Höxter Kino-Unternehmerfamilie verabschiedet sich nach 50 Jahren aus Höxter

Höxter. Vor mehr als zehn Jahren lief im Deutschen Haus der letzte Kinofilm – jetzt hat sich nach 50 Jahren Engagement an der Weser die Kino-Unternehmerfamilie Schlinker aus Höxter verabschiedet. Sie hat den dreiteiligen Gebäudekomplex rund um das Deutsche Haus mit acht Wohnungen, Gastronomie und Ladengeschäften verkauft. Und will sich künftig auf die beiden Kino-Standorte Warburg (Cineplex) und Brilon konzentrieren, sagt Ute Schlinker. Neuer Besitzer ist die seit 1657 bestehende Möringsche Familienstiftung von Michael und Daniel Kempermann aus dem Raum Köln/Bonn. Über den Kaufpreis – der Kontrakt gilt zum Jahresbeginn – ist Stillschweigen vereinbart worden. Es sind viele Erinnerungen in dem Aktenordner gesammelt, den Heribert Schlinker aufschlägt. Schöne und weniger schöne. Damit verbunden ist jedoch Kinogeschichte. Corona hatte die seit einiger Zeit gehegten Verkaufspläne für den Gebäudekomplex aus verschiedenen Zeitepochen (der Fachwerkteil stammt aus dem 18. Jahrhundert) noch einmal verzögert. Nachdem man schon im Februar 2020 hatte konkret werden wollen, erinnert Ute Schlinker. Und bereits aus den ehemaligen Kinosälen Wohnungen gebaut hatte. Weil die in Höxters Zentrum gesucht seien. 2011 lief im Deutschen Haus der letzte Film, eine Digitalisierung sei aufgrund des beengten Standortes und dem Wunsch nach Großkino-Erlebnissen nicht möglich gewesen. Weshalb Familie Schlinker dann vor gut sechs Jahren in Höxter im Gewerbegebiet zwischen Albaxen und Stahle neu bauen wollte. Die Pläne (sieben Säle, 900 Plätze) wurden nach heftiger öffentlicher Diskussion und Gegenwind sowie der Erweiterungs-Ankündigung beim Roxy-Kino Holzminden aufgegeben – und in Brilon realisiert. Nun also der Abschied aus Höxter. Drei Kinos Drei Kinos habe es mal in der Stadt an der Weser gegeben, erinnert Heribert Schlinker an das Central-Theater von 1936 (wo heute die Passage Deutsches Haus ist), an die Lichtburg an der Corbiestraße und an einen Kolping-Kinosaal. Mit der Aufgabe der Lichtburg sei das Residenztheater (heute Standort Stadthalle) gebaut worden, ab Anfang der 1960er-Jahre das Central-Theater aufgrund der Konkurrenz des Resi geschlossen wurde und das Gebäude verfallen. &bdquo;Die LEG wollte es preiswert verkaufen, weil Höxter die Wegetalstraße verbreitern und das Gebäude abreißen wollte, um eine direkte Straße zum Bahnhof zu führen“, erinnert sich der Warburger. Er kam 1976 ins Spiel, übernahm im August das Resi – allerdings mit nur einem Saal. &bdquo;Und wir waren gezwungen, die Filme 14 Tage zu spielen.“ Die Alternative: Das alte Central-Theater stand 10 bis 15 Jahre leer, erinnert sich Schlinker. Er griff zu und pachtete das marode Gebäude Ende der 1970er-Jahre, räumte aus, baute es um, erweiterte die Saalkapazität und kauft es einige Jahre später. &bdquo;Tag vom Ende der Kinokultur in Höxter“ &bdquo;Sie fielen damals in den 1970ern aus allen Wolken“, erinnert sich Schlinker schmunzelnd an die Reaktion bei der Stadt rund um Stadtdirektor Andersen, dass jemand das runtergekommene Gebäude haben wollte. &bdquo;Und waren natürlich hellauf begeistert.“ Schlinker investierte. Und er nannte es nach der Gaststätte um in Deutsches Haus. Während das Residenz die Main-Stream-Filme zeigte, war das Deutsche Haus Programmkino, für das die Schlinkers viele Auszeichnungen für ihr &bdquo;herausragendes Programm“ erhielten. An den 16. Dezember 1996 erinnert er sich nicht gern, nennt ihn den &bdquo;Tag vom Ende der Kinokultur in Höxter“: Die Stadt kündigte den Kinobetrieb auf – mit einer knappen 22:21-Ratsbeschluss und einem &bdquo;Riesengerangel“ im Vorfeld. &bdquo;Sie wollte ein Multiplex-Kino haben“, erzählt er. Und habe alles unternommen, um dafür einen Betreiber zu bekommen. Der sei mit einem &bdquo;Kinokönig“ aus dem Ruhrgebiet gefunden worden. Und der habe utopische Vorstellungen von 400.000 Besuchern in einem neuen Großkino auf dem Berliner Platz gehabt. Doch das Vorhaben platzte – und Höxter habe ganz ohne Kino dagestanden.

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