Bad Driburg (bat). Die Tat selbst hat keinen rechtsradikalen Hintergrund. Die Täter allerdings kommen aus der rechten Szene. Und die hat einmal mehr ihre Gewaltbereitschaft demonstriert.
Daran haben die drei Verhandlungstage am Höxteraner Schöffengericht keinen Zweifel gelassen. Vermummt und mit Knüppeln bewaffnet sind die Täter am Samstag, 16. Januar 2010, kurz nach Mitternacht mit quietschenden Reifen an der Gaststätte "Posträuber" in Bad Driburg vorgefahren, haben ihren Kumpel ins Auto gezerrt, zwei Personen niedergeschlagen und sind wieder abgerauscht. Die ganze Szene hat kaum mehr als eine Minute gedauert. Zwei 23 und 26 Jahre alte Biogas-Monteure aus Steinheim wurden wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung jetzt zu 9- und 13-monatigen Bewährungsstrafen verurteilt.
Beide sind bereits im rechtsradikalen Umfeld strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der 23-Jährige ist wegen der Verbreitung rechtsradikalen Propagandamaterials vorbestraft und der 26-Jährige wegen Landfriedensbruchs. Allein die Tatsache, dass die letzten Verurteilungen der beiden Angeklagten erst nach der Tat in Bad Driburg erfolgt sind, hat sie davor bewahrt, als Bewährungsversager direkt in den Knast einzufahren. Der dritte Mittäter des Überfallkommandos, ein 22-jähriger Zeitarbeiter aus Lichtenau, wurde zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.
"Sie haben zwar versucht, uns Ihre Gewaltaktion als Heldentat zu verkaufen, doch von Notwehr kann keine Rede sein, vielmehr bestand die volle Absicht, die Situation richtig aufzumischen", sagte die Vorsitzende Richterin Catherine Gödde in ihrer Urteilsbegründung. Ein 18-jähriger Gaststättenbesucher und sein 19-jähriger Bruder sind dabei nicht unerheblich verletzt worden. Der 18-jährige war bewusstlos mit Gehirnerschütterung und Rippenprellungen ins Krankenhaus eingeliefert worden.
"Ich ruf jetzt meine Nazi-Kumpels"
Im Posträuber fand an jenem Abend eine 80er-Jahre-Party statt. Die hatte auch ein 20-jähriger Maurerlehrling aus einer Bad Driburger Ortschaft besucht und dabei wohl auch zu viel getrunken. Er begann wahllos Mädchen anzupöbeln, wobei auch Worte wie "Flachtittchen" gefallen sind. Die beiden Brüder sorgten dafür, dass der Maurerlehrling schließlich vom Aufsichtspersonal vor die Tür gesetzt wurde. Statt einfach nach Hause zu gehen, organisierte der Maurerlehrling einen großen Rachefeldzug. "Ich ruf jetzt meine Nazi-Kumpels, und dann mischen wir euch auf", soll er gedroht haben.
Als die Brüder den Posträuber verließen, lauerte der 20-Jährige schon auf sie. Es kam zu einer Rangelei, und genau in diesem Moment trafen auch die "Nazi-Freunde" ein, die sich zuvor in Steinheim in der Wohnung des 26-Jährigen aufgehalten hatten. Und die Situation vor dem Posträuber hätte man tatsächlich als eine Notwehrsituation werten können. Der eigene Kumpel umringt von einer Horde Menschen. Das Gericht war aber überzeugt, dass die Aggression von dem 20-Jährigen ausging. "Hätten Sie einfach Ihren Kumpel genommen und ins Auto gesetzt und wären weggefahren, wäre alles gut gewesen, aber nein, jetzt war man einmal da und hatte sich auf eine Schlägerei eingestellt, dann musste auch zugeschlagen werden", fasste Richterin Gödde die Situation zusammen.
Diese Auffassung bestätigte auch ein 18-jähriger vierter Mittäter, der sich inzwischen von Steinheimer Nazi-Szene distanziert haben will. "Natürlich waren wir auf eine Schlägerei vorbereitet, und damit man unsere Gesichter nicht erkennt, hatten wir uns auch vermummt. Nur ich hatte blöderweise meinen Schal in der Wohnung vergessen", sagte der 18-Jährige, dessen eigenes Verfahren gegen Auflagen eingestellt worden war.
Der 20-Jährige, der die Lawine losgetreten hatte, wurde zu einem dreiwöchigen Dauerarrest in einer Jugendstrafanstalt verurteilt. Er hatte beim Weggehen, dem bewusstlos am Boden liegenden 18-jährigen Opfer brutal ins Gesicht getreten.