Kreis Höxter Droht im Kreis Höxter das große Praxissterben?

Kreis Höxter/Beverungen. Er ist Zahnarzt in dritter Generation mit einer gut eingespielten Praxis mit breiter Patientenbasis in Beverungen - und findet trotzdem keinen Nachfolger. So wie es aktuell Dr. Bernward Menge geht, könnte es demnächst vielen Ärzten im Kreis Höxter gehen. Auch Fachärzte und Allgemeinmediziner stehen bei der Suche nach Nachfolgern wohl künftig vor Problemen. Die Gründe sind vielfältig - Lösungen sind nur vereinzelt in Sicht. Fast ein Jahrhundert lang war die Weserstraße 5 ein Anlaufpunkt in Beverungen für Menschen, die Zahnschmerzen plagten. Ende März ist damit nach bisherigem Stand Schluss. Obwohl Bernward Menge die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hat, doch noch einen Nachfolger für die Praxis zu finden.Der Beverunger ist Zahnarzt in dritter Generation, hat sich lange auf seinen gesundheitlich bedingten Rückzug vorbereitet und schon vorher Nachfolger gesucht. Bundesweit wurden in Fachblättern Anzeigen geschaltet. Kassiert hat der 61-Jährige nur Absagen. Neben dem Standort, so fürchtet er, spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass Zahnärzte immer mehr bürokratische Anforderungen erfüllen und Verwaltungsaufgaben übernehmen müssen. Aber auch die Abhängigkeit von Firmen, die Prüfungen und Validierungen von Geräten, die der Gesetzgeber vorschreibt, machten alles sehr aufwendig. "Eine Einzelpraxis ist da nicht mehr attraktiv." Immer weniger Praxen im KreisZumindest unterversorgt ist der Kreis Höxter nicht, was die Zahnarztdichte angeht. Das teilt auf Nachfrage der Neuen Westfälischen Christine Dedeck, Sprecherin der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe mit: "Der Versorgungsgrad ist mit 104 Prozent überdurchschnittlich gut." Allerdings zeichne sich im gesamten Zuständigkeitsbereich eine "abnehmende Anzahl von Praxen ab". Die werde aktuell dadurch kompensiert, das "mehr Behandler und Personal in den verbliebenen Praxen" arbeite. Heißt: Eine Ein-Arzt-Praxis wird in einen größeren Praxisbetrieb mit mehreren behandelnden Ärzten umgestellt. Die können entweder als Angestellte arbeiten oder eben auch als Teilhaber dabei sein. Es steht also gerade so etwas wie eine Transformation der zahnärztlichen Versorgung an, gerade auf dem Land. Denn viele Praxisinhaber sind "über 55 Jahre alt und es ist somit absehbar, dass langfristig der Ruhestand ansteht". Um den Übergang zu entzerren und Praxisschließungen zu verhindern, so Dedeck, habe die Kassenzahnärztliche Vereinigung ein "Maßnahmenpaket speziell für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte entwickelt". "Arbeitsangebote für junge Akademiker sind sehr rar"Bei Menge haben diese Programme allerdings - noch - nicht gezündet. Er stellt heraus, dass auch die Kosten für medizinische Geräte steigen, nicht nur in der Anschaffung, viele müssten auch regelmäßig kalibriert werden, vielfach ließe sich all das nur noch mit zwei oder drei Teilhabern finanzieren. Deshalb betont er auch ausdrücklich, dass sich seine Praxis künftig auch als Doppelpraxis führen ließe, gefruchtet hat der Hinweis bei potenziellen Nachfolgern allerdings auch nicht.Er hat die Erfahrung gemacht: Junge Kollegen, die sich vorstellen können, in die Praxis einzusteigen, gibt es zwar - oft entschieden die sich aber deshalb dagegen, weil die Partnerin keinen Job findet. "Arbeitsangebote für junge Akademiker sind eben sehr rar."Genau in die Lücke stößt die Kassenzahnärztliche Vereinigung aktuell vor, so Dedeck. In einem neuen sogenannten Famulaturprogramm rege die Vereinigung gezielt an, das Praktikum in ländlichen Regionen zu absolvieren und so die Arbeit dort kennenzulernen. "Viele der Absolventinnen und Absolventen können sich anschließend eine Zukunft auf dem Land vorstellen", sagt sie. Der Trend zu mehr Konzentration in weniger Praxen ist auch im Kreis Höxter ablesbar. Beispiel Stadt Höxter: Zehn Praxen hat die Vereinigung der Zahnärzte in der Kreisstadt registriert, aber 24 zugelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte. Ein Hoffnungsschimmer bleibtDennoch: Menge glaubt, viele, die die Anzeige zur Übernahme seiner Praxis gelesen haben, schlössen von vorn herein aus, nach Beverungen zu ziehen: "Da fahre ich erst gar nicht hin." Trotz des "sehr kompetenten Teams", trotz des hochmodernen 3-D-Röntgen-Geräts, das manch eine Großtstadtpraxis nicht zu bieten habe. "Ich hoffe einfach, dass sich doch noch jemand meldet, der den ländlichen Raum schätzt", sagt der Zahnmediziner.Dedeck sagt, man hoffe, dass man durch die getroffenen Maßnahmen verhindern könne, dass es auf dem Land zu einer Versorgungslücke kommen wird. Sagt aber auch, dass man damit rechne, dass künftig weniger Bedarf da sei, denn "durch die sich ständig verbessernde Mundgesundheit" und "durch die positive Wirkung der zahnärztlichen Präventionsmaßnahmen " nehme der Behandlungsbedarf im zahnmedizinischen Bereich von Jahr zu Jahr ab. "Diese Tatsache ist bei einer langfristigen Betrachtung der Versorgungszahlen ausreichend zu berücksichtigen."Medizinische Unterversorgung muss verhindert werden Ein Blick auf die normale Hausarzt-Versorgung zeigt, dass Kommunen im Kreis Höxter da durchaus schon einen Aderlass erlebt haben. Etwa im Mittelbereich Höxter, zu dem neben der Kreisstadt auch Marienmünster gehört. Die Kassenärztliche Vereinigung gibt den Versorgungsgrad dort mit 95 Prozent an. Heißt: Es gibt 1,50 weitere Niederlassungsmöglichkeiten bis der Planungsbereich wegen Überversorgung (100 Prozent) gesperrt würde. Also 1,5 weitere Stellen wären frei. "Ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent bei hausärztlicher Versorgung und 50 Prozent bei fachärztlicher Versorgung gilt eine Region als unterversorgt", erläutert Daniel Müller, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Lesen Sie auch: In diesen Orten in OWL droht bald ein Ärztemangel Grundsätzlich sehe sich die Hausärzteschaft mit einer "schwierigen Nachwuchssituation konfrontiert, weil sich immer noch zu wenig junge Medizinerinnen und Mediziner für die Allgemeinmedizin und für eine Tätigkeit in der eigenen Praxis interessieren", räumt er ein. Es sei deshalb wichtig, mit "vielen verschiedenen Maßnahmen einer möglichen hausärztlichen Unterversorgung entgegenzuwirken". Die KVWL engagiere sich im Sinne ihres Sicherstellungsauftrages hier vielseitig. Menge meint, dass der Politik und den Planern einfach das Bewusstsein für die Lage auf dem Land fehle - und auch der Bezug zur Praxis: "Die Telematik-Infrastruktur ist Pflicht für Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, wurde mit großem finanziellen Aufwand eingeführt - und funktioniert nicht."

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