Welttoilettentag Zum Welttoilettentag: Einblicke in Höxters Kläranlage

Höxter. So mühsam bisweilen das große Geschäft auf der Toilette auch sein kann: Wers geschafft hat, drückt einmal kräftig die Spültaste und schon ist es weg. Genau in diesem Moment beginnt für das Team um Thorsten Pollmann richtig viel Arbeit. Denn die 14 Mitarbeiter der Stadtentwässerung Höxter sorgen dafür, dass die dann braune Brühe wieder richtig sauber wird. Zum Welttoilettentag am 19. November hat die Neue Westfälische das Klärwerk Höxter besucht und dort sogar glückliche Karpfen und Enten entdeckt. Über 50 Jahre sind Teile der Anlage im Industriegebiet Lüre schon alt, aber sie funktionieren immer noch wie am ersten Tag. Müssen sie auch, denn die Systeme müssen 24 Stunden, 365 Tage im Jahr ohne Unterbrechung laufen. &bdquo;Wir können den Höxteranern ja nicht sagen, dass sie nicht mehr auf die Toilette gehen oder Duschen können, weil hier etwas kaputt ist“, sagt Thorsten Pollmann. Er ist Chef des Klärwerks und schon seit 33 Jahren auf der Anlage. Sie beginnt etwas unscheinbar in einer Ecke des Areals. Pollmann zeigt auf eine Gitterabdeckung. Hier, tief unten im Schacht, kommt das gesamte Abwasser der Kernstadt Höxter sowie der der Stadtteile Bosseborn, Ovenhausen, Lütmarsen, Brenkhausen, Godelheim und Amelunxen an. Dazu das Regenwasser. An sonnigen, trockenen Tagen etwa 2.500 Kubikmeter Abwasser. Regnet es heftig, können es auch schon mal 15.000 Kubikmeter sein, sagt Pollmann. In der WM-Halbzeitpause Eine ziemlich braune Brühe, die weniger stark riecht, wie erwartet. Hier kann der Klärwerker übrigens ziemlich gut nachvollziehen, was die Höxteraner gerade so machen. Bei wichtigen Fußball-WM-Spielen kommt kurz nach der Halbzeitpause hier regelmäßig eine kleine Abwasserwelle an. Weil alle gleichzeitig aufs Klo gehen. Das Wasser hat noch einen weiten Weg vor sich. Mit zwei Schneckenpumpen wird sie einige Meter hoch auf die Anlage gepumpt. Das dreckige Wasser muss zunächst durch eine Rechenanlage mit Sieb. Hier bleibt alles hängen, was größer als 6 Millimeter ist. &bdquo;Das meiste ist Toilettenpapier, dass sich nich nicht aufgelöst hat“, sagt Pollmann. Anderes kann sich nicht auflösen und hätte niemals in die Toilette geworfen werden dürfen. Es kann nicht nur in der Anlage, sondern vor allem zuvor in den 300 Kilometer langen Kanälen und 16 Pumpenanlagen, die ebenfalls vom Team betreut werden, zu größeren Problemen führen. Neben der Siebanlage steht ein großer Container. &bdquo;Etwa einmal im Monat ist er voll“, sagt Uwe Dierkes, Chef der Stadtentwässerung. Daneben ein Zweiter. In ihm werden Sand und andere, kleinere Feststoffe aufgefangen, die in großen Mengen angespült werden. Komplizierte Technik Das so gereinigte Wasser geht dann auf eine lange Reise durch die Anlage, zunächst eine Wasserbahn mit Fettabscheider, dann ein Vorklärbecken, in dem sich weiterer Schlamm absetzen soll. Beständig fährt dort eine Art Schieber drüber, der den Schlamm vom Boden dann in einen Trichter schiebt. Versteckte Details zeigen, wie kompliziert die Technik tatsächlich ist. So gibt es unter der Laufbahn der Räder eine Heizung. Sonst würden diese durchdrehen, wenn es friert, berichtet Pollmann. Das Wasser selbst hat inzwischen die biologische Reinigungsstufe, das Belebungsbecken erreicht. In Höxter sind es im Prinzip sogar zwei. Denn die alte 1969 noch rechteckig gebaute Anlage ist ebenso in Betrieb wie die runde Erweiterung von 1985. Das Wasser wird auf diese beiden Straßen aufgeteilt. Hier erledigen Bakterien die weitere Arbeit, die natürlich &bdquo;gefüttert“ und über dicke Druckuftleitungen mit Sauerstoff versorgt werden. &bdquo;Sie fressen den Dreck quasi auf“, sagt Pollmann. Regelmäßige Kontrollen Der biologische Prozess dahinter ist allerdings recht kompliziert und wird heutzutage durch ständige Messungen digital überwacht. Im hauseigenen Labor werden die Werte regelmäßig gegengecheckt. Auch übergeordnete Behörden wie das LANUV kommen vorbei und analysieren die Daten. &bdquo;Die Grenzwerte müssen immer eingehalten werden“, sagt Pollmann. Das ist hier das A und O. Die Arbeit der Bakterien ist entscheidend, um das Höxteraner Wasser wieder sauber zu bekommen. Deshalb ist es Pollmann und Dierkes auch ein wichtiges Anliegen, dass die Einzeller nicht zerstört werden, beispielsweise durch Öl oder Chor im Abwasser. Jeder kann mithelfen, in dem er das Wasser so wenig wie möglich mit Chemikalien beispielsweise durch Putzmittel belastet. Thema Medikamentenrückstände Auch Medikamentenrückstände sind ein wichtiges ein Thema. Auf bitten der Bezirksregierung wurde vor einigen Jahren auch in Höxter geprüft, ob eine weitere Klärstufe nötig ist. 2,5 Millionen Euro hätte sie seinerzeit gekostet. Aber die Grenzwerte waren okay, die Investition wurde gestrichen. Ansonsten wird hier ständig investiert und modernisiert. So hat das Klärwerk inzwischen ein eigenes Blockheizkraftwerk, das einen Großteil der jährlich benötigten 700.000 Kilowattstunden selbst produziert. Angetrieben mit Methangas, das im Prozess entsteht. Früher wurde es einfach abgefackelt. Taucher reparieren in der braunen Brühe Die Becken werden übrigens niemals abgelassen. Muss etwas repariert werden, kommen Taucher zum Einsatz. Die sehen zwar so gut wie nichts da unten, haben bisher aber immer alles wieder in Gang bekommen. Das Abwasser fließt aus dem Belebungsbecken ins Nachklärbecken. &bdquo;Es hat noch keine Trinkwasserqualität“, sagt Pollmann. Aber es ist glasklar. Wie zum Beweis wird es in einen kleinen, idyllisch gelegenen Teich geleitet, wo Enten und Karpfen schwimmen. Früher auch unzählige Goldfische. Aber die haben die Kormorane gefressen, berichtet Pollmann. Das Wasser, was sie so aufwendig gereinigt haben, ist zurück in der Natur.

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