Krieg und Verfolgung Nieheim muss noch weitere 140 Flüchtlinge aufnehmen - mehr Unterkünfte werden benötigt

Nieheim. Sie haben Krieg und Verfolgung erlebt: Schutzsuchenden Zuflucht zu gewähren, gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Kommunen. Doch immer mehr wird diese Aufgabe für die Städte zur riesigen Herausforderung. Allein Nieheim müsste, um seine Quote zu erfüllen, noch knapp 140 Personen aufnehmen – mehr, als die Stadt aktuell insgesamt versorgt. Die Verwaltung reagiert auf mehreren Ebenen. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 137 Personen müsste Nieheim nach aktueller Quote noch aufnehmen, um seinen Anteil an der Flüchtlingsbetreuung zu erfüllen. &bdquo;Das wäre für uns schier unmöglich, die könnten wir im Leben nicht unterbringen“, erklärte die Leiterin des Fachbereichs Soziales, Sandra Elsner, in der jüngsten Ratssitzung. Und sie rechnet damit, dass es noch deutlich heftiger kommen könnte. Das ist zumindest das Signal der vergangenen Regionalkonferenz in Detmold, wo Experten mindestens von einer Verdoppelung der Anzahl der Schutzsuchenden ausgingen. Nimmt, wie derzeit erwartet, der Flüchtlingsstrom zu, steigt auch für Nieheim die Quote. Geflüchtete stammen aus verschiedenen Ländern Aktuell kümmert sich die Stadt in ihren zwölf Einrichtungen um 121 Personen aus 19 Nationen. Hinzu kommen 59, die in privat angemieteten Wohnungen untergebracht sind. Das sei nicht immer ganz einfach im Zusammenleben, aber die Realität, sagt Elsner. Damit sind je nach Konstellation noch sieben bis acht Einzelplätze frei. Angekündigt ist aktuell für Nieheim eine Zuweisung von 25 Personen im November. &bdquo;Wir sind an der Kapazitätsgrenze angelangt“, sagt Elsner. Für Familien gebe es im Moment gar keinen Platz. Käme eine Familie, müssten andere Geflüchtete zusammenziehen, um Wohnungen frei zu machen. Die Stadt hat bereits reagiert. So werden aktuell für viel Geld in der alten Schule in Sommersell fünf Wohnungen hergerichtet. Eine fünfte muss für die kurzfristige Unterbringung von Obdachlosen frei gehalten werden. Je nach dem, ob es alleinreisende Asylsuchende oder ganze Familien sind, könnten in Sommersell 20 bis 25 Personen untergebracht werden. Stadt Nieheim will das Weberhaus wieder als Notunterkunft nutzen Damit ist klar, dass diese Maßnahme nicht wirklich viel bringen wird. Deshalb will die Stadt kurzfristig wieder zwei Etagen im leerstehenden Friedrich-Wilhelm-Weber-Haus in der Kernstadt anmieten. Hier müsste nur noch eine Küche eingebaut werden. Ansonsten seien die Räumlichkeiten in gutem Zustand. Sogar Betten gibt es in den Zimmern schon. 38 Räume stünden hier zur Verfügung, in denen jeweils rund vier Menschen Obdach finden könnten. Das Gebäudeensemble gehört der koptischen Kirche mit Sitz in Brenkhausen. Erste Gespräche zwischen Nieheims Bürgermeister Johannes Schlütz und Koptenbischof Anba Damian hatte es bereits im Frühjahr gegeben. Denn im Weberhaus waren schon zweimal Schutzsuchende untergebracht: Es wurde von 2013 bis 2014 als Notunterkunft genutzt. Seinerzeit war das bei den Anwohnern zunächst durchaus umstritten, weshalb das nie voll ausgelastete Haus schon im Sommer 2015 als Zufluchtsort aufgegeben wurde. Wie Sandra Elsner betont, hält sie das Weberhaus immer noch nicht für besonders geeignet für die Flüchtlingsunterbringung. &bdquo;Dabei bleibe ich auch. Aber wir haben im Moment gar keine andere Möglichkeit. Irgendwas müssen wir uns ja überlegen.“ Und dann fügt sie an: &bdquo;Ich hoffe, dass wir das irgendwie geregelt kriegen.“ 2018 kaufte es die koptische Kirche und wollte neben Unterkünften für kirchliche Würdenträger auch eine Bildungsstätte für Jugendliche daraus machen. Viel passiert ist in den vergangenen Jahren aber nicht. Nun soll es in Teilen wieder Flüchtlingsunterkunft werden. Die Stadt ist auch durch den Krieg in der Ukraine unter Zugzwang. &bdquo;Das Thema hat auch uns überrollt“, räumt Elsner ein. In Zahlen: Neben 113 Flüchtlingen aus anderen Nationen werden 67 aus der Ukraine betreut – fast die Hälfte lebt bei Verwandten und Bekannten. Die Menschen, die vor dem russischen Angriff geflohen sind, machen damit den größten Anteil an aus – deutlich vor Syrern und Afghanen. Aktuell vergleichsweise wenig Geflüchtete unterzubringen Zur Wahrheit mit Blick auf die Flüchtlingssituation gehört aber auch, dass Nieheim im Bereich der Zuweisungen mit Wohnsitzauflage in jüngerer Vergangenheit weitgehend verschont blieb. Die Stadt hat ihre Quote aktuell nur zu 33 Prozent erfüllt. Zu 100 Prozent fehlen noch 131 Personen. Das war in der Stadt immer bekannt. Die Besonderheit bei Geflüchteten mit Wohnsitzauflage: &bdquo;Im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass es sich bei denen, die uns mit Wohnsitzauflage zugewiesen worden sind, fast ausschließlich um alleinstehende Männer handelt. Und dabei hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, dass sie sehr rege Gebrauch machen von ihrem Recht auf Familienzusammenführung.“ Das heißt, dass die Stadt dann nicht nur die Männer, sondern auch Kinder und die Ehefrau unterbringen muss. &bdquo;Das ist dann teilweise schon ziemlich haarig.“

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