Höxter

Jugendherberge stellt Betrieb ein

Das Gebäude am Ziegenberg ist als Herberge nicht mehr lukrativ und wird vom Netz genommen. Die Stadt plant eine Weiternutzung als Flüchtlingsunterkunft, der Rat berät darüber am 25. Februar

Hausherr: Calle Swoboda, vor der Jugendherberge Höxter, die er leitete. Auch wenn die Herberge an der Wilhelmshöhe nicht mehr betrieben wird, ist er nicht arbeitslos. Swoboda leitet die Jugendherbergen in Detmold, Horn-Bad Meinberg und Bad Driburg. Der Betrieb in Höxter soll nicht mehr aufgenommen werden. | © David Schellenberg

Amina Vieth
17.02.2016 | 17.02.2016, 16:59

Höxter. Die Nachfrage ist gering, Buchungen gibt es kaum noch - die Jugendherberge in Höxter scheint ausgedient zu haben. Der Grund für das mangelnde Interesse an der Unterkunft am Ziegenberg? "Sie entspricht nicht dem Standard, den die Gäste erwarten", erklärt Simon Drath, Sprecher des Landesverbandes Westfalen Lippe Deutsches Jugendherbergswerk. Leer soll das Haus aber nicht bleiben: Die Stadt plant, die Herberge weiter als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Darüber wird am Donnerstag, 25. Februar, im Rat beraten.

Von November 2015 bis Ende Januar wurde die Höxteraner Jugendherberge an der Wilhelmshöhe bereits als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt. "Wir haben sie der Stadt als Flüchtlingsunterkunft angeboten", so Sprecher Simon Drath. "Im Winter sind Herbergen eh nicht sehr gefragt." So musste das Gebäude zumindest vorübergehend nicht leerstehen.

»Das Haus zu renovieren, rentiert sich nicht«

Ex-Notunterkunft: Die Stadt will die Häuser anmieten und als Flüchtlingsunterkunft nutzen. - © Nop
Ex-Notunterkunft: Die Stadt will die Häuser anmieten und als Flüchtlingsunterkunft nutzen. | © Nop

Aber die Zukunft des 1955 erbauten Hauses mit 28 Zimmern und insgesamt 131 Betten war schon im vergangenen Jahr ungewiss. Denn die Nachfrage sei stetig gesunken. Der Standard, wie er von den Gästen erwartet und in anderen Häusern auch erfüllt werde, sei in der Höxteraner Herberge nunmal nicht gegeben, erklärt Drath. Beispielsweise müssten in den Zimmern Toiletten und Duschen installiert werden, "bisher gibt es sanitäre Anlagen nur auf dem Flur". Das Haus und die Zimmer zu renovieren sei aber zu teuer, rentiere sich nicht, denn die Nachfrage ist zu gering. "Wir nehmen die Herberge vom Netz", erklärt Drath. Vorerst für ein Jahr.

Interessenten, die in der Höxteraner Jugendherberge übernachten wollen, werden umgebucht. Calle Swoboda, Herbergsleiter in Höxter, leite auch die Häuser in Bad Driburg, Horn-Bad Meinberg und Detmold. Daher sei es unproblematisch, die Gäste woanders unterzubringen. "Wir insgesamt in OWL gut aufgestellt", so Drath.

Gespräche für eine Weiternutzung der Herberge laufen bereits mit der Stadt Höxter. Sie will das Haus mieten, um dort Flüchtlinge zu beherbergen. Erst Ende Januar sind die letzten Flüchtlinge dort ausgezogen. Da die Notunterkunft an der Brenkhäuser Straße wegen Brandschutzmängeln geschlossen worden war, sieht die Stadt es als notwendig an, weitere Unterkünfte vorhalten zu können. Denn seit der Schließung der Notunterkunft erhält die Stadt wieder mehr Zuweisungen von Asylsuchenden.

In der Jugendherberge an der Wilhelmshöhe könnten maximal 110 Personen untergebracht werden. Auch für das ehemalige Stabsgebäude des ABC-Abwehrbataillons 7 an der Brenkhäuser Straße interessiert sich die Stadt. Dort könnten ebenfalls 110 Personen und in dem ehemaligen Offiziersheim 70 Personen untergebracht werden. Alle drei Gebäude sollen lediglich gemietet und nicht gekauft werden.

