Brenkhausen. In wenigen Tagen beginnen im russischen Sotschi die Olympischen Winterspiele. Ein Ereignis, das von der Grundidee her politische Grenzen überwinden und völkerverbindend wirken soll. Das so etwas auch im kleinen Rahmen passieren kann, zeigt sich aktuell beim Schachclub Brakel-Bad Driburg. Dort bringt seit einem halben Jahr Asylbewerber Hanna Sorial dem Nachwuchs die Strategien des Schachspiels bei.
Für den Ägypter Hanna Sorial ist das Schachspiel eine Berufung und in der aktuellen schwierigen Lebensphase vor allem auch ein ganzer wichtiger Halt. Sorial gehörte ab Mitte der 1990er Jahre für mehr als zehn Jahre zu den besten Schachspielern Afrikas. Im Jahr 2000 stand er sogar kurz davor, am Endturnier zur Weltmeisterschaft teilzunehmen. Im Januar 2003 gewann er ein internationales Turnier auf Malta.
Genau zehn Jahre später folgten dann die schwierigen persönlichen Umstände: Sorial, Angehöriger der Koptischen Kirche, kam als Asylbewerber nach Beverungen. Er musste aus Kairo fliehen.
"Zu meinen ersten Aktivitäten gehörte es dann, mich in Beverungen nach einem Schachclub umzusehen", berichtet der 51-Jährige, der über die Probleme in seinem Heimatland Ägypten nicht sprechen will. Es brauchte etwas Zeit, doch dann war der Kontakt zum Bezirksligisten SC Turm Beverungen hergestellt. Der Vorsitzende Burkhard Otte vermittelte Sorial dann sofort an die Schachfreunde Brakel-Bad Driburg weiter, die in der Verbandsliga spielen und somit der Spielstärke von Sorial schon näher kommen.
So hatte Sorial endlich einen Schachverein gefunden und in dem stellvertretenden Vereinsvorsitzenden Dieter Klahold einen Kumpel, der ihn zu den Trainingsabenden, Spieltagen und Turnieren abholt und wieder nach Hause bringt. Zudem stellte Klahold den Kontakt zu der Koptischen Gemeinde in Brenkhausen her, wo Hanna Sorial mittlerweile auch lebt und auf die Nachricht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wartet, ob sein Asyl gewährt werden kann.
Trotz der schwierigen persönlichen Lage - die Lebenslust hat der Ägypter nicht verloren. Mit großer Freude spricht er in Englisch über das strategische Brettspiel. Und diese Freude übermittelt er nun auch auf die Nachwuchsspieler der Schachfreunde Brakel-Bad Driburg. Für die Jugendlichen ist das ein absoluter Höhepunkt, denn Hanna Sorial ist nicht nur ein ausgezeichneter Spieler, sondern auch ein perfekt ausgebildeter Coach. Er hat die Trainerlizenz des Weltverbandes FIDE.
In Ägypten gehörte er sogar zu den Entdeckern von Ahmed Adly, der 2007 die Weltmeisterschaft der unter 20-Jährigen gewann. Nun schaut er nach Talenten in Brakel und bringt ihnen einmal die Woche die Kniffe des Schachspiels bei. Wichtig sei es, als Schachspieler Visionen zu entwickeln und den Mut zu haben, Opfer zu bringen.
Das Training unterteilt sich in kreative und analytische Arbeit. Dem Nachwuchs gefällt es: "Er bringt uns viele Tricks bei und erklärt uns, worauf wir unbedingt achten müssen." Zudem haben die Jungs noch einen weiteren Vorteil ausfindig gemacht: "Da Hanna nur Englisch spricht, verbessern wir automatisch unsere Sprachkenntnisse." Jeden Dienstag von 17 bis 18.30 Uhr wird das Schachtraining für Kinder und Jugendliche im Vereinshotel Klarhold in Brakel angeboten. Leiter ist Dieter Klahold.
Und auch die Seniorenmannschaft der Schachfreunde will von den Qualitäten Sorials weiter bei den Trainingsabenden profitieren. "Wir können uns noch einiges bei ihm abschauen", sagt Klahold. Im Ligabetrieb spielt Sorial, der am liebsten mit den weißen Steinen die Reti-Eröffnung (Springer auf f3) spielt, seit September an Position eins mit. Bisher ohne Niederlage.
Wichtig ist aber zunächst die Entscheidung des Ministeriums. Vielleicht ergeben sich dann für den Nordafrikaner auch berufliche Möglichkeiten. In Kairo hat er als Koch gearbeitet. Auf jeden Fall will er aber weiter Kindern in Brakel, vielleicht auch in anderen Ortschaften, das "königliche Spiel" beibringen.