Und Schulleiterin Karin Finkeldei erinnerte wiederum am Beispiel der Grundschulaula, wie aufwendig die Koordination des fast täglich notwendigen Umbaus der Aula ist, und wie viel Frauen- und Manpower für die vielfältige Nutzung benötigt wird. Die Mitglieder des Ortsausschusses wiederum waren sich einig, dass die Stadt zwingend eine Halle für Versammlungen und Feiern braucht. Dass ihnen die derzeit vorsichtig geschätzten Kosten von rund drei Millionen Euro große Bauchschmerzen bereiten, hatten sie mit Bürgermeister Johannes Schlütz gemein. Denn der erteilte Ideen, wie sie beispielsweise Lucia Walter von der SPD vorbrachte, die Halle dauerhaft zu verpachten oder möglichst viel an private Veranstalter zu vermieten, um Einnahmen zu generieren, eine Absage. Denn würde die Halle zu mehr als 20 Prozent kommerziell genutzt, gebe es keine Fördermittel für die energetische Sanierung mehr. Und allein die soll nach aktueller Schätzung 1,4 Millionen Euro kosten. Müsste die Stadt diese Kosten allein stemmen und dafür einen Kredit aufnehmen, wären dafür im Moment 70.000 Euro Zinsen pro Jahr fällig – Geld, das durch die Vermietung niemals reinkommen würde. &bdquo;Mit oder ohne Förderung, wir werden die Halle nie wirtschaftlich betreiben können“, unterstrich Schlütz. Ist mehr ehrenamtliches Engagement die Lösung? Er forderte die Vereine auf, sich intensiv in die Erarbeitung des Nutzungskonzeptes einzubringen, und machte indirekt deutlich, dass die Stadtverwaltung aus Kapazitätsgründen dabei nicht unbedingt die Führungsrolle einnehmen wolle. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich &bdquo;Kümmerer“ finden, die den Prozess im kommenden halben Jahr intensiv begleiten. Er verwies auf die Dörfer, wo diese Prozesse weitgehend ehrenamtlich liefen. Der Anregung von CDU-Vertreter Frank Bertram, sofort einen ersten Beratungstermin festzulegen, weil gerade viele interessierte Nieheimer zugegen sind, folgte die Verwaltung aber nicht. Am Ende entschied der Ausschuss, sich Zeit zu nehmen, weil &bdquo;noch keine hinreichende Entscheidungsgrundlage“ gegeben ist. &bdquo;Zudem ist die Finanzierungsfrage mit Blick auf den kommunalen Eigenanteil aufgrund der aktuellen baukonjunkturellen und geopolitischen Lage mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet“, heißt es im einstimmigen Beschluss. Angestrebt wird jetzt, bis zum Herbst 2024 ein Nutzungskonzept und darauf aufbauend eine Entwurfsplanung zu entwickeln, die Grundlage für einen Förderantrag beim Städtebauprogramm im Jahr 2025 wären. Gebaut werden könnte dann, so Bauamtsleiter Florian Greger, möglicherweise im Jahr 2026. Bis dahin will die Stadt gemeinsam mit den Vereinen mit ein paar Facelifting-Maßnahmen die Stadthalle soweit auf Vordermann bringen, dass sie wenigstens überhaupt noch nutzbar ist, ohne sich schämen zu müssen.

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