Aktuell gibt es in Höxter 467 Flüchtlinge, teilt Sabine Hasenbein mit, Sprecherin der Stadt Höxter. Das entspreche laut Ratsvorlage einer Steigerung von 163 Prozent gegenüber 2015. Es bestehe aktuell noch eine Aufnahmeverpflichtung für weitere 81 Flüchtlinge, Tendenz weiter steigend. "Zurzeit erreichen durchschnittlich 20 Menschen pro Woche die Stadt Höxter", heißt es weiter. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Unterkünfte bereits Ende März voll belegt sein werden. Ende August werden voraussichtlich 64 Plätze fehlen. Auch wenn die Unterkunft an der Brenkhäuser Straße eingerechnet wird, ergebe sich immer noch ein Fehlbedarf von rund 180 Plätzen zum bis zum Jahresende.

Im Herbst 2015 sei man für die Haushaltplanung 2016 allerdings von der Unterbringung von 750 Flüchtlingen ausgegangen. Die Prognose beruhte auf der Annahme, dass die Notunterkunft an der Brenkhäuser Straße länger hätte betrieben werden können, für die Dauer des Betriebs gab es einen Zuweisungsstopp. Da die Notunterkunft aber am 30. November geschlossen worden ist, ist die Zuweisungspause aufgehoben. Die Stadt rechnet mit 900 Geflüchteten bis zum Ende des Jahres. Allerdings werde die Prognose der Flüchtlingszahlen vom Bund stetig nach oben korrigiert, heißt es in der Sitzungsunterlage. Demnach sei nicht auszuschließen, dass es deutlich mehr als 900 Flüchtlinge werden könnten. Zudem werden die Gebäude an der Lütmarser Straße geräumt und abgerissen - die Bewohner brauchen eine andere Bleibe. Aus diesen Gründen sei es notwendig, genügend Raum für die Unterbringung der Menschen zu haben. Die Jugendherberge anzumieten hält Werner Böhler, Fraktionschef der SPD, "für eine sehr gute Maßnahme" - zumindest den ersten Informationen nach. "Das Vorhaben ist kurzfristig umsetzbar und es sind keine großartigen Investitionen notwendig, die den Haushalt stark belasten."

»Das Vorhaben lässt sich schnell umsetzen«

Die Jugendherberge stehe sofort zur Verfügung und könne mitsamt Inventar angemietet werden, wird in der Sitzungsvorlage erklärt. Allerdings müssten Küchen eingebaut werden, die vorhandene wird nicht mitvermietet. In Sachen Brandschutz sei das Gebäude aber entsprechend ausgestattet, es seien diesbezüglich keine weiteren Maßnahmen notwendig. Und die Stadt läuft demnach nicht Gefahr, dass die Unterkunft nach einer kurzen Weile von der Bezirksregierung geschlossen wird, wie im Fall der Notunterkunft an der Brenkhäuser Straße.

Andere Pläne, wie das Instandsetzen der ehemaligen Kasernengebäude, seien kostenaufwendiger und benötigten eine längere Vorlaufzeit, so Böhler. Frühestens ein halbes Jahr nach der Baugenehmigung könnten die Häuser bezogen werden, teilt Bürgermeister Alexander Fischer in der Sitzungsvorlage mit. Langfristig sei aus Sicht der Sozialdemokraten zu prüfen, ob ein Kauf der Jugendherberge infrage komme. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Flüchtlingsstrom bald abreißt. Und auf Dauer müsse eine Lösung geschaffen werden, die die Dörfer entlastet.

So sieht es auch die CDU-Fraktion, wie der Vorsitzende Stefan Berens erläutert. Die Christdemokraten begrüßen die Möglichkeit, die Herberge als Flüchtlingsunterkunft nutzen zu können. "Bisher gab es in der Kernstadt nur wenige Möglichkeiten dazu", so Berens. Zudem sei das Gebäude an der Wilhelmshöhe "ein unproblematischer Standort". Bisher habe es keine negativen Rückmeldungen wegen der Notunterkunft gegeben.

Information

Pläne und Investitionen

  • In der Vorlage für die Ratssitzung am Donnerstag, 25. Februar, sind die Kosten für die verschiedenen Unterkünfte aufgelistet.
  • Für den Neubau an der Lütmarser Straße müssen nach Schätzung von Architekten rund 17.500 Euro pro Asylplatz investiert werden.
  • Für die Containeranlage an der Grünen Mühle, wobei gebrauchte Container aufgebaut werden, wird mit rund 10.700 Euro pro Asylplatz berechnet. Bei Neucontainern würden rund 18.000 Euro pro Asylplatz fällig (Kauf der Container inbegriffen).
  • 1.750 Euro pro Platz sind es beim Umbau der Förderschule in Lütmarsen.
  • Bei der Herrichtung der Grundschule in Ovenhausen sind es 3.300 pro Asylplatz.
  • Wird die Hauptschule in Stahle als Flüchtlingsunterkunft hergerichtet, werden 3.250 Euro pro Asylplatz fällig.