Höxter Fund auf Höxteraner Baustelle gibt Aufschluss über Dorfmühle und Teich

Höxter-Lütmarsen. Monika Weinholz baut in Höxter-Lütmarsen. In der Straße Gutshof soll eine Fahrzeughalle inklusive barrierefreiem Schulungsraum entstehen. Dafür mussten erst ein paar alte Scheunen abgerissen werden. Auf dem so freigewordenen Gelände konnte der Stahler Hochbauunternehmer Heribert Potthast dann beginnen, ein Fundament für das neue 400 Quadratmeter große Gebäude zu legen. "Dass irgendetwas zum Vorschein kommt, das habe ich mir schon gedacht", sagt Monika Weinholz, die gemeinsam mit ihrem Mann Hubert eine Fahrschule in Holzminden betreibt. Dass es dann geschichtsträchtige Holzbalken sein würden, die der Bauunternehmer aus dem Boden zieht, damit hat sie jedoch nicht gerechnet. Vergangene Woche Montag beginnen Potthast und Team mit den Fundamenten. Zumindest wollen sie das. Doch statt auf festen Untergrund stoßen sie auf eine Schlamm- und Schlickschicht von 60 Zentimetern bis drei Metern Dicke. "Das hat mich stutzig gemacht", berichtet Heribert Potthast, "eine Fundamentgründung kann natürlich nicht auf Schlick erfolgen". Dann entdeckt der Bauunternehmer Holzpfähle, die senkrecht im Schlick stecken, im Abstand von rund 80 Zentimetern, am unteren Ende angespitzt. Eine Reihe waagerecht liegender Balken komplettiert das Gebilde. Mit dem Bagger zieht Heribert Potthast die Hölzer heraus und hat gleich das Gefühl, dass er einen für Lütmarsen wichtigen Fund gemacht hat. "Mein erster Eindruck war: Hier liegen 500, 600 Jahre vor mir." Karl-Josef Kruse, ehemaliger Ortsheimatspfleger und jetzt Geschichtsenthusiast, kommt dazu und ist sich ebenfalls schnell sicher, dass die Balken und Pfähle ein halbes Jahrhundert auf der Borke haben. Kruse kann auch Aufschluss geben, wie die Holzstücke dorthin gekommen sein könnten. Östlich angrenzend an das Grundstück, auf dem Familie Weinholz ein neues Gebäude errichten will, befindet sich eine große Scheune. Darunter vermutete Kruse stets die Überreste eines alten Teiches, in dem vor Jahrhunderten Karpfen gezüchtet wurden. Die Balken und Schlick lassen den Hobby-Historiker nun denken: "Der Teich war nach Westen größer als angenommen." Die neuen Erkenntnisse zeigen, dass die Lütmarser Mühle woanders gestanden haben muss Diese These wird von den Beobachtungen des Bauunternehmers gestützt. Die dickste Schlammschicht hat er auf dem Grundstück Richtung Nachbargrundstück, wo der Standort des ehemaligen Teiches vermutet wurde, gefunden. Zu beiden Seiten flacht diese Schicht deutlich auf bis zu 60 Zentimeter ab. In diesem Bereich, wo die Schlickschicht vergleichsweise dünn ist, wurden die Holzbalken gefunden. Ganz so, als sei damit ein Ufer befestigt oder eine Wasserzufuhr geregelt worden. Das wiederum führt Kruse dazu, dass auch die ehemalige Lütmarser Mühle an einem anderen Ort gestanden haben muss. Nicht ein einem völlig anderen, doch statt in der heutigen Einfahrt zum Gutshof, eben etwas mehr Richtung Osten. Eine heute noch deutlich erkennbare Vertiefung auf dem Weinholz-Grundstück scheint ihm ideal. Von der Mühle, sagt Kruse, müsse dann Wasser durch den Teich und später in den Grubebach geflossen sein. "Hier ist das Streichwehr gewesen", fährt er fort und deutet mit beiden Händen auf die Stelle, wo Heribert Potthast auf die Balken und Pfähle gestoßen ist: "Und das macht Sinn." Rund 15 Stücke Holz hat der Bauunternehmer aus dem Boden gezogen. Bei den meisten Stücken handelt es sich deutlich um Eichenholz. Ein Pfahl weist allerdings glatte Rinde auf. "Wäre Buche nicht weggefault?", fragt Henning Fischer von der Unteren Denkmalbehörder der Stadt Höxter mit Blick auf die Altersschätzungen. "Vielleicht ist es Pappel", antwortet der Bauunternehmer. Fischer weist dann auf die "bewusste Anspitzung" des Pfahls hin - von vier Seiten ist der Stamm bearbeitet worden. Auch ein "Steuerelement" meinen die Herren entdeckt zu haben. Was genau seine Funktion gewesen sein könnte, ist allerdings unklar. Eine Holzanalyse könnte Aufschluss über das Alter geben Der ehemalige Ortsheimatpfleger würde sich wünschen, dass das Holz untersucht würde. Per Dendrochonologischem Verfahren kann ganz genau bestimmt werden, in welchem Jahr ein Baum gefällt wurde. Denn je nach dem wie feucht oder trocken ein Jahr war, bildet ein Baum breitere oder schmalere Jahresringe aus. Wäre das Fälljahr bekannt, könnte davon ausgegangen werden, dass das Holz sofort verbaut wurde, denn "beim Bau wurde in der Regel frisches Holz verwendet, wie Fischer berichtet. Karl-Josef Kruse weiß aus Zeitzeugenberichten, dass der Teich 1924 verfüllt wurde. Und zwar mit Bauschutt des ehemaligen Gasthauses Wöstefeld. Warum? "Der Teich wurde einfach nicht mehr gebraucht", sagt Kruse. Dessen Überbleibsel sind jetzt wieder aufgetaucht und Kruse will sich darum kümmern. Er will die Balken sichern, eine neue Karte zeichnen, das Steuerelement aufarbeiten und ausstellen. Nicht zuletzt auch mit Blick auf das 1.200-Jahrfest des Dorfes im April 2023, das in Steinflitschweite des ehemaligen Teichs gefeiert werden soll. Bleibt noch eine Frage: Was sagt die Bauherrin zu den ausgebuddelten Holzbalken? "Die ganze historische Geschichte finde ich sehr spannend, gleichzeitig bedeutet das einen erheblichen Mehraufwand, wenn der Herr Potthoff für das Fundament drei Meter tief graben muss", sagt Monika Weinholz.

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