Extremwetter Starkregen-Risiko: Neue Analyse zeigt, wo das Wasser in Löhne besonders hoch steht

Löhne. Was passiert, wenn es in Löhne zu einem extremen Starkregenereignis kommt? Welche Gebiete sind besonders betroffen? Und was kann getan werden, um Gefahren zu verringern? Mit diesen Fragen hat sich in den vergangenen zwei Jahren die Firma Bockermann Fritze Ingenieur Consult beschäftigt. Die Stadt Löhne hat sie damit beauftragt, ein Handlungskonzept dafür zu erstellen, wie die Kommune mit dem Thema umgehen kann. Dessen finale Version hat vor kurzem Michael Kamphans von Bockermann Fritze im Planungs- und Umweltausschuss vorgestellt. Dabei sind auch neue detaillierte Karten entstanden sowie eine ziemlich lange To-Do-Liste für die Stadt. Und eine Einschätzung über wichtige oder öffentliche Gebäude. Um die Gefahren bei Starkregen genau zu analysieren, haben die Ingenieure mit einem Modell gearbeitet, berichtete Michael Kamphans im Ausschuss. "Wir haben einen digitalen Zwilling von Löhne gebaut. Und den haben wir dann eine Stunde beregnen lassen." Zwei mögliche Varianten hat das Team dabei simuliert: Ein sogenanntes hundertjähriges Ereignis mit 45 Millimeter Niederschlag, ein extremes Ereignis doppelt so viel. Das Ergebnis sind detaillierte Starkregengefahrenkarten. Zwar hatte das Land NRW schon im Sommer Gefahrenkarten veröffentlicht, das mache die lange vorher angestrengte kommunale Analyse jedoch nicht überflüssig, betont Linda Kodytek von der Stadt Löhne im Gespräch mit der "Neuen Westfälischen". Die neuen Karten seien etwas detaillierter. "Und sie zeigen neben den Fließgeschwindigkeiten auch die Fließrichtungen an", erklärt sie. Das kann gerade für Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung sein. Die Bahn ist wie ein Staudamm in der Landschaft So lässt sich deutlich erkennen, wie bei einem Starkregen das Wasser in bestimmte Senken läuft. Wo es sich staut, hängt aber nicht nur mit dem natürlichen Gelände zusammen, sondern auch Gebäude und andere Bauwerke haben einen großen Einfluss - genauso wie natürlich auch Regenrückhaltebecken oder andere bereits vorhandene Maßnahmen. Anschaulich wird das etwa in Gohfeld. Dort, wo die Bäche Mittelbach, Osterbach und Sudbach auf den Bahndamm der Südbahn treffen, bilden sich im Falle eines Extremereignises zum Teil große Seen. "Die Bahndämme sind dann wie Staudämme", erklärt Ralf Isemann von der Stadt. Besonders hoch könnte das Wasser rund um Kemenas Mühle stehen. Dort trifft nicht nur der Mittelbach auf die Südbahn, hier befindet sich auch eine Senke. Ebenfalls zu beachten sei, dass ein Starkregenereignis sich ganz anders verhalte als etwa ein Hochwasser der Werre, erklärt Ralf Isemann. "Bei Werre-Hochwassern handelt es sich um überregionale Ereignisse. Und da ist seit langer Zeit ein Überschwemmungsgebiet festgelegt. Ein Starkregen ist jedoch sehr lokal. Wenn es in Löhne-Ort regnet, kann es in Obernbeck trocken bleiben", sagt der Gewässer-Experte der Stadt. Entsprechend würde bei einem extremen Starkregen das Wasser von dem Punkt aus seinen Weg nehmen, an dem es runterkommt. "Dagegen kann man keine Deiche bauen", so Isemann und Kodytek ergänzt: "Wir können nur dafür sorgen, dass der Regen dahin abfließt, wo er weniger Schaden anrichtet." Starkregen sei viel unberechenbarer, weshalb es gut sei, dass die Stadt sich nun in die Prävention vertiefen könnte. Privateigentümer könnten sich ebenfalls selbst vorsorgen mit Hochwasserschutz am eigenen Gebäude. "Damit muss man aber auch aufpassen. Jede Veränderung wirkt sich auf die Umgebung aus. Darum müssen diese Karten auch regelmäßig aktualisiert werden", sagt Linda Kodytek. 160 wichtige Gebäude unter die Lupe genommen Aber auch im öffentlichen Raum kann so einiges getan werden. Von Entwässerungsmulden und Rinnen im Straßenumfeld bis hin zu Bordsteinen mit Schlitz - das Handlungskonzept zählt einige bauliche Maßnahmen auf, die den Fluss des Wassers steuern können. Außerdem können die Karten und Einschätzungen im Handlungskonzept bei der Aufstellung neuer Bebauungspläne in Zukunft eine größere Rolle spielen. "Für uns geht die Arbeit da jetzt erst richtig los", sagt Ralf Isemann. Und die öffentlichen sowie besonders sensiblen Gebäude hat die Verwaltung durch das Ingenieurbüro noch einmal genau einschätzen lassen. 160 Einrichtungen, darunter Schulen, Kitas, Seniorenheime, Feuerwehrhäuser und städtische Unterkünfte, sind unter die Lupe genommen worden. Das Ergebnis hat Kamphans den Ausschussmitgliedern ebenfalls mitgeteilt. Bei 72 der untersuchten Gebäude droht laut dieser Einschätzung keine Gefahr, 56 fallen unter die Kategorie "geringe Gefahr", 26 unter "mittlere Gefahr" und sechs werden als hoch gefährdet eingestuft. Kriterien für diese Bewertung waren die jeweilige Wassertiefe und die Ausdehnung bei einem Starkregenereignis. Dennoch müssten die Objekte jeweils immer individuell betrachtet werden, erklärt Kamphans. "Bei einem Seniorenheim gibt es ganz andere Risiken als bei einer Feuerwache." Die Objekte, die eine mittlere oder hohe Gefahrenbewertung bekommen haben, sind darum auch noch besichtigt und mit Steckbriefen ausgestattet worden. Im Gegensatz zu den Starkregengefahrenkarten sollen diese Daten jedoch nicht veröffentlicht werden, sagt Kodytek. Die Informationen seien zum Teil zu sensibel. Veröffentlicht sind aber auch die neuen Karten aktuell noch nicht. Die würden jetzt erst einmal digital aufbereitet, bevor sie auf dem Geoportal des Kreises Herford ihren Platz finden, erklärt Kodytek. Damit sei aber erst im ersten Quartal des nächsten Jahres zu rechnen. Wer trotzdem schon einmal nachschauen will, wie es im eigenen Umfeld aussehen könnte, wenn es zu einem extremen Starkregen kommt, könne sich auch gut einen Überblick über die Karten des Landes verschaffen. Diese finden sich unter geoportal.de.

Mehr zum Thema