Haushaltsrede Harte Kritik am Untersuchungsausschuss: Stickeln macht Lügde-Frust Luft

Kreis Höxter. Abrechnung am Jahresende: Landrat Michael Stickeln nutzt den Moment seiner Haushaltsrede, um ordentlich gegen den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landes NRW zum Missbrauchsfall Lügde auszuteilen: Das Gremium erweise dem Kinder- und Jugendschutz in Teilen einen &bdquo;Bärendienst" – &bdquo;wenn jemand etwas Gutes will, aber das Gegenteil bewirkt". Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses als &bdquo;eines der wichtigsten Kontrollinstrumente" sei, Sachverhalte aufzuklären. Im konkreten Fall Lügde: Wie konnte Haupttäter Andreas V. über Jahre kleine Mädchen und Jungen oral, vaginal und anal vergewaltigen, ohne dass es einer Behörde auffiel? Da 13 der bekannten Opfer im Kreis Höxter lebten oder leben, wurden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreisjugendamtes sowie der Ex-Landrat Friedhelm Spieker und sein Nachfolger Michael Stickeln zur Aussage in Düsseldorf geladen. Besonders Spieker musste nach seiner Aussage harsche Kritik von Ausschussmitgliedern aller Parteien einstecken. Etwa, weil er nicht wusste, wie viele Kinder aus dem Kreis Höxter die Täter missbraucht hatten. In Düsseldorf sieht man manches anders Dem U-Ausschuss stünden &bdquo;ganz besondere Rechte und Kompetenzen" zu, erklärt der Landrat mit Blick auf Zeugenbefragungen. &bdquo;Aus dieser Macht folgt aber auch eine große Verantwortung. Dieser Verantwortung sind leider einige der Mitglieder in meinen Augen nicht gerecht geworden", sagt Stickeln. Die Arbeit des Ausschusses habe in der Kreisverwaltung zu einem &bdquo;enormen Arbeitsdruck" geführt. Öffentlicher Druck und Berichterstattung hätten Mitarbeiter &bdquo;bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geführt – und diese Grenze wurde oftmals sogar noch überschritten". Und das obwohl, wie Stickeln betont, der Kreis Höxter die Aufklärung &bdquo;zu jeder Zeit uneingeschränkt und vorbehaltlos" unterstützt habe. Das sieht der Ausschussvorsitzende, Landtagsmitglied Martin Börschel, offenbar anders. In einem Schreiben aus dem Monat Mai, das der Redaktion vorliegt, wirft Börschel dem Landrat vor, dass Stickeln &bdquo;wieder die Erteilung einer Aussagegenehmigung" verweigert habe. Es müssen wohl derartige Aussagen und derartige Berichte gewesen sein, aufgrund derer Stickeln den Eindruck gewinnt, &bdquo;man wolle den Ausschuss instrumentalisieren, um zumindest auch politische Interessen voranzutreiben". Besagter &bdquo;Bärendienst". Projekte für die Zukunft Dann der erste Blick nach vorn: das in Auftrag gegebene Gutachten, die Aufarbeitung. Abschließend noch ein Appell an die Kreistagsmitglieder: &bdquo;Lassen Sie uns auch in Zukunft gerade in solchen schweren Zeiten zusammenstehen und lieber miteinander reden, als übereinander." Zwei von 13 Seiten sind in der Haushaltsrede für Lügde reserviert. Und dann redet Stickeln lieber über den Haushalt, der laut Kreiskämmerer Gerhard Handermann &bdquo;trotz oder gerade wegen der Pandemie aktuelle, zukunftsweisende, gesamtgesellschaftliche Themen" aufweise. Und selbstredend dementsprechende Projekte. Stichwort Gesundheit: Handermann kündigt den &bdquo;Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst" an, der einen &bdquo;massiven Personalaufbau" im öffentlichen Gesundheitsdienst vorsehe. Heißt: Es werden Ärzte, Fach- und Verwaltungskräfte eingestellt. Laut Handermann unbefristet. Das Geld dafür kommt aus Berlin. Schlagwort Digitalisierung: Mit dem Projekt &bdquo;Smart Cities" sei es &bdquo;erneut gelungen, ein millionenschweres Projekt in den Kreis Höxter" zu holen, sagt Stickeln. Die 5,69 Millionen Euro Fördergeld will der Kreis zu einem &bdquo;Meilenstein für die Digitalisierung" schleifen. Zum Beispiel durch attraktive Innenstädte oder sinnvoll gelenkten Verkehr. Fraktionen beraten - Entscheidung im Dezember Apropos: &bdquo;Das Auto ist nach wie vor auf unseren Straßen für die meisten Menschen das Verkehrsmittel der ersten Wahl", sagt Stickeln. &bdquo;Dennoch müssen wir uns die Frage stellen: Wie möchten wir insbesondere im ländlichen Raum Mobilität in Zukunft gestalten?" Da geht es dann vor allem um Klimaschutz und Nachhaltigkeit wie auch bei dem &bdquo;Zero Waste"-Konzept, das der Kreis erarbeiten will. Denn &bdquo;am besten ist natürlich der Abfall, der gar nicht erst entsteht", weiß Stickeln. Mit &bdquo;definierten Maßnahmen" sollen einfache Lösungen kreiert werden, um &bdquo;auf allen Ebenen" (Haushalt, Büro und Industrie) Müll zu vermeiden und so Umwelt und Klima zu schützen. Den Haushaltsentwurf werden die Fraktionen im Kreistag nun beraten. Darüber abgestimmt wird am 14. Dezember.

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